Kiss the Rain...

Kapitel 3

"Was? Dir ist doch bewusst das wir nach Alaska gehen, oder?", ich werde ignoriert, da meine Mutter im selben Moment eine Art hysterischen Anfall erleidet. Sie beginnt zu schreien "DIE BESTE IDEE DIE WIR JE HATTEN? WIR? DU WIRST DIE SCHULE FERTIG MACHEN! WAS DENKST DU, WAS DU SONST MACHST? DU WIRST BESTIMMT NICHT DEIN LEBEN LANG HIER WOHNEN UND-" Mein Vater legt ihr die Hände auf die Schultern und dreht sie zu sich. Er blickt ihr fest in die Augen.

" Nici, lass uns das später klären, ok? Das ist etwas viel für einen Tag... Ähm, Willi kommst du mit mir mit in die Küche? Lass uns Abendessen machen, okay?" Mein Bruder nickte und mein Vater blickte mich hoffnungsvoll an "Hilfst du deiner Mutter beim...ähm..." "Klar beim Fensterputzen, mach ich, Vater..." Eigentlich will er nur, dass ich mich um sie kümmere, doch wenn wir es vor ihr aussprechen, stellt sie auf stur und frisst alles in sich rein. Die Situation hatten wir schon mal, damals, als... Aber das ist nicht so wichtig. Nicht mehr...

Meine Mutter stand steif da. Nein, nicht einfach nur steif, sonder wie eingefroren. Irgendwie passend, wenn man bendenkt, dass wir praktisch zu den Inuits ziehen...

" Mum, komm, wir setzen uns hin... Ich habe mir gedacht, wir könnten eine Pro und Kontra Liste machen..." Das ist das einzige, was meine Mutter beruhigt. Pro und Kontra Listen. Wenn mir auf die Schnelle eine Rechnung eingefallen wäre, die mit Alaska oder mit Schulabbrechern zu tun hat, eingefallen wäre, hätte ich sie Rechnen lassen. Meine Mutter ist kein besonders emotionaler Mensch, sie vertraut lieber auf Fakten und Zahlen. Ich kann sie da verstehen. Zahlen können dir nicht weh tun...

Sie nickte langsam. Ich lächelte sie zögernd an. Jede andere Person hätte ich jetzt an der Hand genommen, um sie zu beruhigen. Aber nicht meine Mutter. Was zwischen menschliche Berührungen angeht lässt sie sich nur von meinem Vater berühren, das war schon immer so...

"Ok Pro, ist auf jeden Fall, dass wir mehr von der Welt sehen..." Ich ziehe Papier und Stift aus der Schublade unter meinem Tisch hervor. Ich gebe mir wirklich alle Mühe möglichst viele positive Dinge über Kanada... , achja stimmt, es war ja Alaska, zu sagen. Jedenfalls nach zweieinhalb Stunden hat meine Mutter sich wieder beruhigt und ich kann mich endlich in mein Zimmer zurück ziehen.

Mittlerweile bin ich mir auch sicher, dass mein Vater noch nie zuvor Abendessen gemacht hat, und es auch heute nicht vorhat . Offensichtlich hat er ganz und gar darauf vergessen, doch das soll mir nur Recht sein. Ich möchte lieber allein sein, vorerst...

Ich setze mich an den Fenstersims und beobachte den Regen wie er gegen die Scheibe prasselt. Und zu ersten Mal wird mir wirklich bewusst, wie sehr mein Herz an meinem zu Hause hängt. Wie sehr ich an meiner besten Freundin hänge, wie sehr ich an diesem immerwährenden Regen hänge und wie sehr ich sogar an den komischen Wesen namens Jungs an meiner Schule hänge, obwohl ich noch nie richtig mit einem von ihnen gesprochen habe.

Langsam löse ich mich vom Anblick der Wassertropfen und wende mich meinem Zimmer zu. Mein Blick bleibt an meinem Handy hängen, dass immer nach auf dem Boden liegt, an der selben Stelle an der es zuvor auf den Boden gekracht war. Ich erhebe mich und gehe darauf zu. Als ich es in die Hand nehme, schneide ich mich und lasse es erneut fallen.

Quer über meine Handinnenfläche ging ein Schnitt der mindestens eine halben Zentimeter tief war, und darauß floss warmes, klebriges Blut...

Vorsichtig nahm ich eine Mappe von meinem Schreibtisch und schiebe mein Handy zuerst darauf und schmeiße es dann in den Müll. Eine Zeit lang schaue ich noch die Wunde an, bis sie aufgehört hat zu bluten. Als ich wieder aufsehe, erkenne ich dass es bereits dämmert und ein Blick auf die Uhr verrät mir, dass es bereits sechs Uhr morgens ist.

Es ist Samstag, also muss ich nicht in die Schule. Trotzdem ziehe ich die Gummistiefel und den Regenmantel an und mache mich auf den Weg zum Zug...