Kapitel 25

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Langsam kam ich wieder zu mir. Ein regelmäßiges, nervtötendes Piepen erfüllte den Raum. Die Wände waren weiß gestrichen, auch wenn das ziemlich schwer zu erkennen war, weil es so dunkel war. Ich kniff meine Augen zusammen und ließ meinen Blick durch den mir fremden Raum gleiten. Was machte ich hier? Das letzte woran ich mich erinnern konnte war ,dass ich im Regen spazieren war, wie immer nach Hause kam und einen ganz normalen Tag hatte. Ganz normal bis auf die Tatsache dass meine Eltern sich über irgendetwas gestritten hatten. Aber über was?

An der gegenüberliegenden Seite des Raums sah ich meine Mutter sitzen, mit dem Rücken zur Wand. Ihr Kopf war seitlich auf ihre Schulter gefallen und ihre Augen waren geschlossen. Sie schlief, allerdings wirkte sie nicht friedlich. Sie wirkte sorgenvoll, alt und krank. Fast schon gebrechlich. In dieser Haltung, mit diesem Gesichtsausdruck wirkte sie plötzlich nicht mehr so gefasst wie sonst. Sie wirkte nicht mehr einfach nur perfekt. Sie wirkte zum ersten Mal in meinem Leben menschlich. Der Stuhl auf dem sie saß stand so weit von meinem Bett entfernt wie nur möglich und ich musste lächeln. Das war meine Mum. Es war ein trauriges Lächeln das sich auf mein Gesicht stahl. Immer darum bemüht die Distanz zu waren. Ich kannte sie nicht anders und es war gut zu sehen, dass sich nicht alles verändert hatte. Was auch immer geschehen sein mochte.

Ich sah an mir herunter und erblickte zwei Männer, die meine Hände umfassten und mit dem Kopf auf der Matraze lagen. Das Gesicht zu mir gewandt. Ich musste ein paar mal blinzeln bis ich in der Dunkelheit ihre Gesichter erkannte, doch dann war mir völlig klar, das dass mein Vater und Will waren die meine Hände im Schlaf so verzweifelt umklammerten, als wären sie noch wach. Die beiden sahen besonders mitgenommen aus. Doch mir schien als läge Will noch etwas anderes auf dem Herzen als nur, dass ich mich hier offensichtlich in einem Krankenhaus befand.In seinem Gesicht lag so viel Schmerz, dass ich mich nicht weiter zurück halten konnte. Ich zog meine Hand aus seinem Griff und rüttelte ihn wach. "Will...Hei Will!!!", flüsterte ich ihm leise zu und er reagierte sofort "KATIE?!" "Psssst! Du weckst Mum und Dad noch auf!" Er sah mich kurz erschrocken an, doch dann stand er auf und setzte sichmir gegenüber auf das Bett. Er packte mich mit beiden Armen an den Schultern und umarmte mich. Währenddessen flüsterte er immer wieder "Es tut mir so leid, Katie. Es tut mir so leid."  Ich erwiederte seine Umarmung, doch dann drückte ich ihn von mir "Will, was tut dir leid?"

"Du weißt was ich meine Katie! Tu doch nicht so!", er lachte, als hätte ich einen guten Witz gemacht. Ich sah ihn nur verständnislos an "Was weiß ich? Und was ist überhaupt passiert?" Augenblicklich hörte William auf zu lachen und starrte mich an "Du weißt es wirklich nicht?" Ich nickte nur zur Bestätigung, womit ich allerdings sofort wieder aufhörte, weil ich davon ziemlich stechende Schmerzen im Hinterkopf bekam.

"Katie, was ist das letzte woran du dich erinnern kannst?" Ich erzählte ihm von dem Dienstag, der eigentlich wie jeder andere war. Ich erzählte ihm auch, dass mich Annie angerufen hatte und gemeint hatte sie wäre jetzt mit ihm zusammen. An dieser Stelle verzog Will kurz qualvoll das Gesicht. "Was ist?" "Naja also erstens", er lächelte mich schief an "war das vor drei Wochen- nein fast vier. Und zweitens", er sah betroffen zu Boden und ich meinte Tränen in seinen Augen schimmern zu sehen "Und zweitens haben Belle und ich Schluss gemacht. Naja weniger sie als ich... Aber hei, immerhin will sie einen Freund der sie umarmt und für sie da ist, der mit Pizza zu ihr kommt und sich dann mit ihr gemeinsam einen Film ansieht und...", er sah mir wieder in die Augen" und dieser Freund kann ich nicht sein wenn wir hier in Amerika fest sitzen. Ich möchte nicht dass sie bei mir fest sitzt und... Achja du weißt dass wahrscheinlich gar nicht, wir sind jetzt in LA und gehen hier seit drei Wochen zur Schule." Ich musste schlucken. Ich hatte drei Wochen meines Lebens vergessen, doch was noch viel wichtiger war, war dass mein Bruder mit Annie Schluss gemacht hatte. Ich ballte meine Hand zu einer Faust zusammen und schlug ihm damit fest gegen die Brust. Völlig überrumpelt von meinem Angriff taumelte Will und fiel beinahe vom Bett "Wofür war das denn?!", das war nicht nur so eine Phrase-er wusste es offensichtlich wirklich nicht! Ich zischte ihn an "Du Idiot! Du Vollpfosten! Du hirnloser, idiotischer Vollpfosten! Wie kannst du denn denken, dass Annie etwas anderes als dich will! Sie schwärmt schon für dich seit sie das erste Mal bei uns zuhause war und du ihr ein Glas Saft gegeben hast! Das war als wir acht waren!!! Wie kannst du idiotischervollpfostigerhirnloserhohler Trottel glauben, dass sie etwas anderes will als dich! Mann!!!" Ich schlug ihm noch ein paar Mal mit den flachen Händen gegen die Brust um an ihm meinen Ärger auszulassen. Mein Bruder saß nur steif da und starrte mich an.

Als ich mich wieder beruhigt hatte flüsterte er " Meinst du das etwa ernst?" Ich seufzte "Ja, Will. Ja. Jajajajajajajajajajajaja. Ja " Dann überdrehte ich die Augen weil er sich immernoch nicht bewegte, beugte mich über den Rand meines Bettes , wobei mein Kopf protestierend zu pochen begann und hob sein IPhone vom Boden auf. Ich entsperrte es und tippte Annies Nummer ein, dann drückte ich auf Wählen und hielt es meinem Bruder ans Ohr. Als Annie's gestresste Stimme ertönte "Will?! Ist etwas passiert?! " William stockte kurz der Atem, dann  stöhnte er "Ja. Ich liebe dich und egal was es kostet ich werde uns nicht augeben!" Mir wurde übel und der Rand meines Sichtfeldes verdunkelte sich. Ich schloss die Augen, lehnte mich zurück und atmete ein paar Mal tief ein und aus. Als das pochen in meinem Kopf nach lies, lies auch der Schwindel nach und ich konnte meine Augen wieder öffnen. "Oh mein Gott, Cat! Wir haben uns solche Sorgen um dich gemacht!!! Nici wach auf, Katie ist aufgewacht!!!"

Kiss the Rain...Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt