Kapitel 23

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Das Erste, was sie wirklich wahrnahm, war körperliche Erschöpfung. Das Zweite, einen warmen Körper neben sich. Sie spürte wie eine Hand auf ihrer Taille lag, während sie selbst bemerkte, dass ihre Hand auf einer Brust lag. Hermine setzte sich ruckartig auf und zog augenblicklich ihre Hand zurück. Das erste Morgenlicht fiel durch die großen Fenster im Wohnzimmer von Draco. Im Wohnzimmer sah es aus, als hätten Einbrecher es durchsucht. Automatisch zog Hermine die dünne Wolldecke enger um ihren nackten Körper. Sie merkte wie verspannt sie sich anfühlte. Auf dem Boden zu schlafen, trotz Decken und Kissen war keine gute Idee.
Merlin was hatten sie nur getan? Warum hatte sie ihn nicht aufgehalten? Warum hatte sie bei diesem Irrsinn überhaupt mitgemacht? Sie zog ihre Beine enger an sich. Jeder Muskel ihres Körpers schien überanstrengt worden zu sein. Sie vergrub ihr Gesicht kurz in ihren Händen.

Wie Tiere. Sie waren gestern Nacht wie Tiere gewesen. Sie hatte aufgehört zu zählen, wie oft sie miteinander geschlafen hatten. Das erste Mal war schon zu viel gewesen. Es hätte nicht passieren dürfen. Niemals. Sie blickte sich wieder um. Es sah nicht nur chaotisch aus, im Raum roch es nach Alkohol und Sex. Eindeutig nach Sex. Ihr Brustkorb schnürte sich zusammen. Sie hatte das Gefühl einen riesigen Brocken darauf zu spüren. Schuld. Schuld und Sünde. Wie konnte sie so etwas Mike nur antun? Wie konnte sie ihn so hintergehen? Sie hatte ihn doch geliebt. Sie hatte ein Kind von ihm erwartet. Sie wollte mit ihm bis an Ende ihres Lebens die Tage verbringen. Er war tot und sie trieb es mit Draco Malfoy. Sie blickte auf Draco dessen Brust sich ruhig und entspannt hob und senkte. Friedlich sah er aus, während er so schlief.

Sie fuhr sich fahrig durch ihre wilden Haare. Sie konnte ihm nie wieder in die Augen sehen. Nie wieder. Sie waren doch Freunde. Er verstand sie, weil er das gleiche durchgemacht hatte. Wie sollte sie mit ihm jemals wieder normal reden, nachdem sie... Sie stand vorsichtig auf, stieg leise über Draco, ohne die Decke loszulassen und setzte sich mit angezogenen Beinen auf die Couch. Vielleicht hätte sie doch Harry mitnehmen sollen. Harry hätte auf Draco aufpassen können. Er wäre mit ihm schon fertig geworden. Oder sie hätte Meyer Bescheid sagen können. Sie hätte Draco einweisen lassen können. Er trank einfach zu viel, seitdem Astoria tot war. Sie hätte am liebsten lustlos aufgelacht. Er konsumierte viel zu oft, wenn er im Stress war oder ihm etwas nicht in den Kram passte. Der Begriff Suchtverhalten stieg ihr dabei sofort in den Kopf.

Hermine wurde aus ihren Überlegungen gerissen, als sich Draco rührte. Sie hielt die Luft an, während er leise stöhnte und vorsichtig blinzelte. Vermutlich hatte er seinen Kater noch nicht auskuriert. Doch sie hatte kein Mitleid mit ihm. Sie sagte nichts, als er sich langsam aufsetzte und den Raum musterte. Er wusste es, dass sah sie in seinem Blick, während er sich durch seine Haare fuhr und gleichzeitig umsah. „Granger..." warf er mit rauer Stimme ein. „...du hättest mich aufhalten müssen." Aufhalten? „Ach ja?" „Das hätte nicht passieren dürfen." Sie schnaubte: „Reichlich spät für dein hätte." „Wieso hast du mich nicht aufgehalten", fragte er und sie merkte wie die Wut in seiner Stimme langsam empor kroch, was sie ebenfalls zornig werden ließ. „Entschuldige mal, du hast mir die Klamotten vom Leib gerissen." „Oh bitte, ja. Zum Sex gehören immer zwei. Tu nicht so als hätte ich dich vergewaltigt." Das behauptete sie auch gar nicht. „Scheiße", murmelte er leise und wiederholte erneut. „Es hätte einfach nicht passieren dürfen."

Sie wusste nicht wieso, aber es tat irgendwie weh. Sie stand vorsichtig auf. „Ich geh ins Bad." „Granger", seufzte er und die Schritte die darauf folgten verrieten ihr, dass er ihr nachlief. „Granger, jetzt warte doch mal", sagte er, bevor er sie im Flur schließlich einholte. Seine Hand schlang sich um ihren Arm und sie entriss sich ihm sofort. „Lass mich." „Hör mal... ich hab das nicht so gemeint. Ich meine nur..." „Doch hast du. Du hast es genauso gemeint." Hermine fixierte den Boden, um den Tränen die sich ihren Weg nach oben bahnten keine Chance zu geben. Sie wusste nicht einmal wieso ihr zum Heulen zumute war. Es war einfach so. „Ich will jetzt duschen", fügte sie leise hinzu und wickelte die Decke fester um sich. Er schien erst jetzt zu begreifen, dass sie nichts hatte, außer diese Decke und trat mit ernster Miene stumm nickend von ihr weg. Hermine war froh als sie die Tür hinter sich zusperrte. Sie lehnte ihren Kopf gegen die Badezimmertür und spürte ein seltsames Gefühl von Einsamkeit in ihrer Brust. Sie fühlte sich seltsam, als endlich das warme Wasser über ihren Körper floss.

Er hatte Recht, es hätte nicht passieren dürfen. Aber hatte sie damit angefangen? Nein. Sie hatte zu Beginn gesagt, er soll aufhören. Sie hätte hartnäckiger bleiben sollen. Aber es war ein warmes Gefühl gewesen, als er sie geküsst hatte. Ein schönes Gefühl. Etwas was sie schon lange nicht mehr gespürt hatte. Als sie das Wasser abstellte und sich in ein weiches Handtuch hüllte war sie verwundert, als vor dem Bad, auf einem Stuhl, ihre Klamotten lagen. Wollte er sie jetzt gleich loswerden? Sie zog sich an und war verwundert, dass das Wohnzimmer bereits wieder ordentlich war. Selbst die Scherben der kaputten Flasche waren weg. Magie war schon nützlich. Sie suchte ihre Handtasche und ihren Zauberstab. Es dauerte nur Sekunden die Tür wieder auftauchen zu lassen, und sie wollte sie gerade öffnen als Draco fragte: „Was wird das?"

Hermine blickte auf und sah das Draco die Treppe runterkam, während er sich ein graues T-Shirt überzog. „Wo willst du hin?", fragte er und kam auf sie zu. „Ich sollte gehen", erwiderte Hermine emotionslos und so ruhig wie möglich. Er schüttelte kaum sichtbar den Kopf. „Du kannst nicht einfach gehen. Wir müssen reden." Sie lächelte traurig. „Wozu? Du hast es doch selbst gesagt, das hätte nicht passieren dürfen." Als sie die Tür öffnete folgte ihr Draco hastig. „Und was heißt das jetzt?" Sie wandte sich erneut zu ihm um und er fügte ein „Heißt das, dass war's jetzt?" hinzu. „Ich denke einfach, dass wir ein wenig Abstand brauchen, Draco. Wir sollten uns eine Weile nicht sehen. Wir müssen abschließen", sagte sie bedrückt und Draco fuhr sich fahrig durch seine Haare. „Aber... Hermine wir bleiben Freunde, oder? Wir bleiben doch Freunde. Ich brauch dich. Ich... du bist die einzige die mich versteht. Du kannst mich nicht alleine lassen."
Sie bezweifelte mittlerweile ob sie ihn wirklich verstand. Sie wollte endlich Ruhe und Frieden und er jagte einem Hirngespinst nach.

Sie strich sich über ihre Stirn und seufzte leicht. „Ich brauche einfach etwas Zeit Draco und ich glaube die brauchst du auch. Wir sitzen ständig zusammen... es musste vielleicht so kommen." Draco wirkte unruhig. „Aber..." Sie unterbrach ihn. „Nur ein wenig Abstand." „Du wirst mich nicht hassen, oder?" „Draco, ich hasse dich nicht. Aber wir können nicht so weitermachen. DU kannst nicht so weitermachen. Ich mach mir Sorgen um dich. Du trinkst zu viel." Er schnaubte. „Draco, du weißt das ich Recht habe. Ich kann mich nicht immer um dich kümmern. Ich... wir haben schlimmes durchgemacht. Aber irgendwann ist der Zeitpunkt erreicht ab dem wir weitergehen müssen. Wo wir weitersehen und anderes hinter uns lassen müssen. Es braucht Zeit und Ruhe, damit Wunden verheilen." Er sagte nichts und Hermine umklammerte ihre Tasche fester. „Du solltest zu Meyer gehen. Sie kann dir helfen, Draco. Bitte." Er presste seine Lippen zusammen und nickte steif. Sie wollte schon gehen, als sie es sich noch einmal anders überlegte und ihn kurz umarmte. „Bis bald Draco, pass auf dich auf."


Forced PainWo Geschichten leben. Entdecke jetzt