Kapitel 31 - Tag 910

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Er sah ruhig zu, wie seine Frau die Blumen in der Vase verteilte. Rote Rosen und Sonnenblumen, das waren Astorias Lieblingsblumen gewesen. Sie hatten die gleichen Blumen gerade auf dem anderen Grab abgelegt, dass nur ein paar Meter weiter stand. Er lächelte milde, als das kleine blonde lockenköpfige Mädchen neben Hermine trat und auf die Blumen zeigte, während sie die Blumen benannte. Hope hatte eindeutig den Verstand von Hermine geerbt. Aber vom Wesen her kam sie offenbar ganz nach ihm. Sie war zwar wissbegierig und wirklich sehr schlau für ihr Alter. Aber sie war auch wild und dickköpfig. Sie war manchmal so stur, so dass sie in den ersten Trotzphasen Hermine und ihn, manchmal an den Rand der Verzweiflung trieb. Manchmal dachte er darüber noch nach, ob sein Sohn auch so gewesen wäre. Ob er das gleiche Lachen besäßen hätte, wie seine kleine Hope. Ob er auch, die Unterlippe nach vorne geschoben hätte, wenn er trotzig geworden wäre. Er würde es nie erfahren und trotzdem waren die Gedanken immer wieder einmal da. Es war normal, sagte zumindest Meyer, die er ab und an noch aufsuchte. Freiwillig. Normal, dachte er und rollte stumm die Augen. Sie waren also jetzt bei Normal angekommen und irgendwie störte es Draco überhaupt nicht. Er hatte genügend Unnormales in seinem Leben durchgemacht. Ein wenig Normalität war zu Abwechslung recht schön.

Er blickte wieder auf das Grab und spürte den Schmerz von Verlust und Trauer in sich aufkeimen. Sein Leben hätte anders verlaufen können. Das von Hermine hätte anders verlaufen können. Doch es war ihnen nicht vergönnt gewesen. „Wir haben jetzt uns, Astoria", dachte er im Stillen. Manchmal glaubte er, sie hatte die beiden zusammengeführt. Ein Auge auf beide gehabt, damit sich die einsamen Seelen wieder fanden und nicht alleine auf dieser Welt wandeln mussten. Er fuhr aus den Gedanken hoch und blickte nach unten, als Hope sich zu ihm hochstreckte. Er hob sie auf seinen Arm und sie schlang sofort ihre Arme um seinen Hals, während sie ihren Kopf ablegte. Vermutlich war sie müde. Sie hatte sich heute geweigert den Mittagsschlaf abzuhalten. Sie wollte lieber mit Opa Lufi spielen. Draco musste bei der Betitlung seines Vaters ein Lachen unterdrücken. Er drückte seine Tochter etwas fester an sich und Hermine trat an ihn ran und hackte sich ein. Sie machten das jede zweite Woche. Alle vierzehn Tagen kamen sie hier auf den Friedhof und besuchten sowohl das Grab von Astoria, als auch von Mike Conwell. Meistens Sonntag nach dem Mittagessen und nachdem Hope geschlafen hatte. Normalerweise.

„Wir sollten gehen." warf Draco ein und Hermine sah zu ihm auf. „Wenn du das schon möchtest?" Ja, wollte er. „Hope scheint einzuschlafen. Ich denke das wird heute nichts mit Kuchen." lockte er seine Tochter und sie sah ihn kurz böse an. Ihre braunen Augen, die sie von ihrer Mutter hatte, funkelten ihn kurz an. „Doch." „Doch?" wiederholte er. „Also sollen wir noch zu Onkel Ron und Tante Lavender?" „Ja." bestand Hopf darauf und sah flehend Hermine an. „Mummy." Hermine seufzte. „Schon gut. Wir gehen ja." Hope sah ihn fast triumphal an, bevor sie sich wieder an Draco ran kuschelte. Er wusste es besser. Sie würde vermutlich schon tief und fest schlafen, bevor sie bei Ron und Lavender ankamen. Verzog er seine Tochter? Ließ er ihr zu viel durchgehen? Nun ja, sie war ja noch nicht einmal drei Jahre alt. Sein Gewissen rügte ihn. Er verzog sie tatsächlich und vermutlich würde er das irgendwann bitterlich bereuen. Aber da war ja immer noch Hermine, die ihm jetzt schon in die Schranken wies. Aber immerhin war Hope einfach sein kleiner Sonnenschein. Warum also nicht ab und an verwöhnen?

Hermine zog ihm Hope aus den Armen und stellte sie auf ihre zwei Beine. „Komm du willst doch zu Onkel Ron." Draco grinste. Hermine würde Hope jetzt nicht mehr schlafen lassen. Ansonsten würden sie beide kein Auge mehr in der Nacht zu machen können. Hope quengelte kurz, bevor sie doch auf den gepflasterten Weg trat und begann vorzulaufen. Hermine atmete schwer aus und Draco legte sanft einen Arm um sie. „Na komm. Zwei Stunden Lavender wirst du doch aushalten, oder?" Sie schnaubte. „Ich würde das besser bewältigen, wenn sie mir nicht ständig Erziehungstipps geben würde. Himmel, ihr Hugo ist gerade mal vier Monate alt." Er lachte leise und küsste sie sanft auf die Schläfe, bevor sie ihrer Tochter folgten. Manchmal gab es immer noch schlechte Tage. Tage die nicht ganz Normal abliefen. Wenn Draco die Narben vom Angriff von Cormac schmerzten. Cormac der all seine Taten bestätigt hatte bei der Verhandlung und der sich einen Tag vor dem Urteilsspruch selbst umgebracht hatte. Erhängt in der Zelle mit seinen Hosen. Vielleicht war es besser so gewesen. Draco hätte nicht gewusst, ob es ein gerechtes Urteil gegeben hätte, dass Cormac für alles bezahlen hätte lassen, was dieses Monster getan hatte.

Worunter sie immer noch litten. Manchmal wachte Draco immer noch schweißgebadet auf, weil er von alten Erinnerungen träumte. Dann wurde er wieder ruhig, wenn er nach Hope sah, die friedlich in ihrem Kinderzimmer schlief und anschließend sich an Hermine kuschelte. Hermine ging es oft ähnlich. Aber ansonsten schien es ihnen beiden gut zu gehen. Keine Medikamente mehr, um ruhig zu bleiben oder besser einzuschlafen. Keine Panikattacken wegen Geräuschen oder Gerüchen. Es ging ihnen gut. Ihnen allen. Hermine schlang ihren Arm enger um Draco und lehnte sich leicht an ihn, während Hope laut forderte, dass sie schneller machen sollten. Sie hatten sich. Sie hatten sich gegenseitig gerettet. Sich gegenseitig, dieses Leben geschenkt. Gemeinsam ein wunderbares Kind gezeugt und wer wusste schon, wie viele noch kommen würde. „Danke." sagte er und Hermine sah stirnrunzelnd zu ihm auf. „Wofür?" „Das du mich gerettet hast." erwiderte er schlicht und sie blieb stehen und sah ihn verwundert an. „Und dass du mich liebst." Ihr Lächeln war nicht von dieser Welt und sie küsste ihn sanft, was er erwiderte. Alles war gut. Der Schmerz, die Angst und der Hass waren weg. Narben. Narben waren es, die noch vorhanden waren. Aber das machte nichts, solange er das Glück in seinem Leben hatte, dass er brauchte um zu leben.

Forced PainWo Geschichten leben. Entdecke jetzt