Kapitel 20

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Er zuckte heftig zusammen und war für einen kurzen Moment lang verwirrt. Erst als er Hermines schemenhafte Gesichtszüge erkannte löste sich die Spannung aus seiner Muskulatur ein wenig. „Granger, verdammt nochmal." „Verzeih." Draco fuhr sich müde übers Gesicht. „Was ist los?", fragte er schließlich und sah seinem Gegenüber in die Augen. „Harry ist hier." Der Blonde nickte, ohne aber die Bedeutung der Wörter vollkommen aufgenommen zu haben. „Er hat uns was zu sagen. Es scheint wichtig zu sein. Er meinte er hat mit dir abgemacht, dass er sich meldet." Fahrig fuhr sich Hermine durch ihre Locken, als Draco hastig aufstand. „Ja. Melden!" Erst jetzt wurde ihm bewusst, dass sein Vorgesetzter schon wieder etwas verbockt hatte. „Aber nicht hierherkommen. Ist er den verrückt? Will er uns verraten?" Hermine folgte ihm, als er das Schlafzimmer mit schnellen Schritten verließ. „Er will doch nur helfen." „In dem er hierher kommt und uns in Gefahr bringt? Ich wusste, ich hätte ihm nicht sagen sollen, wo wir sind", schimpfte Draco los und blieb abrupt in dem kleinen Wohnzimmer stehen. Mit übereinandergeschlagenen Beinen saß Potter in einem der Sessel und starrte die beiden an. Der Vollidiot schien sich seinem Fehler nicht einmal bewusst zu sein. Draco ballte seine Hände zu Fäusten, um ihm nicht sein dämliches Gesicht zu Brei zu schlagen. „Hast du sie eigentlich noch alle, Potter? Legst du es wirklich darauf an, dass wir doch noch verrecken? Kannst du nicht einmal in deinem Leben dein Hirn einschalten?"

„Setz dich", forderte der Angesprochene den ehemaligen Slytherin auf, als wäre dieser ein verdammter kleiner Junge. „Ich stehe lieber", knurrte Draco. „Draco." Hermines mahnende Stimme duldete keinerlei Widerrede und Draco musste sich zusammenreißen, um nicht auch noch sie anzufahren. Er war müde. Er war erledigt. Das andauernde auf der Lauer sein strengte ihn an. „Setz dich bitte", wiederholte Potter und Draco kam der Aufforderung nur langsam und widerwillig nach. „Warum bist du hier? Mitten in der Nacht? Was auch immer es ist, hätte es verdammt nochmal nicht bis morgen warten können?" Potter schüttelte nur seinen Kopf. „Es gibt was Neues zum Fall." Die Stimmung, die schon seinen Tiefpunkt erreicht hatte als Draco und Harry aufeinander stießen, schien noch einmal ein Stückchen zu fallen. „Und? Habt ihr etwas gefunden?", fragte Draco, die Anspannung von eben wieder voll und ganz da. „Oder gibt es wieder nur Indizien und keine brauchbaren Hinweise?" „Wir haben jemanden gefunden", sagte Potter so ruhig, dass Draco dachte sich verhört zu haben. Er nahm nicht einmal war, dass sich Hermine neben ihn setzte. „Gefunden?", wiederholte diese leise und Potter nickte. „Er...", fing er an und Dracos Herz schlug immer schneller und schneller. Sie hatten jemanden Gefunden. Jemanden... diesen Bastard, der sein Leben zerstört hatte? Wenn ja, dann würde er ins Ministerium gehen und ihn umbringen. Er würde Potter außer Gefecht setzten, um diesen Kerl töten zu können. Langsam. So wie er es verdient hatte. Und niemand würde ihn dabei aufhalten. Nicht einmal Saint Potter. Garantiert nicht Saint Potter!

„Er hat wohl versucht, euch zu folgen, als ihr appariert seid." Draco runzelte die Stirn: „Versucht? Was meinst du damit?" „Er zersplitterte dabei", antwortete Harry den beiden und Dracos emotionslose Miene verunsicherte ihn ein wenig. Er wartete schier auf eine Reaktion, doch Draco rührte sich keinen Millimeter. Dracos kalte Augen bohrten sich in Potters. Erwartete er Mitleid? Für einen Serienmörder? Für den Mörder seiner Frau und seines ungeborenen Sohnes? Hermines Stimme zitterte: „Heißt das, ihr habt ihn? Wird er verhört?" Potter seufzte schwer: „Er ist tot, Hermine." Potter hätte ebenso einen Lähmzauber über die beiden sprechen können. „Er hat sich dabei völlig zerfetzt. Er... er ist schnell verblutet. Es war ein schneller Tod." Draco schüttelte den Kopf. Nein, irgendetwas stimmte bei dieser Sache nicht. Das konnte nicht wahr sein. „Woher willst du wissen, dass er es war? Woher weißt du das mit Sicherheit?" „Malfoy, er war in eurem Versteck und wir haben seine Wohnung bis auf den kleinsten Quadratzentimeter auseinander genommen. Glaub mir, alle Beweise sprechen dafür. Er war es. Er ist der Mörder. Cormac wird in einer Stunde eine Pressekonferenz abhalten. Ich wollte euch nur schon vorher informieren."

Draco presste seine Lippen fest zusammen und sah Hermine nach, als diese mit zittrigen Knien aufstand und zum Fenster ging. Ihre Gestallt wirkte so klein und zerbrechlich. Sie umklammerte sich selbst, und es wirkte so, als würde sie versuchen sich selbst Halt zu geben. „Also ist es vorbei? Es ist wirklich vorbei, ja?", flüsterte sie leise, ein kleiner Hauch von Unglaube in ihrer Stimme mitschwingend. Harry nickte mit einem milden Lächeln: „Ja, Mine. Du kannst endlich nach Hause kommen." Was für ein beschissenes Zuhause? Dachte Potter Granger könnte zurück in ihr altes Haus? In ihr altes Leben? Einfach so? Nur weil der Kerl angeblich tot war. „Wer war es?", fragte Draco mit rauer Stimme und Potter wandte sich zu ihm. „Wie bitte?" „Du sagtest, er ist tot. Wer war es, Potter?" Granger blickte aufmerksam auf und Potter schien sich sichtlich unwohl zu fühlen. „Jemand an den wir nie gedacht hätten. Nie." „Potter..." presste Draco schwer hervor. „Johann. Johann Klee." Hermine keuchte auf: „Nein.... Nein, das ist unmöglich." Das dachte Draco auch. Potter redete beruhigend auf sie ein, doch Draco konnte seine Worte nicht wirklich verstehen. Das Rauschen in seinen Ohren und der Gedankensturm in seinem Kopf überdeckte jegliches Geräusch von außen. Sollte er sich nicht besser fühlen? Besser, weil dieser Kerl hinüber war? Besser, weil dieses Spiel endlich vorüber war? Wieso tat er es dann nicht? Sein Verstand meldete sich zu Wort, wie ein lästiges Insekt. Weil es nicht sein konnte. Nie und nimmer war dieser Johann der Mörder. Draco glaubte nicht daran.

Forced PainWo Geschichten leben. Entdecke jetzt