Hermine rührte sich nicht. Sie wusste nicht einmal wie lange sie hier schon auf dem Boden im Badezimmer saß. Sie merkte nicht einmal die Gänsehaut die sich langsam auf ihrer feuchten Haut gebildete hatte. Sie merkte die körperliche Kälte nicht. Sie saß einfach nur da, in ein großes Badehandtuch gehüllt, auf dem Badezimmerboden von Draco Malfoys Bad. Nicht einmal die angelassene Dusche bemerkte sie. Sie nahm gar nichts von ihrer Umwelt momentan war. Ihr Verstand schien momentan nur eins zu verstehen: Mike war tot. Er war tot und würde nie wieder kommen. Ihr Herz schlug unregelmäßig und sie schien dieselbe Panik zu verspüren die sie in dieser Schicksalhaften Nacht ebenfalls gefühlt hatte.
Ihre Finger verkrampften sich als Bilder an ihrem geistigen Auge vorbeizogen. Mike hatte versucht sie zu schützen. Mike hatte versucht diesen Irren aufzuhalten. Es war alles so verdammt schnell gegangen. Viel zu schnell. Ihre Brust hob und senkte sich unregelmäßig während sie die Augen schloss. Mikes Blick hatte sich in ihrer Erinnerung regelrecht eingebrannt. Sie würde diesen Augenblick vor seinem Tod nie vergessen. Niemals. Es war schrecklich. Grausam und schrecklich. Wieso war ihr das passiert? Wieso musste es ausgerechnet Mike und sie erwischen? Sie hatte nicht vermutet, dass jemand ihr Glück auf so bestialische Weise zerstören würde.
Sie hatte so oft in dieser verhängnisvollen Nacht geschrien. Geschrienen wegen ihren eigenen Schmerzen und geschrien, dass dieser Bastard endlich damit aufhören solle Mike zu quälen. Er hatte nicht aufgehört. Sie merkte die ersten Tränen ihre Wange hinunter kullern und hasste sich in diesem Moment selbst dafür. Sie wollte stark sein. Sie wollte keine Schwäche zeigen. Nicht schon wieder. Sie hasste diesen Kerl dafür, dass sie schon wieder schreckliches durchmachen musste. Hatte sie nicht schon genügend Schmerz erfahren. War die Welt nicht schon finster genug für sie gewesen? Sie hatte gedacht, das alles hinter sich gelassen zu haben. Das für sie nichts mehr Bitteres oder Schlimmes kommen würde. Sie dachte, genug gelitten zu haben. Doch das Leben hatte grausame Ecken und Kanten.
Die heutige Beerdigung war schrecklich gewesen. Hermine wäre am liebsten nicht hingegangen. Es waren so viele Leute dagewesen und Hermine bezweifelte das alle da waren, um Mike Lebewohl zu sagen. Viele waren bestimmt nur gekommen, um zu sehen in welchem Zustand sie sich befand. Die meisten hatte sie nicht einmal gekannt. Sie war froh gewesen, dass Mikes Eltern vorab bestimmt hatten, keine Beileidsbekundungen anzunehmen. So blieb ihr wenigstens das erspart. Sie hätte nicht jedem die Hand schütteln und sich anhören wollen, wie leid es ihn allen tat. Sie hatte gedacht zusammenbrechen zu müssen, als sie mit Mikes Sarg zu seinem Grab gezogen waren. Sie hatte gedacht sterben zu müssen. Nein. Sie wollte sterben.
Als man Mike hinab in die finstere Erde gelassen hatte, hätte sie am liebste bei ihm unten gelegen. In der kalten, nassen Erde. Ohne Schmerzen. Ohne Gedanken. Frei von aller Last. Frei von aller Schuld. Frei vom Alleinsein. Sie hatte Mike verloren. Sie hatte ihr Ungeborenes Baby verloren. Sie hatte ihr Leben verloren. Sie hatte nichts mehr. Gar nichts. Sie hatte kaum mit Mikes Eltern sprechen können, geschweige denn sie ansehen. Doch sie machten ihr keine Vorwürfe. Sie hatten ihr sogar versichert, dass sie froh seien, dass sie noch lebte. Das sie sich melden sollte, wenn sie etwas brauchte. Sie brauchte ihr Leben wieder. Sie brauchte Mike wieder.
Hermine zuckte zusammen und fuhr jäh zurück in die Wirklichkeit, als ihr jemand ein zweites Handtuch über die Schultern legte. „Willst du dir den Tod holen?" hörte sie Draco schimpfen, während er das Wasser der Dusche ausstellte. „Hast du mich überhaupt rufen gehört? Granger?" Er ging vor ihr in die Hocke: „Hermine?" Er musterte sie besorgt, während Hermine das zweite Handtuch enger um sich schlang, als sie die Kälte wahrnahm. „Du kannst hier nicht sitzenbleiben. Du erfrierst sonst," erklärte Draco ruhig. Hermine umklammerte sich selbst fester, bevor sie leise sagte: „Ich will das er stirbt."
Sie hob ihren Kopf leicht und Dracos Augen schienen sich zu verdunkeln. „Draco ich will das er tot ist. Ich will das sein Herz kalt ist und sein Körper blutleer," presste sie zitternd hervor und nach einer Weile nickte Draco: „In Ordnung. Ich verspreche dir Hermine, dass wir ihn kriegen. Wir werden ihn finden und er wird dafür büßen, was er uns angetan hat. Er wird doppelt so viel leiden wie wir. Er wird viel mehr Schmerz erfahren, als er uns spüren lassen hat. Er wird dafür sterben." Sie nickte leicht und Dracos Blick wurde fest: „Aber du musst jetzt aufstehen und dich anziehen. Sonst holst du dir wirklich noch den Tod und du wirst nie deine Rache bekommen. In Ordnung?"
Er verließ das Bad als Hermine langsam aufstand. Sie griff zögerlich nach ihren frischen Sachen und zog sich über ihre Schlafanzughose und ihr T-Shirt noch eine dicke schwarz gestrickte Weste über. Sie ging langsam wieder hinunter in den anderen Stock und setzte sich zögerlich an den großen Esstisch, als Draco Soße über zwei Teller Nudel goss. „Ich wusste nicht, dass du kochen kannst." „Astoria hat immer gesagt, dass es zum Überleben reicht. Ich bin nicht sonderlich gut darin, aber es ist genießbar." „Ich hab eigentlich keinen Hunger," murmelte Hermine mehr zu sich selbst und sah auf den Teller mit den Nudeln.
„Du musst was essen. Weißt du noch, wie du damals mich zum Essen gezwungen hast?" erwiderte er und setzte sich ihr gegenüber. „Hermine du musst was essen. Du musst gesund werden und zu Kräften kommen. Essen gehört da eben dazu." Hermine griff langsam nach der Gabel: „Es kommt mir so sinnlos vor." „Das wird öfters vorkommen, als du glaubst." Das Essen fiel ihr schwer. Aber als sie die ersten Bissen runtergeschluckt hatte, fühlte sie erst wie hungrig sie wirklich war. Es war mehr als nur genießbar. Es schmeckte gut und es war wohl die erste warme Mahlzeit, die sie seit Tagen zu sich nahm.
„Wie hast du das verkraftet?" fragte Hermine nach einiger Zeit und merkte wie Draco innehielt. Er legte langsam sein Besteck rechts und links von seinem Teller: „Gar nicht. Sie können noch so viel behaupten, dass es leichter wird. Das der Schmerz aufhört, aber die wissen in Wirklichkeit gar nichts von dem was... was du gerade durchmachst. Glaub mir. Ich weiß von was ich rede." Hermine schob den Teller von sich und sie zog ihre Beine auf den Stuhl: „Das schlimme ist... ich weiß gar nicht was es geworden wäre."
Sein Kiefer schien sich anzuspannen. „Tut mir leid... ich wollte dich nicht daran erinnern, dass..." Er schüttelte den Kopf: „Schon in Ordnung. Es ist nur... damals als Astoria starb, wusste ich es auch nicht." „Du wusstest nicht, was es wird? Aber Astoria war damals im siebten Monat." Er nickte und griff nach seinem Glas: „Ja, das war sie. Aber bis zur Autopsie wusste ich nicht was es wird. Wir wollten uns überraschen lassen." Er nippt an seinem Glas uns stellte es fast grob auf den Tisch ab: „Er hätte noch gelebt, weißt du. Es wäre ein Junge gewesen. Zu Beginn habe ich gedacht..." Er brach ab und presste fest seine Lippen zusammen.
Hermine hatte das Gefühl, seinen Schmerz greifbar wahrzunehmen, als er weitererzählte: „Ich habe gedacht, dass er überleben würde. Ich dachte er würde leben wenn ich es schaffen würde zu überleben. Aber er hat mir auch meinen Sohn genommen. Er hat sich aus meinem Leid, einen Spaß gemacht. Als wäre es nicht schon schlimm genug gewesen Tory sterben zu sehen. Er hat auch ihn ermordet." Hermine senkte den Kopf: „Er wusste nicht das ich schwanger war. Die Heilerin hat gesagt, dass Baby..." „Du hast zu viel Blut verloren," sagte Draco und gab ihr damit zu verstehen, dass er Bescheid wusste.
Hermine fuhr sich energisch über die Augen. Sie würde nicht weinen. Sie würd jetzt auf gar keinen Fall weinen. Sie dachte an den Täter und schürte für ihn, ihren Hass. Der Hass machte sie stärker. Die Ungerechtigkeit aufzuheben würde ihre Stütze sein. „Ich glaube, dass er mich kennt." Draco runzelte die Stirn: „Wie meinst du das?" Hermine schluckte leicht: „Er hat Sachen gewusst..." „Du meinst der Täter?" unterbrach sie Draco und stand auf. Er setzte sich ans Tischende und somit fast neben Hermine, „Er kennt dich? Wieso glaubst du das?" „Weil er Dinge gewusst hat, die er als Fremder, selbst wenn er mich beobachtet hätte, nie gewusst hätte."
„Welche Dinge?" Hermine schüttelte den Kopf und schloss die Augen. „Hermine, welche Dinge?" verlangte er zu wissen und sie versuchte die Bilder verdrängen zu lassen. „Granger." Sie atmete schwer aus: „Er hat zum Beispiel von der Sache gewusst, dass Mike ab und zu bei uns im Büro zum Essen war. Er hat von dem Abendessen gewusst und von..." Sie brach ab als in ihrem Gehirn sich ein neues Bild aufdrängte. „Der Knopf," keuche sie schwer. „Was?" brachte Draco verwirrt hervor und Hermine sprang auf: „Der Knopf." „Was für ein Knopf?" wollte er wissen und rannte ihr hinterher.
Sie ging in sein Arbeitszimmer und entzündete das Feuer. Draco packte ihre Hand, als sie gerade in die Schale mit Flohpulver greifen wollte: „Was hast du vor Granger?" „Ich muss nach Hause." „Vergiss es," sagte Draco und sein Griff verstärkte sich. „Potters Anweisungen waren eindeutig. Er bringt mich um, wenn ich dich aus den Augen lasse und erst recht, wenn ich dich alleine in dein Haus lasse." „Er hat einen Knopf verloren," sagte Hermine eilig und sah zu ihm fast bittend hoch, „Ich hab ihn ihm abgerissen." „Das ist unmöglich," antwortete Draco. „Die Spurensicherung hätte ihn gefunden." „Draco wirklich. Ich bin mir sicher. Bitte lass uns nachsehen. Bitte!" flehte sie und sie merkte wie er zögerte. „Vielleicht ist es ein brauchbarer Hinweis. Vielleicht führt uns das zum Täter."
Es war dieser kleine Anstoß der Draco dazu bewegte, mit ihr zurückzukehren. Hermine ging fast eilig vom Wohnzimmer in die Küche. Ein kleines Licht, dass sie heraufbeschwor erleuchtete ihr den Weg. „Granger, warte," zischte Draco und setzte ihr nach. Hermine war urplötzlich entschlossen, diesen Kerl zu fangen und zu töten. Viel zu entschlossen. Denn ihr Hass, ihr Mut und ihre Ausdauer sanken in sich zusammen, als sie in der Küche stand. Sie erstarrte zur Salzsäule. Sie merkte wie sie zu zittern anfing und ihr Brustkorb hob und senkte sich schmerzhaft. „Hermine, lass uns gehen," meinte Draco plötzlich hinter ihr eindringlich und sie entriss sich ihm, als er sie an der Schulter berührte.
„Nein. Nein wir brauchen diesen Hinweis. Wir brauchen ihn." Sie ging weiter in die Küche hinein und sah sich um. Nichts, rein gar nichts deutete noch darauf hin, was hier vor kurzen noch passiert war. „Bist du sicher?" begann Draco zu fragen, während Hermine sich hinkniete und auf den Boden suchte: „Ja bin ich. Ich weiß es. Ich weiß es mit Sicherheit." Sie sah auf und ließ ihren Blick schweifen: „Harry hat nichts von einem Knopf erzählt, oder?" „Es gab angeblich keine Hinweise," entgegnete Malfoy ruhig und Hermine schüttelte den Kopf. Sie wusste es. Sie hatte das klackern noch immer in den Ohren.
„Was tust du denn da?" wollte Draco von ihr wissen und sah auf sie herab, als Hermine sich auf den Boden legte. „Lass mich mal etwas ausprobieren." „Bist du..." fing er an und sie nickte fest: „Ja bin ich." Sie atmete fest ein und aus und schloss die Augen. Ihr Magen verkrampfte sich und sie sah nach rechts und sah wieder in Mikes Augen. „Er hat Mike gefoltert, nachdem er zum zweiten Mal versucht hatte, ihn niederzustrecken," sagte sie leise und spürte wieder Angst in sich aufsteigen. „Dieser Duft." „Was für ein Duft?" hörte sie Dracos Stimme. „Von diesem Kerl. Er kommt mir irgendwie vertraut vor und das auf furchtsame Weise." „Kannst du den Duft zuordnen?"
Sie schüttelte stumm den Kopf und zuckte zusammen, als sie das Gefühl hatte diesen fremden Atem wieder auf ihrem Gesicht wahrzunehmen. „Ich hab ihn geschlagen. Ich hab gegen ihn gekämpft und dann..." Sie wandte ihren Kopf nach links und schlug die Augen auf. Sie hatte das Gefühl, dass kleine Silber gerade noch über den Boden hüpfen zu sehen. „Der Knopf ist unter den Kühlschrank gerutscht," sagte sie emotionslos und setzte sich auf. Draco ging an ihr vorbei und ließ den riesigen Kühlschrank zur Seite schweben. Hermine sah es aufblitzen und griff nach dem anscheinend silbernen Knopf.
„Das ist kein Knopf," stellte sie stirnrunzelnd fest und Draco zog ihn aus ihren Fingern: „Nun eigentlich schon. Ein Manschettenknopf." Sie rollte leicht mit den Augen und Draco sah sie an, während er ihr den Knopf vors Gesicht hielt: „Weißt du was das für ein Symbol ist?" Ihr Herz setzte aus, als sie das eingeprägte M sah. „Das Siegel des Ministeriums," wisperte sie und schüttelte heftig den Kopf. „Aber das würde bedeuten..." „Das der Täter aus dem Ministerium kommt," vervollständigte Draco ihren Satz und sie sah ihn schockiert an. Das konnte nicht wahr sein. Das war unmöglich.
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Forced Pain
FanfictionFast sechs Jahre ist die Endschlacht her und jeder scheint sein Leben zu leben. Es könnte perfekt sein, wenn nicht seit Jahren ein Verrückter die englische Magische Welt in Atem hält. Oder vor allem junge Paare. (DMxHG)