Kapitel 19

127 6 0
                                    


Hermine schreckte hoch und war einen Moment verwirrt, als sie im Dunklen saß. Achtsam tastete sie zuerst nach ihrem Zauberstab und schaltete danach das Licht ein. Ein Blick auf ihren Wecker zeigte ihr, dass es erst Abend war. Wie konnte sie den ganzen Tag verschlafen? Vorsichtig rutschte sie vom Bett hinunter und zuckte zusammen, als urplötzlich ein lauter Knall durch das Haus hallte. Ihr Herz schlug sofort schneller. Jemand musste appariert sein, das war die einzig logische Erklärung. Zaghaft trat sie ans Fenster und schob nur ein kleinwenig den Vorhang zur Seite. Doch außer den Schnee auf den Bäumen und Sträuchern war nichts zu sehen. Sie wandte sich ab und ging nach unten. „Draco?", fragte sie in den leeren Flur hinein, bekam jedoch keine Antwort. Sie schloss die Augen und atmete tief ein und aus, um sich selbst zu beruhigen. Alles war gut. Sie war hier in Sicherheit. Sie musste aufhören bei jedem kleinsten Geräusch einen Panikanfall zu bekommen. Sie schreckte auf, als jemand versuchte die Haustür zu öffnen, doch sie war abgesperrt. Sie atmete flach, als jemand an der Tür rüttelte.

„Draco", wisperte sie leise. Ihr Herz schlug zum zerreißen schnell. Sie schluckte hart, als das rütteln aufhörte und es wieder still wurde. Sie lehnte sich an den Türrahmen des Wohnzimmers und griff sich beruhigend an die Brust. Ihr Herz hämmerte immer noch fest umher und es stockte, als ihr einfiel, dass das kleine Haus noch einen Hintereingang besaß. Sie rutschte fast im Flur aus, als sie in die Küche rannte. Ihre Finger zitterten, als sie den Schlüssel umdrehte und den Riegel vorschob. Zitternd trat sie zwei Schritte von der Tür zurück und fuhr sich fahrig über ihre Lippen. Sie zog quietschend die Luft ein, als die Türklinke sich bewegte. Panisch wich sie weiter zurück und presste ihre Hände auf ihren Mund, um kein Geräusch zu machen. Niemand wusste wo sie waren. Niemand. Wer würde in dieser Einöde ausgerechnet hierher kommen? Sie schüttelte kaum sichtbar den Kopf, als jemand heftiger an der Tür rüttelte. Ihr Verstand sagte ihr, sie sollte ihren Stab aus der Hosentasche ziehen und sich kampfbereit machen. Doch ihr Körper schien ihr nicht zu gehorchen.

Sie schrie gedämpft gegen ihre eigenen Hände, als sich eine größere Hand darauf legte und sie jemand ruckartig in die kleine Vorratskammer zog. Sie schlug um sich, Panik ergriff sie. „Beruhig dich!", forderte Dracos bekannte Stimme und er schüttelte sie leicht an den Schultern. „Ich bin's." „Draco", gab sie erleichtert von sich und er kam ins straucheln, als sie ihm um den Hals fiel. „Da ist jemand. Jemand ist draußen vor der Tür." Er löste ihre Hände und nickte mit ernster Miene. „Ja, ich weiß. Ich hab ihn gehört, als er hierher apparierte." Sie beide horchten auf, als man Glas zerspringen hörte. Hermine sah zur Decke, als man dumpfe Schritte vernehmen konnte. „Er ist im Haus", wisperte sie ängstlich. Draco wollte zur Tür, doch Hermine hielt ihn auf: „Was hast du vor?" „Nach was sieht es den aus? Ich werde mir den Kerl schnappen und ihn umbringen." Hermine packte ihn grob am Arm: „Nein!" „Granger", protestierte Malfoy und versuchte sie abzuschütteln, doch sie ließ nicht ab.

„Granger", keuchte er, als sie ihre Arme um seinen Brustkorb schlang und festhielt. „Was soll denn das?" „Ich kann nicht noch jemanden verlieren der mir etwas bedeutet." „Hermine." Ihre Hände verkrampften sich, während sie weiter ihre Arme um ihn geschlungen hatte. „Bitte Draco. Tu das nicht. Er bringt dich um. Ich weiß es." Er löste ihre Hände und sah sie ruhig an. „Mir passiert nichts. Okay?" Sie nickte nicht. Sie wusste, dass wenn er rausgehen würde, würde Draco sterben. Wie Mike. Er würde sterben und dann würde Hermine den Menschen verlieren, der sie einigermaßen verstehen konnte. „Bitte... bitte Draco, bleib da", flehte sie wimmernd und beide hielten die Luft an, als man das Knarzen des Bodens erneut hörte. Er war da. Er war da und er würde sie beide töten. Es passierte schnell und Hermine begriff nicht, was es eigentlich war. Irgendetwas krachte und sie schloss reflexartig die Augen als sie von etwas geblendet wurde, und bevor sie noch weiter denken konnte spürte sie das unangenehme ziehen des Apparieren.

Das Wasser war eiskalt. Jede Bewegung darin stach wie tausend Nadelstiche. Hermine brauchte einen Moment um zu begreifen, dass sie wirklich im Wasser war. Sie strampelte gegen das kalte Nass an. Schwamm und zog hustend Luft ein, als sie durch die Wasseroberfläche stieß. Sie erblickte Sterne über sich und drehte bibbernd den Kopf, als Draco nach ihr rief. Er war auf einem Steg und ging in die Knie, als sie zu ihm schwamm. Er griff nach ihrer Hand und zog sie raus. „Du bist appariert?", presste sie bibbernd hervor und ihre Finger verkrampften sich vor Kälte. „Würdest du lieber zurück?" Sie schüttelte den Kopf und sah sich um: „Wo sind wir?" „In Sicherheit." Er zog sie hoch: „Komm schon. Komm." Er stützte sie und jeder Schritt fühlte sich an, als würde das Gewicht von einer Tonne an ihr kleben. Es war ein kleines Holzhaus und Hermine fragte sich wie viele Verstecke er noch im Petto hatte.

Draco öffnete die schwere Haustür und bugsierte Hermine in den dunklen Raum. Er drückte sie auf einen Sessel, während sie weiterhin zitterte. „Hier", sagte er und warf ihr eine Decke über. Sie würde zu gerne einen Wärmezauber anwenden, doch sie tat es nicht. Sie wusste nicht was sie verraten hatte, damit er sie finden konnte und Magie kann man aufspüren. Sie zog die Decke enger um sich und versuchte das Zittern zu unterdrücken. Sie sah auf, als ein Streichholz aufleuchtet und Draco den Kamin anheizte. Er stand ohne ein weiteres Wort auf kam kaum fünf Minuten später mit frischer Kleidung und Handtüchern. Sie fuhr verwundert über einen bekannten Pullover. „Das ist meine Kleidung?" „Ja." „Wo hast du sie her?" „Ich habe überall etwas gebunkert." „Wie viele Verstecke hast du?" „Das musst du nicht wissen. Geh ins Bad. Zieh dich um, sonst wirst du noch krank. Ich werde Potter Bescheid geben. Vielleicht werden sie noch Spuren finden."

Sie sah ihm nach, als er den Raum verließ. Er hatte gerade wieder ihr Leben gerettet. Leise stand sie auf und sah sich um. Hermine fand das Badezimmer schnell, schälte sich vorsichtig aus ihrer Kleidung und fuhr sich danach über ihre Gänsehaut, bevor sie in ihre neue Kleidung schlüpfte. Sie wusste nicht wo Draco hingegangen war, geschweige wie er Harry Bescheid sagen wollte. Was sie wusste war, dass dieses Monster von Mörder sie gefunden und Draco sie weggebracht hatte. Sie wusste nicht wann er wieder kam. Nur das sie aufwachte, als er Holz im Kamin nachlegte. Sie blinzelte verwirrt und setzte sich auf dem dunklen Sofa auf. Draco hatte ihr anscheinend noch eine Decke umgelegt. „Hast du Harry informiert?", fragte sie leise als er aufstand. „Ja. Er kümmert sich darum. Wahrscheinlich wimmelt es dort schon vor lauter Auroren."

„Wie hat er uns gefunden?" Draco schüttelte den Kopf: „Ich habe keine Ahnung." Sie zog ihre Beine noch dichter an sich ran und versuchte ruhig zu bleiben. „Ich hätte ihn töten sollen." Hermine schüttelte den Kopf: „Sag so was nicht." „Ich will aber, dass er tot ist", antwortete er fast grimmig. Hermine rieb sich über ihre Augen: „Du darfst mich nicht alleine lassen." Er blickte sie fast verwundert an und die Braunhaarige schluckte hart, als ihr etwas klar wurde. „Wenn du mich alleine lässt Draco, dann werde ich daran kaputt gehen. Also lass mich bitte nicht alleine. Bitte." Er stand auf und verließ den Raum. „Tu das nicht." Hermine folgte ihm verwirrt. „Was soll ich nicht tun?" „Mach dein Leben nicht von meinem abhängig. Tu das nicht. Klar?" Hermine wischte energisch ihre Tränen von ihren Wangen, während Draco sie ansah und entschlossen weitersprach. „Du kannst mir nicht sagen, dass du zugrunde gehst, wenn ich bei dieser Sache verrecke. Du hast nicht... verdammt Granger, dazu hast du nicht das geringste Recht."

Sie schluckte hart und schlang die Arme um sich selbst. „Ich wusste nicht, dass ich für dich so eine schwere Bürde ist." Draco seufzte: „Verdreh mir nicht schon wieder die Worte im Mund." Er lehnte sich an die Wand: „Granger..." Er brach Kopf schüttelnd den gerade erst begonnen Satz ab und atmete tief ein und aus, bevor er wieder sprach. „Ich mach mir ohnehin schon genug Sorgen um dich. Es wäre alles viel einfacher, wenn ich mich nur um mich kümmern musste. Aber das kann ich nicht, Granger. Weil du mir wichtig bist. Aber du darfst mir nicht so einen Ballast aufhalsen. Du darfst mir nicht sagen, dass du sterben wirst, wenn mir etwas passiert. Hörst du? Wehe du bringst dich um, wenn ich sterben sollte." Es hörte sich fast wie eine Drohung an. Sie zuckte leicht zusammen, als er ihr eine Strähnte hinters Ohr strich. „Komm. Du musst schlafen." Sie schüttelte den Kopf. Sie hatte heute schon genug Schlaf bekommen.

Forced PainWo Geschichten leben. Entdecke jetzt