„Kommen Sie mit, ich bringe Sie zu ihm!", überging ich seinen Einwand und lief einfach los. So eine verdammte Scheiße! Karma war eine bitch!
Ich musste in meinem vorherigen Leben ein sehr, sehr schlechter und böser Mensch gewesen sein, dass ich dieses Chaos in meinem jetzigen Dasein verdiente! Wieso musste ausgerechnet dieser Schnuckel der Koch sein, den ich beleidigt hatte und dann auch noch der Bruder? Am liebsten wäre ich im Boden versunken, hätte mich notfalls auch mit bloßen Händen bis nach China durchgegraben. Aber nein, so lief ich eben davon, emm ... voran.
„Jetzt mach mal halblang! Schau ich aus, als wäre ich Marathonläufer?", erklang hinter mir seine raue und verdammt sexy klingende Stimme. „Auf ein paar Sekunden länger kommt es mir nun wirklich nicht mehr an!"
Widerwillig wurde ich langsamer und er holte auf, bis wir nebeneinander hergingen.
„Wie schlimm ist es dieses Mal?", fragte er in die Stille, die sich schwer zwischen uns gelegt hatte. Was hätte ich denn auch sagen sollen? Tut mir leid, dass deine Soße nach Socken geschmeckt hat, aber meine Mama hat mir beigebracht, nicht zu lügen? Ich biss mir auf die Zunge. Wieso war ich denn auf einmal nur so zynisch? Wahrscheinlich brauchte ich Urlaub. Strand, Meer, Sex! Ja, ich brauchte ganz dringend einen Kerl, wenn ich schon bei jedem Dahergelaufenen zu sabbern anfing. Wie ein Hund, der einen Knochen sah. Wobei Arne kein Knochen war, nein, er war ein Steak. Ein saftiges, blutiges Stück Fleisch. Verdammt! Ja, ich war ganz eindeutig chronisch untervögelt und jetzt hatte ich auch noch Hunger. Hmmm ... er war ja Koch! Den könnte ich vernaschen und anschließend macht er mir was zu essen. Ein wahrer Traummann.
„Von welchen nackten Weißwürsten träumst du denn?", riss er mich aus meinen Gedanken und ich geriet gleich mal ins Stolpern.
„Entschuldigen Sie, was haben Sie gleich nochmal gefragt?" Meine Wangen glühten, und ich schob meine schmutzigen Gedanken ganz schnell bei Seite, bevor es noch peinlicher wurde.
„Wie der Zustand von Finn ist, wollte ich wissen!" Dabei schaute er mich ganz komisch an, so als könnte er all meine Gedanken lesen, was das Zucken seines Mundwinkels nur bestätigte. Aber das konnte nicht sein, niemand konnte Gedanken lesen. Auch nicht dieser Sternekoch!
„Der Notruf ging von der Haushälterin ein. Sie hatte ihn blutverschmiert im Bett gefunden. Ohne Bewusstsein und hat daraufhin den Notruf alarmiert.", klärte ich meinen Gegenüber sachlich auf.
„Wie schlimm war es wirklich? Darla übertreibt gerne."
Wir waren gerade vor Finns Zimmer angekommen, als ich stehen blieb und mich zu Arne drehte.
„Sagen wir so, es war zu keiner Zeit lebensbedrohlich. Die Kombination aus Alkohol und Tabletten hat ihn ausgeknockt. Was seine Schnitte anging, die waren nur oberflächlich, die hab ich lediglich gereinigt und verbunden."
„Ist er bei Bewusstsein?" Ich bejahte. „Gut! Dann bring ich ihn jetzt um!" Und noch bevor ich reagieren konnte, öffnete Herr Weber die Tür und rauschte in den Raum.
„Ich hasse dich!", begrüßte er schnaubend seinen Bruder und mir fiel die Kinnlade herunter. Irgendwo hatte ich gehofft, es handele sich bei seiner Äußerung um einen Scherz. Aber nein, beide Brüder erdolchten sich gerade mit ihren Blicken.
Jetzt, da ich beide vor Augen hatte, fiel mir die Ähnlichkeit auf. Beide hatten diese dunklen, fast kohlrabenschwarzen Haare, wobei Arne sie um einiges kürzer trug als Finn. Der hatte sein Haar schulterlang und gerade zu einem Pferdeschwanz. Die blauen Augen hatten sie wiederum gemein. Das war es dann aber auch schon, wo Arne nur so von Muskeln und breiten Schultern strotzte, war der andere Bruder schlank und schmal gebaut. Im Großen und Ganzen waren aber beide Brüder auf ihre Art sehr attraktiv.
„Hallo Sweethart, ich hab ihnen gesagt, sie sollen dich nicht verständigen. Habe immer wieder beteuert, dass alles in Ordnung ist! Man unterstellt mir aber Unzurechnungsfähigkeit. Kannst du dir das vorstellen?", begrüßte Finn letztendlich seinen Bruder.
Die Arme verschränkend, sah Arne über die Schultern zu mir. „Ist das wahr?", knurrte er nun mich wütend an und das Blau seiner Augen verdunkelte sich um eine Nuance. Ich zuckte mit den Schultern. Er war der eingetragene Notfallkontakt und hier handelte es sich um einen Notfall. Da war es doch nur selbstverständlich, dass ich anwies, anzurufen. Also war ich mir in der Tat keiner Schuld bewusst.
„Dann schuldest du mir einen Fick! Aber einen verdammt guten, Kleiner!", wandte sich von mir ab und ging zu dem Bett seines Bruders.
„Wer war es diesmal?", wollte dieser wissen, während ich immer noch damit beschäftigt war, das gesagte zu verarbeiten. Ich meine, ging es noch??? Was bildete sich dieser arrogante Mistkerl überhaupt ein?
„Kevin Klein.", beantwortete Arne die Frage seines Bruders. Was aus meiner Sicht mehr Fragen aufwarf, als beantwortete.
„Hmm ...", stöhnte Finn genussvoll. „Der Blonde?"
„Ja ... natürlich der Blonde!", bestätigte Arne wehleidig.
Nun reichte es mir! Wir waren hier, weil Herr Weber Numero eins scheinbar ein Problem hatte und nur darum ging es und nicht um irgendwelche Kevin Kleins die nun gevögelt, oder eben nicht gevögelt wurden.
„Was Ihren körperlichen Zustand angeht, befinden Sie sich auf dem Weg der Besserung.", versicherte ich meinem Patienten und trat ebenfalls auf ihn zu, „Was Ihr seelisches Befinden angeht, rate ich Ihnen dringend zu einer psychologischen Behandlung, weil es sich ja hierbei nicht um ..."
Schallendes Gelächter unterbrach mich, während sich die beiden Brüder gar nicht mehr vor Lachen ein bekamen. Perplex sah ich von einem zum Anderen. Ganz langsam bekam ich eine Ahnung davon, warum Johannes diese beiden ohne ein Zögern an mich übergeben hatte. Die konnten einen doch glatt in den Wahnsinn treiben.
„Einen Psychologen!", prustete Finn los, „Hast du das gehört, Arne?"
„Hab ich, hab ich!", gackerte der Andere zu Bestätigung.
Meine Laune sank. Ich hatte nicht wirklich Lust, hier als Unterhaltungskünstler der beiden herzuhalten.
„Wenn Sie kein Interesse daran haben, sich professionelle Hilfe zu holen, dann liegt das natürlich in Ihrem Ermessen!", antwortete ich vielleicht etwas zu barsch, aber meine Stimmung befand sich auf dem Grund des Ozeans und ich hatte wahrlich keine Lust, mich von diesen zwei Herren auf den Arm nehmen zu lassen. Zumal mindestens einer von ihnen scheinbar tatsächlich Probleme hatte.
„In der Tat brauch ich keinen Psychologen. Ich weiß, was mein Problem ist, und meist hab ich es auch wirklich gut im Griff!", bestätigte mir Finn nun etwas ernster.
„Im Griff ... ja ist klar, solange bis der Nächste kommt!", spottete sein Bruder gehässig. „Lass mich raten, dieser Arsch war schuld? Was ist passiert? Konnte er seinen Schwanz nicht in der Hose lassen?", donnerte seine Stimme schneidend durch den Raum. Damit schien er wohl ins Schwarze getroffen zu haben, denn Finn wandte sich zähneknirschend von uns ab. „Also hab ich Recht! Hatte von Anfang an Recht!"
Eine Stille legte sich über uns und es wurde von Sekunde zu Sekunde unschöner. Also ergriff ich erneut das Wort und hoffte, vielleicht doch noch an Finns Vernunft zu appellieren.
„Wenn Sie mit Problemen zu schaffen haben, wäre es vielleicht besser, wenn Sie das eine oder andere Gespräch mit einem Therapeuten durchführen? Er kann Ihnen bestimmt helfen, einen anderen Weg einzuschlagen."
„Ach halt doch die Klappe, Mr. meine Soße schmeckt nach Socken!", fauchte mich Arne an und ich bekam, ganz automatisch, wieder ein schlechtes Gewissen. Das würde ich mir wohl noch öfters anhören dürfen.
„Was mein Bruder eigentlich damit sagen wollte, ich bin selbst Psychologe und weiß ganz genau ...", klärte er mich auf, bevor er mitten im Satz innehielt und sich fassungslos an Arne wandte. „Das ist der Sockenkerl?", dabei deutete er auch noch zu allem Überfluss auf mich. „Ja ... ja ... doch! Jetzt wo du es sagst! Aber er sieht ja noch besser aus, als du ihn beschrieben hattest!"
What the fuck??? Sprachlos sah ich von einem zum anderen, die mich in ihrem Gespräch vertieft völlig ignorierten. In was für einen Zirkus war ich hier denn hineingeraten?
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Mr. Unverbesserlich (Mr. 2)
RomanceWas passiert, wenn man aus Verliebtheit eine Stelle annimmt, nur um seinem Schwarm nahe zu sein? Ganz einfach, man zieht die goldene Arschkarte! Vor allem, wenn der vermeintliche Mr. Right, seinen eigenen Mr. Right bereits gefunden hat und man infol...