13. Arne - Sous Chef

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Immer noch stinksauer, nahm ich immer zwei Stufen auf einmal. Ich liebte meinen Job! Nein, falsch! Zur Zeit hasste ich ihn! Und das lag nur an meinem Sous Chef, der mich in den Wahnsinn trieb. So viel Sex konnte ich gar nicht haben, um wieder runterzukommen. Alles in mir drin stand unter Strom und brodelte.

Dieser nutzlose, untalentierte Mistkerl, trieb hinter meinem Rücken Schindluder in meiner Küche, mit meinem Team und das alles nur, weil er der Enkel des Restaurantinhabers war. Wie toll es doch im Leben sein konnte, wenn der eigene Großvater ein reicher überheblicher Sack war, der sämtliche Schulen schmieren konnte, nur damit der einzige Lieblingsenkel durch alle Prüfungen kam. Im Wesentlichen aber nicht einmal nach Rezept kochen konnte, von Eigenkreationen ganz zu Schweigen. Gut, ich war auch ein reicher Schnösel, aber wenn ich etwas konnte, dann kochen. Die zwei Sterne, die ich diesem Restaurant bereits beschert hatte, waren gewiss nicht geschenkt und der Dritte ließ nicht mehr lange auf sich warten. Natürlich nur, wenn dieser Drecksack nicht alles ruinieren würde!

Vor mich hinteufelnd steckte ich der Schüssel ins Schloss und öffnete die Tür. Im Apartment herrschte völlige Stille und meine Laune sank ins Bodenlose. Eigentlich hatte ich gehofft, Finn anzutreffen, damit ich mich bei ihm auskotzen konnte, sonst würde früher oder später ein Mord geschehen. Und das wohl eher früher, als später!

Ein kurzer Blick reichte aus, um die Situation zu überblicken. Finns Zimmertür war geschlossen, was bedeutete, dass er schlief, und Michael schien scheinbar im Sitzen eingeschlafen zu sein, denn er saß mit einem Buch im Schoß auf dem Sofa und schnarchte sehr sexy vor sich hin. Meine Laune stieg. Grinsend hockte ich mich, im Schneidersitz, auf den Couchtisch und griff nach dem Buch in seinem Schoß. Ein Blick auf den Buchdeckel genügte, um festzustellen, dass es sich bei diesem Exemplar um eins von Finns Werken handelte.

Einer Blitzidee folgend riss ich ein Blatt aus dem Buch und knüllte es zusammen. Finn würde mir schon verzeihen, aber von diesem Exemplar hatte er noch eine Schachtel voll im Keller stehen. Meine Mundwinkel zuckten und ein teuflisches Lächeln schlich sich auf mein Gesicht, während ich mit dem zusammengeknüllten Papierstück auf Micha zielte und ihn damit bewarf.

Kaum hatte es meine Hand verlassen, hielt ich vor Spannung die Luft an, aber es geschah nichts. Ganz automatisch riss ich eine weitere Seite aus dem Buch, knüllte sie und warf erneut. Wieder nichts, er zuckte nicht einmal. Da war jemand scheinbar ganz schön müde, was er wohl des Nachts so trieb? Egal, dem würde ich ganz schnell Abhilfe schaffen, vor allem, weil es wirklich Spaß machte. Also riss ich weitere Seiten aus dem Buch und bewarf den Doc in einer Tour, weiter mit Papierkugeln. Und nein, es wurde nicht langweilig!

Etwa zehn Seiten weiter rührte sich mein Opfer, nachdem ich einen Treffer gegen die Stirn vermelden konnte, und ich hielt gespannt inne. Aber meine Schlafmütze fuhr sich lediglich durchs Haar, richtete ein noch größeres Chaos an und schlief dann einfach weiter. Nur ganz kurz überfiel mich der Gedanke, gleich das Buch nach ihm zu werfen. Doch ich hielt mich zurück, nahm stattdessen zwei Seiten auf einmal und versuchte es damit. Hieß es nicht, doppelt hielt besser? Und tatsächlich, meine Anstrengungen wurden endlich belohnt!

Ein Seufzen, ein Blinzeln und dann, wer hätte es gedacht, öffnete die Schlafmütze tatsächlich ihre Augen.

„Na, ausgeschlafen?", sichtlich besser gelaunt rückte ich ein Stück näher und begutachtete mein Opfer. „Du hast ein verdammt süßes Schnarchen, Onkel Doc.", schnurrte ich ihm regelrecht zu.

Es schien eine kleine Ewigkeit zu dauern, bis Michael realisierte, wo er sich befand und wer ihm da gegenüber saß und ein paar weitere Sekunden, bis da oben in seinem Hinterstübchen ankam, was ich hier getrieben habe. Sofort verfinsterte sich sein Blick und die Augenbrauen schoben sich zusammen. Oh, oh ... da verstand einer wohl scheinbar keinen Spaß.

„Auf geht's, ich koch uns was!", stieß ich hervor, bevor er auch nur eine Silbe zustande brachte. Sprang vom Tisch herunter und griff gleichzeitig nach seinem Handgelenk, um ihn in die Höhe zu ziehen.

Von meinem stürmischen Angriff überrumpelt stolperte der gute Doktor nach vorne und stieß gegen meine Brust. Intuitiv fing ich ihn auf und presste ihn wie von selbst noch etwas näher an mich. Die Wärme seines Körpers drang durch das dünne Shirt, das ich trug, und sein Geruch stieg mir in die Nase. Er fühlte sich gut an, so nah bei mir. Zu gut. Tief sog ich die Luft ein, bis mir klar wurde, was ich da tat, und ließ sofort von Michael ab. Leider stand da ja immer noch der Couchtisch, so dass ich stolperte und hart auf meinem Allerwertesten landete.

Verdammter Mist auch! Wieso zum Teufel passierte sowas Peinliches ausgerechnet mir? Die Schamröte kroch mir den Hals hinauf und ich spürte meine Wangen glühen. Bevor ich aber im Erdboden versinken konnte, schob sich sein Gesicht in mein Blickfeld. Aber statt sich über mich lustig zu machen, musterte er mich besorgt.

„Alles in Ordnung? Hast du dir weh getan?", wollte er voller echter Sorge wissen.

Sein Ärger, über meine Papierkugelattacke, schien verpufft. Wie konnte man nur so ein Gutmensch sein? Doch bevor ich noch weiter darüber spekulieren konnte, hielt er mir seine Hand hin und half mir beim Aufstehen.

„Danke ...", sagte ich widerwillig, weil mir die Situation immer noch etwas peinlich war.

„Nicht dafür!" Ein schüchternes Lächeln umspielte seine Mundwinkel, während er sich erneut durchs Haar fuhr. Er sah wirklich zum Anbeißen aus und am liebsten hätte ich ihn nochmals an mich gezogen, nur um seinen festen Körper an meinem zu spüren. Gott, was dachte ich mir hier nur? Sein Geruch schien mir gehörig zu Kopf gestiegen zu sein.

„Lust auf was zu essen? Ich habe tierischen Hunger und für mich allein lohnt sich der Aufwand nicht!", log ich, da ich gerade überhaupt keinen Hunger verspürte, um von mir abzulenken, und rückte, dieses mal vorsichtig und nicht gegen den Tisch knallend, von Michael ab. Ohne eine Antwort abzuwarten, machte ich mich auf den Weg zu meiner Küche und öffnete den Kühlschrank. Distanz zwischen uns zu bringen hatte gerade höchste Priorität.

„Okay ...", ertönte hinter mir seine Stimme und ein Schauder lief mir den Rücken hinunter. Ich konnte doch nur untervöglet sein, das war zumindest die einzige logische Erklärung, die mir einfiel. Oder der Zug aus dem Kühlschrank, aber das schloss ich mal kategorisch aus.

„Kann ich dir irgendwie helfen?", riss er mich aus den Gedanken und ich versuchte mich auf meine Aufgabe zu konzentrieren. Gar nicht so einfach, wenn mein Freund eine Etage tiefer hier mal nach dem Rechten schauen wollte.

„Klar!", immer noch inspizierte ich den Inhalt des Kühlschranks und genoss die Kühle auf meiner Haut. „Zieh schon mal eine deiner Socken aus!", konnte ich mir dann doch nicht verkneifen. Sein genervtes Schnauben, war Antwort genug. Ich wusste auch nicht warum, aber es zauberte ein breites Lächeln auf meine Lippen.

Mr. Unverbesserlich (Mr. 2)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt