26. Arne - vom Verzeihen

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Nun stand ich hier, in seiner Küche und wurde angeschwiegen. Konnte er mich nicht anschreien, mir eine knallen? Mit all dem hätte ich ohne weiteres zu Recht kommen können. Aber das? Dieses Schweigen ... das machte mich einfach fertig.

Sein Gesichtsausdruck glich einer starren Maske. Seine ganze Körperhaltung drückte Abneigung aus. Ich war nicht erwünscht. Ich hatte es im wahrsten Sinne versaut! Und mir fehlten die Worte.

Es war lächerlich, was ich hier veranstaltete. Ich wusste ja selbst, dass eine Entschuldigung nicht reichte, um dass wieder gut zu machen, was ich im Suff vollführt hatte. Aber irgendwas musste ich doch tun! Irgendwas sagen, damit er mich wieder anlächelte. Ich ihm wieder nah sein konnte. Und das wollte ich. So sehr, dass es mich verzweifeln ließ.

„Michael, bitte!", flehte ich erneut und wäre dabei am liebsten auf die Knie gesunken, um ihm zu zeigen, wie sehr es mir tatsächlich leidtat. Nur war ich mir relativ sicher, dass es nicht sehr gut ankommen würden. „Sag doch irgendwas?!"

Er legte seinen Kopf schräg und musterte mich eingehend, wieder verriet mir seine Mimik nichts. Also stand ich da, wie auf Kohlen und wartete auf mein Urteil. Fürchtete mich davor.

„Was genau möchtest du hören, Arne?!", fragte er mit ruhiger und gefasster Stimme und es fühlte sich schlimmer an, als wenn er mich angeschrien hätte. Mit dieser Ruhe kam ich überhaupt nicht klar. Es fühlte sich an, als wäre ihm alles egal. Als wäre ich ihm egal und das durfte nicht sein. Ich wollte ihn zurück. Ich wollte eine Chance.

„Das tut nicht zur Sache, was ich hören möchte ...", erwiderte ich tapfer und deutete fragend auf die Bank. Vielleicht würde es ja besser werden, wenn wir uns beide setzten. Er zögerte kurz, bevor er nickte und ich mich hinter den Tisch setzte. Selbst blieb er aber weiterhin stehen. Na super, das ging ja mal nach hinten los.

„Michael, bitte!", bat ich also zum wiederholten Mal und deutete auf den Platz mir gegenüber. Wenn er nicht mehr so weit von mir entfernt wäre, wenn wir die räumliche Distanz überwinden könnten, wäre es vielleicht auch möglich, unsere Differenzen zu überwinden.

Wie man sah, ich klammerte mich an jeden Strohhalm. Aber das musste ich auch, sonst würde ich hier völlig verzweifeln. „Setzt dich zu mir! Gib mir die Chance, alles zu erklären! Bitte, Micha ..."

„Was gibt es da noch zu erklären?", wollte er wissen und nun schwang doch etwas Bitterkeit in seinen Worten. „Ich bin doch nur eine billige Schlampe, die es mit jedem treibt! Das war doch mehr als eindeutig und bedarf keinerlei weiteren Klärungsbedarf!"

Touché! Das saß und doch flutete Erleichterung meinen Körper. Er war wütend auf mich, also war ich ihm nicht egal! Das war wieder ein sehr dünner Strohhalm, aber es war definitiv einer, nach dem ich wirklich greifen konnte.

„Das hab ich verdient!", seufzte ich schließlich, weil er gespannt auf eine Antwort wartete, und deutete erneut auf den Platz, wo er sich doch bitte endlich hinsetzten sollte und endlich tat er das auch. Widerwillig, aber er setzte sich. Ich widerstand dem Drang, vor Freude zu lächeln, denn das würde er ganz sicher in den falschen Hals bekommen. Am besten wäre es, wenn ich mich ganz vorsichtig an die Sachen herantasten würde.

„Die Abende mit dir waren eine Bereicherung für mich. Ich hab die Zeit, die wir zusammen verbracht haben, in vollen Zügen genossen. Dieses sich angekommen fühlen ...", fing ich leise meinen Monolog an und versuchte, die richtigen Worte zu finden. „... dieses Verstanden sein. Das hab ich so noch nie bei einem anderen Menschen als Finn gefühlt. Und dann kommst du daher und stellst meine Welt binnen ein paar wenigen Abenden auf den Kopf." Nun musste ich doch schmunzeln, weil mir dieses Gefühl, das ich empfunden hatte, als wir das erste Mal gemeinsam gekocht hatten, nicht aus dem Sinn ging. Das wollte ich wieder. Nach Hause kommen, Blödsinn reden und gemeinsam Kochen, dazu ein Gläschen Wein und dann ab aufs Sofa und Welt wäre nahezu perfekt.

Mr. Unverbesserlich (Mr. 2)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt