„Ludwig!", ertönte es hinter mir und ich rollte mit den Augen. Konnte man hier keine Ruhe haben? Grade mal vor zwei Stunden war der eine Störenfried abgerauscht, schon kam der Nächste aus der Versenkung.
„Was willst du Johannes?" Ich versuchte gar nicht erst zu vertuschen, wie genervt ich war. Gut, dass ich in wenigen Tagen Urlaub hatte, dann würde ich mich endlich in meinem Bett verkriechen und die Welt um mich herum vergessen können.
Dieses Tägliche zur Arbeit schleppen, war zwar Ablenkung, kostete aber auch Unmengen an Kraft, wenn man kaum schlief, oder aß. Aber das würde schon noch besser werden. Wenn dieser dumpfe Schmerz sich endlich lösen würde und ich endlich wieder tief durchatmen konnte, dann würde mein Leben auch wieder in die richtige Bahn geraten. Doch solange dies nicht der Fall war, stand ich eben hier am Rand meines Weges und sah dabei zu, wie alles und alle an mir vorbeizogen.
„Ich will wissen, was hier los ist!" E
r verschränkte die Arme vor der Brust und sprühte förmlich vor Zorn. Zum Teufel, er war der Letzte auf der Welt, der auf irgendwen sauer sein durfte! Außerdem mischte er sich gerade in Sachen ein, die ihn nichts angingen.„Das geht dich einen feuchten Dreck an, Burg!", zischte ich ihm zu und wandte mich zum Gehen. Doch ich schaffte es nicht weit, als sich seine Hand schraubstockartig um meinen Oberarm schraubte. Kalte Finger bohrten sich in mein Fleisch. Wütend riss ich mich los. Was bildete er sich eigentlich ein? Sicher gab es Zeiten, da hatte ich mir gewünscht, so viel Aufmerksamkeit zu bekommen, aber jetzt konnte er mir sonst wo runter rutschen.
Ich wirbelte herum und wollte ihm das gerade auch genau so sagen, da zog er mich einfach mit.
„Wo ..."
„Klappe, Ludwig!", fiel er mir ins Wort und eilte Richtung Büros. Bis ich realisierte wie mir geschah, waren wir bereits in seinem Büro und er schubste mich, wenig sanft, auf das Sofa. So, dass ich tatsächlich rückwärts stolperte und darauf nieder Plumpste.
„Du warst bei einem Job und seitdem du zurück bist, bist du wie ausgewechselt! Also ja, es geht mich was an!", fauchte er förmlich, bevor er sich mir gegenüber auf dem Tischchen niederließ „Also spuck's aus! Ich kenn die Brüder, ich weiß, wie sie ab und an sein können! Aber dein aktuelles Verhalten übersteigt selbst meiner Vorstellungskraft, was da alles hatte passieren können. Ja, sie sind chaotisch und sie können einem den letzten Nerv rauben, aber das reicht sicher nicht aus um dein Sonnenscheingemüt über Wochen zu trüben."
Mit verschränkten Armen saß er vor mir und ließ mich nicht aus den Augen. Ich starrte genauso wild zurück. Meinetwegen sollte er doch mit der Wand hinter mir seine Unterhaltung führen, wenn es sein Seelenheil beruhigte. Ich würde kein Wort sagen!
„Ach? Du willst Spielchen spielen?", dabei zog er gehässig eine Augenbraue in die Luft. „Von mir aus! Wenn du jetzt nicht auf der Stelle mit mir sprichst, dann suspendiere ich dich! Na, wie schmeckt dir das, Ludwig?"
Meine Augen weiteten sich und mein Kinn fiel herab.
„Da ... da ... das kannst du doch gar ...", stotterte ich fassungslos. „Und wie ich das kann!", schnitt er mir scharf das Wort ab. „Also mach endlich den Mund auf!"
Die Wut brodelte in meinem Magen und am liebsten hätte ich sie ihm vor die Füße gekotzt! Wieso um alles in der Welt, bildete sich jeder ein, sich über mich und über mein „nein" hinweg setzen zu können? Verdammt noch mal, auch ich hatte ein Recht auf meine Meinung und wenn ich nicht wollte, dann wollte ich verdammt nochmal nicht!
„Dann tu es doch!" Mit vorgestrecktem Kinn und einem spöttischen Grinsen auf den Lippen erhob ich mich vom Sofa. „Ich mach mir dann mal einen schönen Tag!", fügte ich noch hinzu und marschierte an dem sprachlosen Johannes aus seinem Büro.
Gott, tat das gut! Das hatte ich wirklich nötig. Dieses Gefühl auskostend kristallisierte sich auch schon eine Idee in meinem Kopf, der ich unbedingt Folge leisten sollte.
Ich hatte gar nicht mitbekommen, dass ich mich bereits auf dem Weg zu meinem eigenen Büro befand. Dort riss ich die Tür auf, schnappte mir Jacke und Autoschlüssel und verließ, ohne mich mit Sachen wie umziehen aufzuhalten, die Klinik.
Nach mir die Sintflut! Jetzt konnte Johannes schauen, wie er zurechtkam! Ein bisschen Schadenfreude durfte ich schon haben, auch wenn meine Schicht eh schon in einer Stunde zu Ende gewesen wäre.
Draußen empfing mich die Sonne und ich seufzte aufgrund der warmen Strahlen in meinem Gesicht. Ansonsten war es eisig kalt. Der Winter hatte den Februar fest im Griff, auch wenn weitere Schneestürme ausblieben.
Tief sog ich die Luft in meine Lungen und lief die wenigen Schritte zu meinem Auto. So frei, so voller Energie, hatte ich mich schon tagelang nicht mehr gefühlt. Seit Arne aus dem Bad gestürmt war, war ich wie in einer Seifenblase gefangen. Diese Lethargie, diese Benommenheit, hatte mich seit diesem Augenblick fest im Griff und jetzt konnte ich endlich aufatmen.
Ich drückte das Gas durch und fuhr mit quietschenden Reifen vom Parkplatz. Die Straßen waren frei, so dass ich in kürzester Zeit mein Ziel erreicht hatte. Immer noch von meinem Vorhaben felsenfest überzeugt, lief ich immer zwei Stufen auf einmal nehmend die Treppe hinauf und läutete an der Tür.
Keinen Augenblick später starrte mich ein verblüffter Finn an.
„Ist er da?", wollte ich wissen und sah an ihm vorbei ins Wohnzimmer. Scheinbar immer noch sprachlos deutet Finn hinter sich, auf Arnes Zimmertür.
„Gut!", grinste ich. Holte meinen Geldbeutel aus der Jackentasche, fischte mir einen Zwanziger heraus. Griff nach Finns Jacke und drückte sowohl die als auch das Geld in seine Hände.
„Kauf dir ein Eis!", befahl ich, schob ihn durch die Tür und schloss sie ihm vor der Nase. Selbst hielt ich mich nicht mit Ausziehen auf, sondern stürmte sofort auf seine Zimmertür zu und riss Selbige, ohne anzuklopfen, auf.
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Mr. Unverbesserlich (Mr. 2)
Roman d'amourWas passiert, wenn man aus Verliebtheit eine Stelle annimmt, nur um seinem Schwarm nahe zu sein? Ganz einfach, man zieht die goldene Arschkarte! Vor allem, wenn der vermeintliche Mr. Right, seinen eigenen Mr. Right bereits gefunden hat und man infol...