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Kaum hat Dabi das Kräftemessen verloren und sie erlösen alle von ihrer Präsenz, da zückt er brüllend seine Waffe und richtet sie auf Shigaraki. Millisekunden vergehen, in der sich keiner rührt, alle sind sie noch erstarrt, gelähmt von dem vorangegangenen Machtkampf. Dabis Finger liegt am Abzug, bereit ihn zu betätigen und seinen Widersacher auszuschalten.

Um die Folgen macht er sich keine Gedanken, die würde er schon irgendwie bewältigen können. Wichtig ist es nur, dass er diesen Mann ausschaltet, welcher ihm seine Position streitig gemacht hat. Seinen schönen Plan Deku von seinem Thron zu stoßen wird er auf einen späteren Zeitpunkt verschieben müssen, Shigarakis Ableben dürfte für einige Unruhen unter seinen Leuten sorgen, aber das ist Dabi egal, dass wird er schon alles wieder hinkriegen, immerhin ist Hawk an seiner Seite.

Der folgende Schuss ist ohrenbetäubend Laut und hallt noch eine Weile von den Wänden der Lagerhalle wider.

„W-Was?", keucht Dabi verwundert, als er den Schmerz in seiner Schulter spürt. Es war nicht seine Waffe, die abgefeuert wurde, sondern jene, dessen Lauf auf den Todoroki gerichtet ist. Der Schwarzhaarige glaubt zu träumen, glaubt, dass dies ein schlechter Scherz sei, als er in zwei stechend, gelbe Augen hinter dem qualmenden Lauf blickt. Taumelnd macht er einige Schritte zurück, kann sich aber auf den Beinen halten.

„Dachtest du wirklich, dass so ein guter Spion für dich arbeitet?", voller Hohn und Spott ist Toshinoris Stimme. Sofort wendet Dabi ihm sein schmerzverzerrtes Gesicht zu, will ihm etwas erwidern, irgendwas, aber der Schock lähmt seine Zunge. „Gut gemacht, Hawk.", lobt der Ältere den Sub, welcher den Lauf seiner Pistole langsam senkt. Er hat nicht gezögert, nicht einen Moment hat er den Hauch eines Gedankens des Zweifels verschwendet. Warum auch? Er schuldet diesem Mann, welcher sich die schmerzende Schulter hält, keine Treue, keine Ergebenheit und schon gar kein Mitleid.

Mit ruhigen Händen verstaut er seine Waffe wieder in dem Holster unter seiner Jacke, seinen kühlen Blick dabei nicht von Dabei abwendend. „Du hast als die ganze Zeit für ihn gearbeitet?", schnaufend deutet der Schwarzhaarige auf den älteren Dom. „Nein, eigentlich arbeitete er für die Polizei.", Toshinori sagt die so, als würde er gerade über das Wetter sprechen. Eine unbedeutende Nebeninformation, in seinen Augen, aber in den Augen aller anderen, eine unerwartete Offenbarung.

Hawk ist ein Spion und alle hier gingen davon aus, dass er für sie die Polizei bespitzelte, indem er ihnen immer mal wieder Informationen zukommen ließ. Das es nun aber genau andersherum sein soll, bringt selbst Shigaraki dazu seine Augenbrauen verwundert zu heben. „Ach, so ist das also ...", murmelt er und fixiert den Sub mit seinem wilden Blick. Furchtlos stellt sich Hawk diesem Dom und sieht ihn direkt an, weicht nicht zurück.

Doch kurz bevor Shigaraki ihn mit einem Befehl auf die Knie schicken kann, legt sich eine knöchrige Hand auf seine Schulter. „Tomura.", ruhig spricht er den Grauhaarigen an. „Arbeitete.", betont er das entscheidende Wort von eben noch einmal. Die Anspannung weicht etwas aus Shigarakis Körper und mit einer Geste bedeutet er Hawk näher zu kommen. Der Blonde folgt dieser Anweisung natürlich und steht im nächsten Moment direkt vor dem Grauhaarigen.

„Und für wen arbeitest du jetzt?", wenn er ehrlich ist, war ihm dieser Sub immer etwas suspekt. Er kann ihn nicht einschätzen, denn er hat nicht diese Angst vor Doms, die ein Sub für gewöhnlich haben sollte. Aber er hat immer den Nutzen in diesem Individuum gesehen. „Dem mächtigsten Dom.", diese Antwort ist gewagt und nicht jene, die er eigentlich auf diese Frage geben sollte. Sie lässt Interpretation Spielraum zu, lässt Zweifel zu, denn niemand weiß genau, wen Hawk für den mächtigsten Dom hält.

Shigaraki, noch beflügelt von dem gewonnen Machtkampf gegen Dabi, lässt diese Interpretationsmöglichkeiten nicht zu, denn für ihn steht außer Frage, wer der mächtigste Dom ist. „Schlau, aber du bist immer noch eine Ratte, dessen Loyalität man sich nie sicher sein kann. Was hindert dich daran, zurück zu Dabi zukehren?", auf diese Frage hat Hawk nur gewartet, denn im nächsten Moment zieht er in atemberaubender Geschwindigkeit seine Waffe und richtet den Lauf ein weiteres Mal auf Dabi. „Ein Ratte, ja, aber eine die weiß, wo ihr Platz ist.", er gibt ihm nicht die Möglichkeit zu antworten und auch Dabi gibt er keine Möglichkeit noch einmal das Wort an ihn zu richteten, als er im folgenden Augenblick die weit aufgerissenen Augen den Todoroki fixiert, bevor der den Abzug seiner Waffe ein weiteres Mal betätigt. Durch die Wucht des Aufpralls der Kugel wird Dabis Kopf etwas nach hinten befördert, bevor sein Körper einfach in sich zusammenfällt.

Eine unangenehme Stille befällt die Lagerhalle und keiner traut sich auch nur zu atmen.

Auch dieses Mal hat Hawk nicht gezögert, er sollte es zumindest nicht und wenn man nicht genau hingesehen hatte, dann hat man es auch nicht gesehen, das kurze Innehalten, bevor er den Abzug zur Gänze zog. Dabi war ein grausamer Mensch, er verdient kein Mitleid, warum also spürt Hawk dieses Ziehen in seiner Brust? Vielleicht weil das alles nun ein Ende haben wird und er wieder ein normales Leben führen kann? Die Frage, ob er überhaupt noch im Stande war ein Leben zu führen, welches man als normal bezeichnen würde, stellt er sich nicht, will sie sich auch nicht stellen, denn er fürchtet sich vor der Antwort.

Dieses elendige Gefühl der Reue kriecht in ihm empor, aber wofür? Er hat bis jetzt noch nie etwas in seinem Leben bereut, auch nicht in dem Moment, indem Deku ihn damals entlarvt und eigentlich hätte töten müssen. Er war enttäuscht und sauer, weil er es verbockt hatte damals, aber er hatte es nie bereut diese Art Job zu machen. Und auch nicht, als es die Umstände erforderten, dass er zu Dabis Lakaien wurde. So vieles was getan werden musste und er tat es ... immer ... immer ohne es zu bereuen, bis jetzt.

Denn Dabi, so grausam und brutal er immer war, hatte eine Seite, die nur Hawk kannte. Zärtlich, so würde Hawk diese Seite beschreiben. Denn es gab Tage, an denen sich Dabi nach seinem Wohlbefindet erkundigte, er ihm an manchen Tagen der Dom, den ein Sub brauchte, den Hawk brauchte, war. Und so sehr sich Hawk auch dagegen gewehrt hatte, so scheint Dabi trotz all seiner schlechten Eigenschaften es irgendwie geschafft haben, sich in sein Herz zu stehlen. Dieser hämmernde Riesenmuskel in seiner Brust fängt an zu schmerzen und lässt ihn endgültig realisieren, dass er für diesen grausamen Dom doch etwas empfunden hat. Was genau, wird er nie erfahren und will er auch nicht. Könnte dieses Herzrasen im Zweifel noch verschlimmern, oder?

Rape me!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt