Kapitel 36

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Egal, was ich ihm sagen werde, Arian wird mir doch eh nicht glauben. Selbst ich würde mir an dieser Stelle nicht glauben, dass ich nichts mit Drogen mehr zu tun habe. Ja, ich habe erst letzte Woche, welche genommen, aber nur weil ich es ausprobieren wollte. Die Enttäuschung von meinem Bruder war schon genug. Er hätte mir nicht einmal mehr eine andere Strafe geben müssen, um zu wissen, dass ich so etwas nie wieder machen werde. Ich habe keine Ahnung, was ich jetzt machen soll.

Arian's Sicht

Als ich heute morgen von meinen Kollegen der Bundespolizei hinzugezogen wurde, wusste ich noch nicht, wenn ich da sitzen sehen werde. Auf keinen Fall habe ich mit Tiana gerechnet. Ich dachte, wirklich sie hätte aus den letzten Tagen gelernt. Ich dachte, sie wüsste, dass es ein Fehler war, die Drogen damals zu konsumieren, aber anscheinend lag ich da eindeutig falsch. Alex wird richtig enttäuscht und wütend sein, wenn er erfährt, dass seine Schwester schon wieder etwas mit Drogen zu tun hat. Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass Tiana einfach nur so in diesem Park war. Dieser Park ist dafür bekannt, dass dort mit Drogen gedealt wird. Genau aus diesem Grund hat meine Abteilung letzte Woche beschlossen, in der nächsten Zeit den Park öfters zu kontrollieren. Anscheinend mit Erfolg, auch wenn ich lieber keinen hätte.

In meinem Büro angekommen, frage ich Tiana erstmal aus. Ich bin noch immer geschockt, sie jetzt in meinem Büro sitzen zu sehen. „Tiana, kannst du mir das erklären?" frage ich ruhig. Alex' Schwester sitzt auf einen der Stühle vor mir, während ich an meinem Schreibtisch dran lehne und sie gespannt anblicke. „Es ist nicht so, wie es aussieht." meint sie heiser. „Dann sag mir doch bitte mal, wie es ist." sage ich ihr mit hochgezogen Augenbrauen. „Ich- ich- ehm. Ich kann nicht." stottert die Kleine. Sie ist sichtlich nervös. Ihr Blick ist stur auf ihre Hände gerichtet, mit denen sie spielt. „Tiana, nach der Sache von letzter Woche kannst du dir bestimmt vorstellen, dass es sehr schwierig ist, etwas anderes zu glauben, als dass du irgendetwas mit Drogen in diesem Park gemacht hast." Langsam nickt sie nach meiner Ansprache. „Ich hoffe, dir ist bewusst, dass ich Alex alles erzählen muss." sage ich wieder. „Nein, dass darfst du nicht. Bitte." fleht Tia mich an, aber ich schüttle nur den Kopf. Es geht nicht. Alex muss es wissen. Erstens hat er ein Recht darauf zu wissen, was gerade passiert ist und zweitens ist Alex Tiana's Vormund. Das heißt, selbst wenn ich es ihn nicht sagen wollen würde, müsste ich das trotzdem tun. Es führt schlichtweg kein Weg daran vorbei. Als ich den Schreibtisch umrunde, fische ich mein Handy aus der Hosentasche, um Alex anzurufen.

„Alex ist auf dem Weg und wird dich abholen. Er wusste bereits, dass du nicht in der Schule bist, weil ihn die Lehrer darüber informiert haben. Genau deshalb hat er seinen Dienst auch schon getauscht, um nach dir zu suchen." erzähle ich ihr. Tiana ist so nervös und unruhig. Klar, ist diese Situation gerade mehr als optimal, aber irgendwie werde ich das Gefühl nicht los, dass etwas anderes dahinter steckt als Drogen. „Tia, schau mich mal bitte an. Du weißt, du kannst über alles mit mir reden. Auch die anderen haben immer ein offenes Ohr für dich." sage ich ihr einfühlsam. Ich will ihr das Gefühl von Geborgenheit geben. Vielleicht öffnet Tiana sich dann etwas mehr mir gegenüber. Langsam schaut sie mich an und nickt. „Warum warst du in diesen Park?" frage ich ganz ruhig. Sie allerdings zuckt nur mit den Schultern. So kommen wir hier einfach nicht weiter. Vielleicht bekommt ja Alex etwas aus ihr heraus.

Tiana's Sicht

Arian versucht mich die ganze Zeit zum Reden zu bringen. Ich kann das aber nicht. Ich kann den wahren Grund, warum ich in diesen verdammten Park war nicht sagen. Er darf nicht wissen, was in dieser beschissenen Schule abläuft. Keiner darf es wissen, sonst würde doch alles nur noch schlimmer werden.

Ich habe große Angst vor Alex' Reaktion. Er wird mehr als nur wütend und enttäuscht sein.

Plötzlich wird die Tür des Bürozimmers aufgerissen und Alex stürmt hinein. Man kann den Ärger förmlich in seinen Augen sehen. Arian und mein großer Bruder unterhalten sich eine Weile miteinander, bevor er sich an mich wendet. „Los, komm." mehr als das sagt er nicht zu mir. Leise folge ich ihm. Mein Blick ist stets auf den Boden gerichtet.

Während der gesamten Autofahrt spricht er kein Wort mit mir. Ich dachte, er würde mich anschreien. Mir tausend Strafen aufdrücken, aber bis kam nichts, außer diese unangenehme Stille. Vielleicht kommt es ja noch. Allerdings ist in diesem Moment diese Stille schon genug für mich, um mich komplett ausgeliefert und schlecht zu fühlen. Ich hätte einfach in der Schule bleiben sollen, auch wenn es unglaublich schwer ist, diese Wörter der anderen zu ertragen. Es wäre dennoch leichter gewesen, als meinem Bruder jetzt so zu sehen. 

Twisted Life   (Big Brother Story)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt