Kapitel 51

3.6K 102 5
                                    

Am nächsten Morgen schlendere ich runter, um zu frühstücken. Die anderen sitzen auch schon alle am Tisch und reden ausgelassen miteinander. „Morgen" murmle ich total verschlafen noch. Die anderen begrüßen mich ebenfalls und ich fange an mir mein Müsli mit Joghurt und Früchten zu richten. Nach dem Frühstück gehe ich wieder nach oben damit ich mich für den heutigen Tag fertig machen kann, wobei dass schon fast zu viel ausgedrückt ist. Ich ziehe mir lediglich eine andere Jogginghose und natürlich wieder einen Pulli an. Gefühlt besteht mein Kleiderschrank nur aus Jogginghosen und Pullis.

Gerade als ich mit Zähne putzen fertig geworden bin, kommt mein großer Bruder herein. Ich setze mich auf mein Bett, wie Alex mir das mit einem Handzeichen gedeutet hat und er lässt sich auf meinen Schreibtischstuhl nieder. „Tia, ich habe gerade mit deiner Schule telefoniert und einen Termin ausgemacht. Außerdem hast du deinen nächsten Termin bei Dr. Becker morgen vormittag." sagt er. „Ich will aber nicht in die Schule." sage ich schnell. „Keine Sorge, du musst zu diesem Termin nicht mit, wenn du nicht willst. Allerdings denke ich, dass es ganz hilfreich wäre. Du kannst am besten erzählen, was alles passiert ist." spricht er einfühlsam. Ich bin froh, dass ich nicht mit muss, denn ich will wirklich nicht. „Ich will wirklich nicht dort mit hin." sage ich leise und schaue auf den Boden. „Ok, dann erzähl mir aber bitte noch einmal ganz genau, was alles passiert ist und wie alles abgelaufen ist." meint Alexander. Also beginne ich ihm alles nochmal bis in kleinste Detail, so gut ich kann, zu erzählen.

Alex' Sicht

Ich kann vollkommen nachvollziehen, dass Tiana nicht mit zur Schule kommen will, deshalb habe ich ihr auch die Wahl gelassen. Ehrlich gesagt wusste ich, dass etwas in Tiana's Leben vorgeht, aber mit dem was sie uns gestern Abend erzählt hat, hätte ich nie im Leben gerechnet. Es tut mir so schrecklich Leid für sie. Aber warum ist sie nicht früher zu einem von uns gegangen? Egal wer, wir hätten ihr alle geholfen und dann hätten wir verhindern können, dass das so ausartet. Ändern kann man an der Vergangenheit jetzt auch nichts mehr. Ich bin nur froh, dass sich meine kleine Schwester uns gegenüber doch noch geöffnet hat. Man kann ihr deutlich ansehen, dass ihr das extrem schwer gefallen ist.

Außerdem war ich sehr geschockt, als im Behandlungsraum die Schnitte an ihrem Unterarm gesehen habe. Wir müssen uns darüber noch einmal unterhalten beziehungsweise soll sich Tiana mit Dr. Becker darüber unterhalten. Ich habe ihn bereits in Kenntnis gesetzt, was passiert ist. Vor allem, dass sich Tia selbst verletzt hat. Man kann das nämlich nicht einfach so auf die leichte Schulter nehmen. Was passiert, wenn sie sich mal zu tief in den Arm schneidet? Dieses Risiko dürfen wir einfach nicht eingehen. Zudem ist das kein gesundes Verhalten. Man fügt sich nicht absichtlich Schmerzen zu.

Langsam mache ich mich fertig, um Herrn Schelling, den Direktor der Schule, zu treffen. Dieses Verhalten der Mitschüler geht absolut nicht und ich werde dafür sorgen, dass sich alle Schüler dafür verantworten müssen. Außerdem habe ich mich mit Arian und Levin darüber unterhalten. Wir sind alle zu dem Entschluss gekommen, Viktoria und die anderen Schüler, die Tia verletzt haben, wegen Körperverletzung anzuzeigen.

Ich knöpfe mir noch schnell mein weiße Hemd zu, bevor ich noch ein Glas Wasser trinke und meiner Schwester bescheid gebe, dass ich jetzt aufbreche. Tiana ist trotzdem nicht alleine zu Hause. Zum Glück ist noch Arian hier. Ich will sie zum jetzigen Zeitpunkt einfach nicht alleine lassen.

„Guten Tag, Herr Schelling." reiche ich den Direktor der Schule meine Hand. „Grüß Gott, lassen Sie uns doch in mein Büro gehen." meint Herr Schelling förmlich und läuft gefolgt von mir in sein Büro. „Mein Sekretärin hat mir berichtet, dass Sie einen Termin mit mir wollten. Wie kann ich Ihnen denn weiterhelfen?" fragt er. „Ich muss leider sagen, dass mich keine schönen Umstände hier her gebracht haben. Tiana kam letztens verletzt nach Hause beziehungsweise ist sie eher von der Schule mitten am Tag nach Hause geflüchtet. Die Schule hat mich über ihr Verschwinden informiert, da alle ihre Sachen noch hier waren. Natürlich habe ich mir gleich Sorgen gemacht. Nach so einem Anruf ist das auch verständlich. Wie dem auch sei. Tiana war glücklicherweise zu Hause, aber ihr Anblick hat mich schockiert. Sie hat Verletzungen am ganzen Körper. Ihr Gesicht ist übersäht von Hämatomen, genauso wie ihr Abdomen. Nach langem Zureden hat sie mir dann mitgeteilt, dass eine gewisse Viktoria und andere Mitschüler sie auf den Toiletten festgehalten haben und sie geschlagen haben. Außerdem hat sie berichtet, dass Tiana schon länger Probleme mit ihnen hat." halte ich meinen Monolog. Der Direktor scheint mir aufmerksam zu folgen. „Wissen Sie wie die anderen Schüler, die Tiana geschlagen haben, noch heißen?" fragt er mich.

Daraufhin zähle ich die Namen auf, die mir Tia vorhin noch gesagt hat. Er schreibt sich alles sorgfältig auf. „Nun gut. Natürlich wird es Konsequenzen für diese Schüler haben, sofern sich mit dem auch etwas zu tun haben. Sie verstehen hoffentlich, dass ich dem zuerst noch nachgehen muss." meint Herr Schelling. „Natürlich verstehe ich das. Tiana hat mittlerweile solch eine Angst, dass sie nicht mehr in die Schule gehen will. Ich bin am Überlegen, ob ein Schulwechsel nicht sinnvoller wäre. Ich hoffe, Sie verstehen meine Bedenken."

Ein Schulwechsel würde nicht nur bedeuten, dass Tia eine andere Schule besuchen wird, sondern auch, dass diese Privatschule zukünftig keine Spenden mehr von mir erhalten wird. Schulen sind meistens auf die Spendengelder angewiesen, genauso wie eben diese auch. „Dr. Hoffmann, ich kann Sie nur bitten, diese Entscheidung noch einmal zu überdenken. Wir wollen Tiana hier an dieser Schule nicht verlieren. Ich werde mich mit den Schülern und deren Eltern so schnell wie möglich in Verbindung setzen und zu Ihnen dann wieder zurückkommen. Wollen wir so verbleiben?" richtet sich der Direktor an mich. „Wir können so verbleiben. Allerdings wird Tiana so lange diese Schüler noch hier auf der Schule sind nicht zurückkommen." sage ich eindringlich.

Nach einer kurzen Verabschiedung, befinde ich mich wieder auf dem Heimweg. Ich glaube, Tiana ist gar nicht bewusst, wie viel Einfluss wir haben. Wir verdienen alle nicht schlecht und Geld löst bekanntlich viele Probleme. Vielleicht ist es aber auch besser so, dass Tia das nicht weiß, denn ich werde sie nicht aus Problemen herausholen, wo sie sich falsch verhalten hat. Wenn sie Mist baut, muss sie auch dafür geradestehen. 

Twisted Life   (Big Brother Story)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt