Etienne - My Brother and Burden

Silvester

Während Mat mit Noel draußen eine rauchen ist, stehe ich hier mit Milo und diesem Lukas - nicht gerade die beste Gesellschaft. "Du wohnst jetzt hier?", fragt er mich und ich nicke. "Vorübergehend ja", bestätige ich und nehme einen großen Schluck Sekt. "Und warum?", hakt er nach. "Weil wir das so entschieden haben", greift Milo zu meiner Überraschung ein, was Lukas für eine kurze Zeit verstummen lässt. 

Milo wird von einem anderen Typen, der angetrunken zu sein scheint, angetanzt und ist für kurze Zeit abgelenkt, sodass Lukas einen Schritt näher auf mich zukommt. "Von allen Frauen hier, bist du mit Abstand die schönste", grinst er. Ich lächle verlegen, sage aber nichts. Es ist nicht so, als könnte ich mich nicht wehren, aber ich weiß nicht, wer diese Leute sind und inwiefern hier wer zusammen gehört, deshalb möchte ich keinen unnötigen Ärger machen. Ich sehe mich verzweifelt nach Lenny um, doch der erzählt gerade drei anderen irgendeine Geschichte und sie kleben an seinen Lippen. Selbst wenn ich seinen Namen durch den ganzen Raum rufen würde, würde es es nicht mitbekommen. 

Lukas steht mittlerweile direkt neben mir. "Zeig mir doch mal dein Zimmer hier", murmelt er und trinkt sein Glas leer. "Lass sie in Ruhe", herrscht Milo ihn an, der den betrunkenen Antänzer abschütteln konnte und zieht mich ein Stück zu sich. "Wenn sie in Ruhe gelassen werden will, kann sie mir das sicher selbst sagen", provoziert Lukas. "Lass mich in Ruhe" Die Worte kommen einzeln, langsam und sehr deutlich aus meinem Mund. Für wenige Sekunden ist es ruhig, doch dann beginnt Lukas herzhaft zu lachen. Er hebt die Hände hoch und macht einen Schritt zurück. 

"Ist doch alles gut, war doch nur Spaß.", lacht er weiter. "Gibt's hier ein Problem?", in dem Moment taucht Mat hinter mir auf und legt seine Hand auf meine Taille. "Überhaupt nicht", antwortet Lukas. "Wir scherzen nur" Dieser Typ ist so merkwürdig und unangenehm. 

Der restliche Abend verläuft ohne weitere Vorkommnisse. Lukas verschwindet zu einigen anderen, die ein Kartenspiel spielen, bei dem man nach ungefähr jeder gelegten Karte einen Shot trinken muss. Es wird Bier Pong gespielt, geredet und ausgelassen getanzt. Während ich mich umsehe, wird mir klar, wie sehr ich meine Freunde vermisse. Lenny, Vito, Jasper, Steph und ich waren das beste Team mit den besten Silvesterpartys überhaupt. Ob wir im kommenden Jahr wohl wieder zusammen feiern werden? Steph und Jasper feiern auf jeden Fall zusammen. Vito ist mal hier und mal da, der kleine Streuner. Da wo das Gras ist, da geht es ihm gut. 

"Ich finde ja die Tage zwischen Weihnachten und Silvester so komisch, ich weiß nie, was ich da machen soll", erzählt Lou mir, die ich eben gerade kennengelernt habe. "Geht mir genau so", stimme ich mit ein und freue mich, dass Lou so sympathisch ist. Wir haben uns beide etwas zu trinken geholt und sind fast ineinander gelaufen, so entstand unser Gespräch. "Wen kennst du denn hier auf der Party?", frage ich, um sie einordnen zu können. "Ich kenne Mat und Jason ganz gut, aber eigentlich kenne ich hier alle ein bisschen, mit wem bist du hier?" Ich würde zu gerne wissen, woher sie die beiden kennt, aber die Frage würde vermutlich komisch wirken. "Mit Mat", sage ich bloß. "Cool. Seid ihr zusammen?" Wow, vielleicht hätte ich meine Frage doch stellen können, so direkt wie sie ist. "Naja, nicht offiziell", versuche ich zu erklären und sie grinst. "Verstehe schon... Mit Typen wie Mat ist es nie *offiziell*" Das gibt mir einen gewaltigen Dämpfer und ich bemühe mich, mein Lächeln aufrecht zu halten. "Entschuldige mich, ich bin gleich wieder da", antworte ich bloß. 

In der Küche ist gerade niemand und so kann ich für einen kurzen Moment durchatmen. Ich starre auf den Becher in meiner Hand und drehe ihn hin und her, bis ich ihn komplett austrinke. "Ich hoffe, du trinkst nicht jeden Becher so schnell aus, sonst kann ich dich vor Mitternacht ins Bett bringen" Mat betritt die Küche und verschränkt seine Arme. Ich lächle bloß. "Ich habe dich mit Lou sprechen sehen, versteht ihr euch?" 

"Ja, sie ist echt nett. Woher kennt ihr euch?", frage ich. Ich lehne mich gegen den Esstisch und Mat stellt sich vor mich. "Ach, von irgendwelchen Partys. Wir waren öfter auf den selben eingeladen und irgendwie ist daraus eine Bekanntschaft entstanden" Ich nicke bloß und er lächelt. "Da lief nie was, falls du darauf hinaus möchtest. Ich habe keinen Kontakt zu ihr, wie gesagt, man sieht sich 1-2 Mal im Jahr auf einer Party" Ich bin schon erleichtert, aber das sage ich ihm nicht. 

"Hast du schon eine Runde Bier Pong gespielt?", versuche ich das Gespräch umzulenken und er schüttelt den Kopf. "Ich auch nicht, es wird höchste Zeit", lächle ich. Als ich aufstehen will, kommt er noch ein Stück näher. "Hat Lukas vorhin etwas zu dir gesagt?" Das Thema hatte ich beinahe verdrängt. "Sagen wir es so: Er hat seine Grenzen ausgetestet." 

"Und du hast ihm seine Grenzen aufgezeigt?" Er streicht mir eine Haarsträhne hinters Ohr. "Habe ich - und Milo überraschenderweise auch." Zufrieden lächelt er mich an. "Gut", sagt er bloß. "Ach ja?", frage ich. "Ja, du gehörst mir, Julie" Ich wusste nicht, wie sehr ich mich nach diesen Worten gesehnt habe, bis er sie endlich wieder ausgesprochen hatte. Er kommt näher und flüstert mir ins Ohr "Sag es". Es kribbelt an meinem ganze Körper. "Ich gehöre dir" 

Er küsst mich auf den Mund, seine Hand in meinem Nacken. Er hebt mich auf den Tisch und drängt mit seinen Beinen meine auseinander, sodass er direkt vor mir steht. Wir küssen uns und seine Hand gleitet an meinen Po. Diesmal wird nicht er derjenige sein, der das ganze Unterbricht. Ich fahre seinen Hals entlang bis zu seinem Ohr. "Wetten, ich gewinne in Bier Pong" Er lacht leise auf. "Um was wetten wir?"