Mitbewohner

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Nachdem ich meine Klamotten in den Schrank sortiert habe, knurrt mein Magen. Den Rest werde ich morgen auspacken. Ich laufe runter in die Küche, aus der Stimmen zu hören sind. Parker und Milo sitzen am Tisch und essen Pizza. "Hey", sage ich. "Stört es euch, wenn ich mir hier kurz etwas zu essen mache?" Parker schüttelt den Kopf. "Nein, komm ruhig rein, Mitbewohnerin.", grinst er.

"Ist es für euch auch so komisch, wie für mich?", frage ich, als ich in den Kühlschrank schaue. Die Jungs sind chaotisch, keine Frage, aber sauber. Keine ekligen Rückstände von undefinierbarem Essen und kein Schimmel. Auch wenn ab und zu eine Reinigungskraft vorbei kommt, halten sie trotzdem alles ordentlich und gepflegt. "Ein wenig", antwortet Parker mit vollem Mund. "Und du Milo? Hältst du es mit mir unter einem Dach aus?", frage ich. Ich habe mir überlegt, bei ihm einfach mal auf Angriff zu gehen, statt immer in die Defensive. "Wohne ja nur halb hier, das passt schon", brummt dieser Arsch.

Ich schmiere mir ein Brot, denn um mir etwas zu kochen, fehlt mir eindeutig die Energie. Als ich den Teller in die Hand nehme und Richtung Tür laufe, höre ich ein leises "Du kannst ruhig hier essen." Irritiert drehe ich mich um. Hat Milo das gerade etwa gesagt? "Ich?", frage ich nach, um ihn ein wenig zu provozieren. "Wer sonst?" Vermutlich bereut er gerade wieder, das gesagt zu haben. "Danke"

Sie unterhalten sich über ihr Training und was morgen alles ansteht, dann über Fußball und ich sitze eine Weile stumm daneben und kaue auf meinem Brot herum.

"Wisst ihr, wo Mat ist?", frage ich in einem ruhigen Moment. Beide sehen sich an. "Keine Ahnung", sagt Parker achselzuckend. "Er macht das in letzter Zeit öfter. Ein, zweimal die Woche hat er irgendeinen privaten Termin, keine Ahnung", erklärt Milo. "So, ich muss mich auf den Weg machen", verkündet er im Anschluss und steht auf. Auch Parker steht auf, räumt die Kartons weg und spült die übrigen Sachen ab. "Soll ich deinen Teller auch spülen?", fragt er und ich reiche ihm den Teller dankend. Ich schnappe mir das Spültuch und trockne die Sachen ab, die er mir anreicht. "Das klappt doch gut, dieses WG-Leben", lächelt er. Ich schmunzle. "Ja. Ich bin froh, dass sogar Milo mich einigermaßen aufnimmt, anfangs hatte ich Sorge... auch weil ich weiß, dass Mat und du euch viel gestritten habt." Dieses Kapitel gab es ja auch noch in den vergangenen Monaten...

"Mat und ich verstehen uns gut, das ist alles Schnee von gestern...", winkt er ab.

Ich mache es mir in meinem neuen Zimmer richtig bequem. Es stehen noch zwei Kartons herum, aber das stört mich nicht. Als ich mich hinlege, die riesige Decke über mir ausbreite, spüre ich erst einmal, wie müde ich bin. Doch das Einschlafen fällt mir schwer. Alles ist noch so neu und ungewohnt für mich. Ich schalte die Nachttischlampe erneut ein und suche ein Buch in den übrigen Kartons. Ich habe lange nicht mehr gelesen, aber es hat mir immer geholfen, irgendwann einzuschlafen.

Vertieft in mein Buch merke ich gar nicht, wie die Zeit verfliegt. Irgendwann klopft es an meiner Tür. "Herein", antworte ich mit müder stimme. Es ist Mat. Er trägt eine dicken Pullover und stülpt mit beiden Händen die Kapuze von seinem Kopf, als er hereinkommt. "Du schläfst ja noch gar nicht.", stellt er mit leiser Stimme fest. "Wie spät ist es denn?", frage ich. Keine Ahnung, wo mein Handy ist... irgendwo begraben unter dieser Decke. "Es ist 1 Uhr.", antwortet er. "Oh, ich habe gelesen und die Zeit vergessen."

Er sieht sich um. "Fühlst du dich wohl?" Dann setzt er sich an den Bettrand. "Ja, es ist nur ungewohnt hier.", gestehe ich. Er nimmt meine Hand. Seine Kleidung strahlt Kälte aus, er muss eben erst nach Hause gekommen sein, doch seine Hand ist schön warm. "Ich würde zu gerne wissen, wo du warst", gestehe ich. Vermutlich hat auch das mich nicht schlafen lassen. Er schüttelt den Kopf. "Das kann ich dir noch nicht verraten, vielleicht irgendwann."

"Ich wollte nur kurz nach dir sehen, weil ich bemerkt habe, dass bei dir noch Licht brennt.", erklärt er weiter. "Versuch zu schlafen und wenn du es nicht kannst, komm zu mir." Ist ja nicht so, als würde ich nicht am liebsten sofort mit zu ihm. "Dann würde Milo recht behalten und ich würde jeden Abend bei dir schlafen, bring mich nicht in Versuchung", scherze ich.

"Gibt schlimmeres", antwortet er, während er wieder aufsteht. "Aber hör' nicht auf ihn, der kriegt sich schon irgendwann wieder ein."

"Ich glaube, er ist schon dabei, sich wieder einzukriegen", berichte ich. "Er hat mir heute angeboten, mit ihm und Parker zu essen." Mat macht große Augen. "Das ist ja wie eine Einladung vom Präsident höchst persönlich", spottet er und ich muss lachen. "Ja, ein Wunder, dass er sich mit dem Fußvolk wie mir abgeben möchte."

Kurz ist es still. "Schlaf gut, Julie", sagt er dann und geht in Richtung Tür. "Schlaf du auch gut, Matthy", sage ich, nur um sein gespielt genervtes Gesicht noch einmal zu sehen. "Es ist zu spät für Ärger, allerdings lasse ich das nicht auf mir sitzen."

Etienne - My Brother and BurdenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt