Abschied

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Nachdem wir alle zusammen an einem Tisch saßen und gegessen haben, sind Lenny und Steph nach Hause gefahren. Sie werden heute bei Jasper übernachten und haben mich gefragt, ob mitkommen möchte. Ich sagte, dass ich eventuell nachkommen würde.

Mat und ich räumen seit einer Weile die Küche auf - und das stumm. Keiner von uns hat bisher ein Wort gesagt, was meinen Puls stetig in die Höhe treibt. 

"Danke.", sagt Mat, als er an mir vorbei zum Spültuch greift. "Wofür?"

"Dafür, dass du mich heute aufgehalten hast. Ich weiß zwar nicht, ob du es getan hast, weil du deinen Bruder nicht verlieren willst oder..." "Um dich zu schützen.", falle ich ihm ins Wort. Wir halten einen Moment Blickkontakt, bis er ihn abbricht und sich von mir weg dreht. 

"Meinst du, er hat die Wahrheit gesagt und weiß, wo deine Schwester ist?", frage ich vorsichtig. "Niemand kennt die Verbindung zwischen uns. Sie hat einen anderen Nachnamen, also denke ich, dass er zumindest etwas weiß..." Ich frage mich, ob Etienne etwas mit dem Verschwinden von Mats Schwester zu tun hat... Das Thema ist ihm sichtlich unangenehm, deshalb frage ich lieber nicht weiter und mache mir meine eigenen Gedanken dazu. 

"Wieso wissen die anderen nicht, was geschehen ist und dass wir... nicht mehr zusammen sind?", frage ich. Das Essen mit allen lief viel entspannter, als ich dachte. Keiner schien sauer auf mich zu sein. 

"Weil es so einfacher ist. Wir können das aufklären, wenn wir das alles hinter uns haben..." Er stellt den trockenen Teller auf dem Esstisch ab und nimmt den nächsten. "Klar.", sage ich mit gefasster Stimme. 

"Ich sollte mich jetzt auf den Weg zu den anderen machen.", sage ich ohne ihn anzusehen und nehme meine Jacke vom Stuhl. "Julie...", seufzt er. "Ja?", frage ich und sehe ihm direkt in die Augen. 

"Wenn du willst, dass die anderen es vorher schon erfahren, dann sage ich es ihnen." Ich presse die Lippen fest aufeinander und überlege einen Moment. Es ist nicht, dass sie denken, wir wären noch ein Paar. Es ist vielmehr, dass ich mir wünsche, sie hätten recht damit. 

"Nein, du hast vermutlich recht. Es ist einfacher so...", doch als ich mich umdrehen und gehen will, hält er meine Hand fest. "Ich lasse dich sicher nicht alleine gehen, es ist mitten in der Nacht." Seinen Blick kenne ich nur zu gut, reden ist da zwecklos. 

"Ich würde dir auch anbieten, hier zu übernachten, aber ich denke, das willst du nicht." 

"Du tust so, als würde ich das alles wollen. Als wäre es meine Entscheidung, dass wir nicht mehr zusammen sind." Ich löse meine Hand von der seinen. "Nein, aber wir sind beide daran schuld. Du bist genauso schuld daran, wie ich es bin." 

"Glaubst du denn, das weiß ich nicht? Ich war so verzweifelt und nun ist da nur noch eins: Reue. Ich halte es in diesem Haus fast nicht aus, weil ich mich selbst nicht wiedererkenne. Ich will in deiner Nähe sein und dann bin ich in deiner Nähe und fühle mich so elendig, weil die Schuldgefühle hochkommen.", plappere ich los. 

"Ich sehe, dass du verletzt bist und so ruhig damit umgehst und will, dass du mich anschreist und wütend bist, so wie vorher. Dass du hier so ruhig stehst, zeig mir in jeder Sekunde, wie sehr ich dich wirklich verletzt habe. So sehr, dass du nicht einmal sauer auf mich sein kannst." Heiße Tränen laufen mir über die Wange. 

Mat stützt sich auf dem Esstisch ab und senkt seinen Kopf. "Ich habe auch keine Ahnung, wie wir mit der Situation umgehen sollen, Julie. Wenn du das nicht kannst, mit mir zusammen arbeiten meine ich, dann sag mir das."

"Keine Ahnung, ob ich das kann oder nicht. Das ist mir gerade alles zu viel. Ich gehe jetzt..." Er will gerade etwas erwidern, doch da stürme ich schon zur Tür hinaus. Er wird ja wohl kaum hinter mir her rennen...

Etienne - My Brother and BurdenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt