genialer Plan?

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Ich gehe krampfhaft Mats Zimmer durch. In dem Büro wird der Schlüssel nicht sein. Er würde die Informationen über das Schließfach und den dazugehörigen Schlüssel nicht zusammen in einem Raum aufbwahren. Dann muss der Schlüssel sich in seinem Zimmer befinden, denn sonstwo würde er ihn nicht verstecken, damit die anderen ihn nicht aus was für Gründen auch immer nehmen oder er verschwindet.

Als ich die das zweite oder dritte Mal bei ihm war, habe ich mich neugierig in seinem Zimmer umgesehen, jedoch ohne dass mir ein Schlüssel aufgefallen wäre. Mat besitzt nicht viele Schubladen, Kommoden und Schränke, wo er so etwas aufbewahren könnte. Er könnte unter seinem Bett sein oder...

Dann trifft es mich wie ein Schlag. "Die Wohnung.", rufe ich laut aus. Der Schlüssel ist bestimmt in seiner Wohnung. So weit weg wie möglich von den Informationen und nur für ihn zugänglich.

Das bedeutet, ich muss so schnell wie möglich nochmal in seine Wohnung und dort nach dem Schlüssel suchen. Wenn er merkt, dass ich den Zettel mitgenommen habe, wird er den Schlüssel so schnell wie möglich woanders hinbringen. Hoffentlich hat er es nicht schon bemerkt.

Ich sollte mich bereits heute Abend auf den Weg dahin machen und morgen früh zu dem Schließfach fahren. Ich weiß nur noch nicht, wie ich in die Wohnung kommen soll. Durch die Haustür jedenfalls nicht, die ist so dick und gesichert wie eine Bunkertür.

Zur Not werde ich ein Fenster einwerfen, ich kann mich nämlich an keine Alarmanlage erinnern.

"Jetzt werde ich schon zur Einbrecherin.", seufze ich und schließe ein wenig die Augen. Schließlich steht mir ein anstrengender Abend bevor.

Mein Wecker holt mich ziemlich unsanft gegen 18 Uhr auf dem Schlaf. Ich habe den ganzen Nachmittag geschlafen, geplagt von seltsamen Träumen. Der letzte handelte davon, wie Mat sich in eine riesige Spinne verwandelte und im anderen Moment unsere Wohnung brannte. Ein Traumdeuter hätte sicher Spaß an diesen Streichen meines Gehirns.

Ich zog mir eine schwarze Jeans und einen schwarzen Pullover an, bindete mir die Haare zu einem Knoten und zog die Kapuze drüber. Dann betrachette ich mich im Spiegel. "Wie eine Blinders.", stellte ich fest. Würde mir so jemand auf am Abend begegnen, würde ich Straßenseite wechseln.

Die Wohnung war ziemlich abgelegen, doch ich hatte mir auch darüber bereits Gedanken gemacht. Ich würde mit der Bahn bis zur Endstation fahren und von dort zwei Kilometer laufen. Das war umständlich und anstrengend, doch ich wollte ungern Smalltalk mit einem Taxifahrer führen, wieso ich in so einem Outfit bis an den Stadtrand in eine gute Gegend fahre. Er würde mich wohlmöglich absetzen und sofort die Polizei rufen.

Während der Fahrt, die ungefähr 50 Minuten dauerte, schaute ich raus in die Ferne und betrachtete die Lichter, die die Straßen erhellten. In manchen Fenstern standen Weihnachtsmänner, andere waren vollständig durch bunte Lichterketten beleuchtet. Ich kam bisher noch gar nicht auf den Gedanken, unsere Wohnung zu schmücken, obwohl ich es sonst gern tat.

Je näher die Endhaltestelle rückte, desto aufgeregter wurde ich. Doch da war wieder dieses Gefühl, das mir sagte, es sei das Richtige. "Hoffentlich täuscht du dich nicht.", flüsterte ich mir selbst zu.

Die zwei Kilometer dauerten eine halbe Ewigkeit und als ich an der Wohnung ankam, wurde mir Flau im Magen. Da war ich also, bereit in die Wohnung meines Ex-Freundes einzubrechen. Ich war sicher nicht die einzige Ex-Freundin, die sowas machte, doch war meine Intention eine andere als normamlerweise.

Ich atmete tief ein und wieder aus, dann näherte ich mich dem Eingang. Rund herum war alles dunkel, was es mir erleichterte, mich unauffällig zu nähern. Ich hoffe inständig, dass kein Nachbar vorbeikommt.

Ich suchte die Gegend um den Eingang herum ab, vielleicht befindet sich hier ja irgendwo ein Ersatzschlüssel. Der Gedanke daran, dass Mat so ein Typ ist, der einen Schlüssel nah an seiner neu erworbenen Wohnung in so einer Gegend aufbewahrt, am besten unter einem Fake-Stein, brachte mich zum Schmunzeln. Das hier passte einfach nicht zu ihm.

Kein Schlüssel weit und breit - wie ich es mir schon dachte. Ich schlich um das Gebäude herum, alle Fenster waren geschlossen, vor einigen war ein Rollo. Diese Fenster würde ich nicht aufbekommen, denn ich hatte keine Ahnung, wie man so ein Fenster gewaltsam öffnet. Es musste doch einen anderen weg geben...

Plötzlich entdeckte ich ein kleines Kellerfenster. Es war weder gesichert, noch sah es widerspenstig aus. Es war gerade so groß, dass ich durchrutschen könnte, sofern ich die Luft anhalte und meinen Kopf schief lege. Sollte ich jedoch stecken bleiben, wäre das sehr unangenehm.

Ich ging näher heran und sah, dass die Isolierung rissig war. Ich zog sie ab, half mit einem Messer nach und sah einen Spalt zwischen Fenster und Rahmen. Perfekt, jetzt muss ich nur noch wissen, was ich als nächstes tun muss. Ich war drauf und dran zu googlen.

Ich versuchte, mit dem Messer dazwischen zu gelangen, was nach einiger Zeit klappte. Ich rüttelte dran herum, doch nichts passierte. Ich zog das Messer wieder raus und versuchte es an einer anderen Stelle, doch wieder nichts.

"Das muss doch irgendwie gehen.", seufzte ich verzweifelt. Dann versuchte ich es erneut ganz dicht am Schloss, versuchte das Messer dazwischen zu drücken und machte ein klackendes Geräusch. "Oh mein Gott, ich habs geschafft.", rief ich, wenn auch leise, aus. Nicht, dass ich nicht an mich selbsst geglaubt hatte...

Jetzt muss ich nur noch dadurch passen. Meinen Pullover und auch andere Sachen, die ich loswerden konnte, warf ich durch das offene Fenster. Ich robbte rückwärts an das Fenster und versuchte mich durch dieses hindurch in den Keller fallen zu lassen. Ich kam mit meinen Hüften genau an beide Ränder und bekam kurz panik. Durch leichtes hin und her wackeln rutschte ich dann aber doch durch und fiel unsanft zu Boden.

Etienne - My Brother and BurdenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt