1 - Pizza oder Pasta?

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„Jaaahaaa! Genau so. Durchparieren zum Schritt, Pause, Loben! Ich bau 3 Loch höher und dann das ganze noch einmal." Außer Puste lasse ich die Zügel meiner Schimmelstute Celine lang und klopfe ihren Hals, als ich sie zum Schritt durchpariere. Da sag nochmal einer Reiten sei kein Sport. Entspannt und zufrieden schnaubend dreht meine Stute ihre Runden im Schritt durch die Halle. Bei jedem Ausatmen sieht man eine kleine Rauchwolke aus ihren Nüstern aufsteigen. Es ist Ende November und eisig kalt hier in München, bestimmt unter 0 Grad, Schnee gab es aber noch keinen. „So, Pacour ist dir klar?" fragt mein Trainer mich. Ich nicke und fokussiere mich wieder auf die Sprünge in der Halle, welche mittlerweile gut 1,25 m hoch sind. „Gut, Zügel aufnehmen, angaloppieren. Und halt sie direkt bei dir im Galopp. Rhythmus Giulia, Rhythmus!" Ich nehme die Braunen Lederzügel meiner Stute wieder auf, noch einmal gehe ich in Gedanken den Pacour durch, ehe ich mein linkes Bein ein Stück zurück nehme und meine sensible Stute sofort angaloppiert. „Reiten Giulia, reiten" denke ich mir nur, als ich den ersten Sprung anreite. Die Höhe ist für mich kein Problem mehr, ich weiß genau, dass meine Celine immer auf die andere Seite möchte. Eher die Distanz zum Absprung und das Tempo im Galopp sind Feinheiten an denen wir vor großen Turnieren arbeiten. Genau so ist es auch in der heutigen Springstunde der Fall. Die ersten vier Hindernisse haben wir bereits überwunden, als ich abwende und auf eine Kombination aus drei kurz aufeinander folgenden Sprüngen anreite. Beim ersten Sprung musste Celine mich retten, aber den restlichen Pacour beenden wir mit Bravour. „Perfekt, Feierabend für heute. Das war wirklich gut Giulia, so kommt ihr am Wochenende da locker durch." grinst mein Trainer mich an, eher er die Reithalle verlässt. „Gut gemacht!" lobe ich die Schimmelstute, ehe ich sie noch einige Runden am langen Zügel traben lasse und mir dann im Schritt ihre Decke schnappe und sie so noch eine Weile Schritt reite. Als ich mein Handy aus meiner Jackentasche hole, sehe ich, dass meine Beste Freundin Emma mich angerufen hat. Wir sind schon seit dem Kindergarten befreundet. Schnell suche ich ihren Kontakt in meinem Handy und rufe sie zurück. „Meine Güte Giulia, ich hab mir Sorgen gemacht. Wo verdammt bist du?" klingt ihre Stimme durch mein Handy in mein Ohr. Leicht beginne ich zu Lachen. „Dir auch einen wunderschönen Guten Morgen, Em. Mir gehts gut, danke der Nachfrage. Dreimal darfst du raten, wo ich bin." „Beim Pferd?" fragt Em nach. „Naja, eher auf dem Pferd", lache ich. „Was gibts denn?" Frage ich sie anschließend. „Oh, haha. Ich wollte fragen, ob wir heute Abend zusammen kochen wollen? So ein schöner Mädelsabend? Mit Mai?" fragt Em. Ich kann ihr grinsen förmlich sehen durchs Telefon. „Ja klar. Bei mir? Dann geh ich gleich nachm Stall fix einkaufen?" schlage ich vor. „Mega, Ja." „Pizza oder Pasta?" Frage ich. „Oder vielleicht was Nicht-Italienisches?" lacht Emma. „Pizza oder Pasta?" Wiederhole ich meine Frage lachend. „Pizza! Ich sag Mai Bescheid. Wir sind dann um 19 Uhr bei dir und gib Celine ein Möhrchen von mir." lacht Emma. „Okay, mach ich. Bis später" verabschiede ich mich ehe ich mein Handy zurück in die Jackentasche gleiten lasse und Celine über den Hals streichle. Sofort bleibt diese stehen und dreht ihren Kopf in meine Richtung. Lächelnd streiche ich über ihre Stirn und steige daraufhin ab, nur um sie dann vom Boden noch einmal ausgiebig zu kuscheln. Ich gebe meine Steigbügel hoch und führe Celine aus der Halle. Dort befreie ich ihre Hufe und Beine vom Sand, ehe wir in die Stallgasse gehen. Dort trense und sattele ich sie ab und binde sie unter dem Solarium an. Per Knopfdruck bestätige ich das rote Licht und gönne meiner Stute eine Runde Wellness, während ich ihr und mein Zeug verräume und ihr Futter für heute Abend vorbereite. Wie versprochen bringe ich ihr eine Möhre von Emma auf dem Rückweg mit, welche sie genüsslich kaut. Kurz geselle ich mich zu Celine unter das warme Licht, was sie sich als Sportlerin verdient hat. Auch mir tut die Wärme gut. Nach ein paar Minuten geht das Solarium automatisch aus, ich ziehe Celine wieder ihre dicke Decke an und bringe sie auf ihr Paddock, wo sie bis heute Abend die Sonne genießen darf. Ich schwinge mich in mein Auto und düse los in Richtung München zum einkaufen. Es ist grade mal 12 Uhr an einem Dienstag, also wird nicht all zu viel los sein.

Was machst du nur mit mir? | Leon GoretzkaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt