13 - Kommando zurück

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Auf der Rückfahrt rufe ich Emma zurück. „Ey Giulia, sag mal, wieso gehst du denn nicht ran?" empört nimmt Em am Telefon ab. „Sorry, war zu langsam." „Wie war dein Date?" fragt die Blonde nun aufgeregt. „Es ist kein Date." wiederhole ich mich zum tausendsten Mal und verdrehe genervt die Augen. „Mir egal, ich nenn's so. Also wie wars?" löchert meine beste Freundin mich weiter. „Es war nett, bis... ich ihn nach Hause gebracht habe grade." druckse ich herum, Em wird ausrasten wenn sie erfährt, was fast passiert wäre. Wollte Leon mich küssen? Viel wichtiger, wollte ich ihn küssen? „Was ist passiert, hört sich nicht so rosig an?" fragt sie nun nach. „Naja, wir haben Essen bestellt und was geguckt. Haben viel gequatscht und uns besser kennen gelernt und naja, ich hatte ihn ja heute Mittag abgeholt und grade wieder heim gefahren. Als er aussteigen wollte, naja, da..." weiter komme ich gar nicht, da Em mich quietschend unterbricht. „Jesus Maria, er hat dich geküsst! Serge, Leon hat Lia geküsst!" ruft sie erst aufgeregt mir, dann Serge zu, der wohl noch bei ihr ist. Ich bin mir sicher sie springt wie ein Duracell-Hase durch ihre Wohnung. „Em, halt den Rand. Genau eben nicht, wir hätten uns nur fast geküsst oder so." hole ich sie von ihrem Höhenflug runter. „Kommando zurück, es wurde doch nicht geknutscht." gibt sie die Information an den Fußballer in ihrer Wohnung weiter. Im Hintergrund nehme ich so etwas wie ein ‚Schade' war und verdrehe wieder mal nur die Augen. „Schade, und wie kam es zu dem Fast-Kuss? Und warum nur Fast?" durchbohrt die Blondine mich nun wieder. Ausfragen war schon immer Em's liebstes Hobby gewesen, vor allem, wenn es um Jungs geht. „Ja wir wollten uns halt voneinander verabschieden. Ich hab wieder geplappert, bevor ich gedacht hab. Er meinte es war ein schöner Abend, ich hab ihm zugestimmt und gesagt ich mag ihn. Ich mag ihn ja auch, aber ich glaub er hat das falsch aufgefasst irgendwie. Wie gesagt ich mag ihn, aber doch nicht so, ich will keinen Freund. Einen besten Freund, okay. Aber keinen Freund Freund. Die Scheiße mit Timon hat mir echt gereicht. Jedenfalls wurden wir unterbrochen, weil jemand mir ständig hinterher telefonieren muss." beende ich meine Geschichte und winke, statt mit dem Pfahl, direkt mit dem ganzen Zaun in Emmas Richtung. Soll sie ruhig ein schlechtes Gewissen haben. „Sorry, tut mir leid. War wirklich nicht mit Absicht." entschuldigt diese sich sofort. „Ist besser so." murmle ich nun vor mich hin, während ich mein Auto parke und es ausschalte. „Pass auf Süße, du schläfst jetzt erstmal ne Nacht drüber und arbeitest morgen schön alles auf deinen To-Do's ab. Ich finde in der Zeit raus, was in Leon's hübschen Köpfchen vor geht und wir reden morgen nochmal, in Ordnung? Und denk immer dran, Leon ist nicht Timon." schlägt Em vor. Timon ist mein Ex und sagen wir es so, gut ging es mir in der Beziehung nicht. Wir haben uns getrennt, kurz bevor ich nach München gezogen bin, das ist jetzt ein knappes Jahr her. Emma muss sich mittlerweile neben Serge gesetzt haben, da ich ihn nun klar und deutlich verstehen kann. „Guck mich nicht so an, ich will nicht Spion spielen." jammert der Stürmer. „Na gut, gewonnen. Giulia, ich schreib dir morgen. Leon hat erzählt, du kommst die Tage mal mit zum Training?" wendet er sich nun an mich. „Ja, so war die Abmachung." bestätige ich ihn. „Okay, ich quatsch morgen mal mit Leon. Vielleicht kommt er ja doch von alleine zu mir. Wenn nicht zu mir, dann zu einem von den anderen. Schlaf gut, wir sehen uns" ich verabschiede mich auch noch von Emma und lege auf. ‚Hey, bin gut angekommen :)' schreibe ich Leon, ehe ich hoch in meine Wohnung gehe. Dort mache ich mich schnell bettfertig und kuschele mich dann in mein Bett. ‚Da bin ich beruhigt, schläfst du jetzt?' hat Leon mir geschrieben. ‚Weiß nicht, bin schon müde. Muss morgen früh raus, arbeiten und so' antworte ich und gehe auf Instagram. Darin werde ich aber unterbrochen, als Leon mich kurzerhand anruft. „Alles gut?" frage ich besorgt. Es ist mitten in der Nacht, eigentlich sollte man schlafen. „Ja, ich hab nur keine Lust auf die ewige Tipperei. Und bei dir?" erkundigt er sich. „Jaja, alles in Ordnung." sage ich schnell. Ein ‚denke ich' füge ich in Gedanken hinzu. Ob wirklich alles so in Ordnung ist, weiß ich grade selber nicht. Die Situation überfordert mich. Vielleicht, weil ich bisher noch nie mit einem Typen wirklich das große Los gezogen hatte. Beide Beziehungen waren ich das Wahre und leiden konnte meine Familie beide Männer eh schon mal pauschal nicht. Meine Eltern sind sehr streng, was mich angeht. Meine Brüder durften alles, wurden immer unterstützt, aber ich war immer zu jung, zu klein für alles. Ich liebe meine Brüder, sie können da ja nichts für, aber deswegen hatte ich es mit den Männern direkt sein lassen. Auch hier in München änderte sich das nicht. Erst haben Emma und ich zusammen gewohnt, da hätte sich das ganze etwas schwierig gestaltet und seit ich alleine wohne dreht sich mein Leben um die Arbeit und Pferd. Klar, den einen oder anderen Typen fand man im Club ganz nett, aber im Gegensatz zu Emma und Mai schlief ich jedes mal lieber alleine in meinem Bett. Ich hatte für einen Freund, oder für männlich Bekanntschaften generell keine Zeit. Mit den meisten wollte ich mich auch gar nicht erst auseinander setzten. Tanzen und unterhalten auf Partys war okay, aber mehr wäre nur verschwendete Lebenszeit. Es macht mich unsicher, nicht zu wissen, was ich will, nicht zu wissen, woran ich bin. Es macht mich verletzlich und angreifbar. Es lässt ein Stück weit meine Fassade bröckeln. Nie lasse ich mir meine Gefühle anmerken. Em, Mai und meine Brüder sind die einzigen, die so etwas erleben, alle anderen echt das gar nichts an. Die ganze Situation überfordert mich schlichtweg, und ich kann nicht weg. Das Gefühl, was Leon in mir auslöst überfordert mich. „Sicher, Giuli?" Leon klingt sehr besorgt. Seine Stimme ist tiefer und rauer als sonst, wahrscheinlich ist er auch müde. „Naja, ist schon okay." winke ich ab. Ich kenn Leon nicht gut genug, um mich öffnen zu können. „Ich wollte mich entschuldigen, die Situation war echt unangebracht." Der dunkelhaarige klingt wirklich ein wenig bedrückt. „Ist in Ordnung. Hat mich irgendwie aus der Bahn geworfen, aber ich bin auch müde." erkläre ich ihm. Es braucht ihm nicht leid tun. „Okay, ich dachte schon, ich hätte dich jetzt abgeschreckt." lacht er leise. Die Wirkung, die er auf mich hat gefällt mir nicht. Sobald er lacht, muss ich auch grinsen. Ich kann mich nicht dagegen wehren. Es passiert, obwohl ich es nicht will. Normal bin ich eine starke und selbstbewusste Person. Ich lasse niemanden an mich ran, regle alles selber und kann mich sehr gut verteidigen, als ich kein war hab ich in meiner Freizeit Kampfsport ausgeübt, vor dem Reiten versteht sich. Aber heute, heute fühle ich mich wieder wie ein kleines Mädchen, so wehrlos. Keine Ahnung wieso, die allgemeine Situation zerrt an mir, der Stress auf der Arbeit und die Tatsache, dass ich ganz dringen Urlaub brauche, macht das auch nicht besser. „Nein, auf keinen Fall. Du Leon, ich bin echt müde. Und morgen gehts mir bestimmt besser, heute bin ich irgendwie durch den Wind und nicht so fit. " entschuldige ich mich bei ihm. „Kein Problem, schlaf dich aus. Morgen gehts die bestimmt besser. Was ich noch fragen wollte, hättest du Samstag Nachmittag Zeit mit zum Platz zu kommen? Ich hab Training und danach wollen wir noch was essen gehen mit ein paar Jungs aus der Mannschaft, so als Abschluss ans letzte Training vor Weihnachten. Die bringen teilweise auch ihre Mädels mit. Ich kann mir vorstellen, dass Serge auch Emma mitbringen würde. Wenn du magst frage ich ihn." sofort merke ich Leon an seiner Stimme an, wie er ein wenig nervös zu sein scheint. „Klar, ich weiß nur nicht wann ich es schaffe. Ich hab morgens Turnier mit Celine, aber Nachmittag sollte ich schaffen. Sagst du Bescheid, wenn du weißt wann?" sage ich ihm zu. „Perfekt, ich sag Bescheid. Dann spätestens bis Samstag. Und falls wir uns nicht mehr sehen, viel Glück mit Celine für Samstag. Und schreib mir bitte, ob es dir besser geht morgen." Fürsorglichkeit war auf jeden Fall eine von Leons guten Eigenschaften. „Danke, Leon. Wir schreiben. Schlaf gut, bis spätestens Samstag." verabschiede ich mich mit einem Gähnen. „Gute Nacht, Kleine, Schlaf du auch  gut." verabschiedet sich Leon von mir und legt auf. Schneller, als ich gucken kann, befinde ich mich auch schon im Land der Träume.

Was machst du nur mit mir? | Leon GoretzkaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt