9 - Traummann in the making

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Am nächsten Morgen klingelt mein Wecker um sieben Uhr. Als erstes greife ich zu meinem Handy, um diesen höllischen Lärm auszustellen. ‚Guten Morgen, tut mir leid wegen gestern. Hab mich schon bei Serge entschuldigt. Kommst du nachher auf nen Kaffee vorbei?' lese ich die Nachricht meiner besten Freundin. Ich hab sie ja lieb, aber manchmal möchte ich sie wirklich gerne schlagen. Ich sende ihr zwei Daumen hoch zurück. ‚GuMo :) Ausgeschlafen?' lese ich nun die nächste Nachricht, diesmal von Leon. ‚Nö :(' schreibe ich ihm und lege mein Handy weg. Ich stehe auf und öffne die Rollos meines Schlafzimmers. Draußen ist es wie zu erwarten grau und nass. Typisch für Mitte Dezember und für mich als Sommer-Mensch die reinste Qual. Ich gehe in die Küche und werfe erstmal die Kaffeemaschine an. Während mein erster Kaffee durchläuft, fahre ich meinen Laptop hoch und gehe mich im Bad fertig machen. Schnell springe ich unter die Dusche und wickele mich danach in einem Handtuch ein. Im Schlafzimmer ziehe ich mir dann eine schwarze Jeans und einen beigen Hoodie an. Ich schnappe mir mein Handy vom Bett und gehe zurück zu meinem Kaffee. Auf dem Weg in die Küche sehe ich, dass mein großer Bruder versucht hat mich anzurufen. Zwischen mir und meinen Brüdern liegen ein paar Jahre Altersunterschied. Matteo ist 27, ich 23 und Luca erst 17, dennoch verstehen wir uns blendend und sind ein unschlagbares Trio. Matteo wohnt in Nürnberg und hat Maschinenbau studiert, Luca wohnt bei Mama und Papa in Essen und macht nächstes Jahr sein Abitur. Ich wähle Matteos Nummer, um ihn zurück zu rufen und warte bis er abhebt. „Ciao sorella." meldet Matteo sich. Papa war es immer besonders wichtig, dass wir Kinder fließend italienisch sprechen und hat uns von klein auf diese Sprache gelehrt, damit wir uns in Italien verständigen können. Mit Mama haben wir immer nur deutsch gesprochen. Beide Sprachen beherrsche ich gut, aber manchmal, vor allem, wenn ich in Rage bin, mische ich beide Sprachen sehr gerne. „Hi Matteo, was gibts?" frage ich und schlürfe meinen Kaffee. „Ich habe dieses Jahr die äußerst wichtige Aufgabe bekommen, dich für Weihnachten einzuladen. Mamma und Padre würden sich freuen. Lisa, Elia und ich kommen auch." fährt Matteo fort. Elia ist mein kleiner Neffe, er ist jetzt zwei und ein kleiner Schatz, der jeden um den Finger wickelt. Lisa ist Matteos Frau und meine Schwägerin, sie haben sich in der Schule kennengelernt und sind seit dem ein Paar, letztes Jahr im Sommer haben sie geheiratet, eine Bilderbuch-Beziehung. „Klar komm ich. 23. bis 26., wie immer?" frage ich nach. „Sì. Nur du oder mit Begleitung?" fragt er und ich bin mir sicher, dass er anzüglich grinst. Ich verdrehe nur genervt die Augen. „Ich muss dich leider enttäuschen, nur ich, fratello cuore." antworte ich. „Na gut, das wars schon. Ich will dich gar nicht aufhalten. Wir sehen und dann Weihnachten und quatschen. Ciao, mio amore." verabschiedet er sich und legt auf, bevor ich etwas erwidern kann. Ich liebe meine beiden Brüder sehr, aber manchmal sind sie echt anstrengend. Wie Brüder eben so sind. Ich widme mich wieder meinem Kaffee und meinem Laptop und stelle ein paar Rechnungen fertig. Gegen 14 Uhr mache ich dann endlich eine Pause und schließe Mittagessen zu kochen. Schnell bastel ich mir einen Auflauf aus Nudeln und jeglichem Gemüse, dass ich finden kann zusammen, verteile Käse auf diesem und schiebe diesen in den Ofen. Dann setze ich mich direkt wieder an den Laptop. Schnell noch ein paar Emails beantworten und für ein Seminar das Catering bestellen. Grade, als ich in den finalen Zügen meiner Planung einer Veranstaltung bin, ruft Leon mich an. „Hi, Leon." melde ich mich und lasse mich in die Sofakissen fallen. „Hi, alles gut bei dir?" fragt Leon mich besorgt. „Ja klar. Wieso fragst du?" frage ich verwirrt. „Ich hab die vor zwei Stunden geschrieben und du hast nicht geantwortet. Wollte nur sicher stellen, dass dir nichts passiert ist." meint er. ‚Süß.' „Mir gehts gut, hab nur super viel Arbeit und war den ganzen Vormittag ein wenig im Stress, sorry." entschuldige ich mich. „Ach, quatsch. Alles gut. Ich wollte noch fragen, ob du heute Zeit hast was zu machen?" ich höre das Grinsen in seiner Stimme, welches auch mich kurz ansteckt. „Ich muss dich leider enttäuschen. Bin grade noch mitten in meiner Arbeit, esse jetzt was und bin um vier mit Emma verabredet. Danach muss ich noch in den Stall zu meinem Pferd, ich weiß nicht wie lange das dauern wird, aber bis Abends bin ich auf jeden Fall weg." lächle ich entschuldigend, wohl wissend, dass er das nicht sehen kann. „Kann ich mit?" fragt Leon. ‚Bitte was?' Perplex halte ich kurz inne. „Was?" frage ich ungläubig. „Ob ich heute Abend nicht mitkommen kann zu deinem Pferd. Dann sehen wir uns wenigstens." wiederholt Leon seine Frage. ‚Jackpot.' denke ich mir. Ein Typ der mit zum Pferd will, ein Traum. Nicht mal meine Ex Freunde hatten so ein Interesse an meinem Hobby und Celine gezeigt, aber die waren, wie sich nachher heraus stellte, beide Arschlöcher. „Bist du dir sicher? Da ist es kalt und nass und ich kann mich nicht die ganze Zeit um dich kümmern." erläutere ich ihm skeptisch. „Das passt schon. Ich würde gerne mit kommen." versichert er mir. „Na gut, wie du willst. Ich will aber kein ‚mimimi' hören. Ich schreib dir nochmal, wann ich dich dann abhole, wenn ich bei Em bin, okay? Und zieh dich warm an." Bitte ich ihn, während ich aufstehe und den Auflauf aus dem piependem Ofen hole. „Jaha." sagt er genervt, lacht danach aber. „Ich freu mich, bis später Giulia." flötet er. „Bis später." antworte ich und lege auf. Er freut sich! Kurz denke ich über das grade geschehene nach. Leon will echt mit in den Stall? Es dauert eine Weile, bis ich mich aus meinen Gedanken gelöst habe. Dann aber esse ich schnell meinen Auflauf und fahre zu Emma. Auf dem Weg dahin telefoniere ich kurz mit Mai und erzähle ihr, wie dämlich unsere beste Freundin sein kann und, dass ich mich wieder mit Leon getroffen habe. Sie freut sich für mich, fragt aber direkt, wann sie ihn kennen lernen darf. „Solange ich ihn vor eurer Hochzeit kenne ist alles im Rahmen." hatte sie gelacht. Schön, wie alle hier mein Leben planen, nur leider fragt niemand mich. Fast pünktlich parke ich vor Emmas Wohnung.

Was machst du nur mit mir? | Leon GoretzkaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt