36-Liebesbeweise

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Ey du hast diese Art an dir
Die mir so gut gefällt
Was machst du nur mit mir?
Was machst du nur mit mir? • Wincent Weiss

Etwa eine halbe Stunde später schlendern Leon und ich durch einen kleinen Wald am Stadtrand von München. Leon hat gleich zu Beginn seine Finger mit meinen verschränkt und sie seitdem auch nicht mehr losgelassen. Schon sehr romantisch.
Ein paar Sonnenstrahlen schaffen es heute durch die Wolkendecke, die Bäume bekommen langsam, aber sicher ihre Blätter zurück und vereinzelt singen ein paar Vögel. Ansonsten ist es still. Wir haben Glück, bis auf ein älteres Ehepaar ist uns noch niemand begegnet; das kann auch gerne so bleiben. Ich genieße die Ruhe nach diesen turbulenten Tagen grade wirklich sehr, nur Leon und ich, sonst nichts. Warum kann das nicht immer so sein?
„Worüber denkst du nach?" Leon bleibt stehen und dreht mich zu sich. „Kann es nicht immer so sein? Nur du und ich. Und diese Ruhe?" Nachdenklich schmiege ich mich an die muskulöse Brust meines Freundes. „Wenn ich dir diesen Wunsch erfüllen könnte, würde ich es sofort tun. Ich kann dir nur versprechen, dass ich immer für dich da bin." Leon stützt seinen Kopf auf meinem ab. Eine Weile stehen wir so da, bis wir noch ein paar Minuten weiter laufen und dann uns auf den Rückweg zum Auto machen.
Kurz bevor wir den Parkplatz erreichen, stoppe ich meinen Freund, indem ich ihn sanft an seiner Hand zurückziehe. Verwirrt bleibt dieser stehen und sieht zu mir herab. „Danke, ich weiß nicht, was ich ohne dich machen würde." Ich hauche ihm einen federleichten Kuss auf die Lippen, bevor ich meinen Weg fortsetze. Perplex blinzelt der Brünette mir nach, setzt sich dann aber auch in Bewegung und legt seinen Arm um meine Schulter.

„Wenn du möchtest, koche ich Pasta für uns. Ich muss aber noch zu Celine heute. Wenn das okay ist, kannst du mich bei mir absetzen und wir treffen uns dann später bei mir", überlege ich laut, während ich die vorbei rauschende Landschaft beobachte.
„Oder ..." setzt Leon für einen Gegenvorschlag an. Neugierig richte ich meinen Blick auf den attraktiven Mann am Steuer. Kaum zu fassen, dass dieser Mann zu mir gehört. Leons Hand wandert vom Lenkrad zu meinem Oberschenkel. „Ich komme mit in den Stall und wir kochen zusammen; Pasta klingt gut. Zeigst du mir dann, wie du dein sündhaft leckeres Pesto machst?" Perplex blinzle ich ihn an. „Sicher?" fragend hebe ich eine Augenbraue.
„Aber natürlich, es gibt fast nichts Leckereres als dein Pesto und dann muss ich nicht immer Nudeln mit Ketchup essen." Keck grinsend riskiert Leon einen kurzen Blick zu mir herüber. „Leon!" ermahne ich ihn, er weiß genau, dass das nicht meine Frage war. Genauso gut weiß er, dass ich ihm mein Hobby niemals aufzwingen würde. Sein Beruf und mein Beruf + Hobby ermöglichen uns nur ein geringes Zeitfenster für Zweisamkeit. „Du sollst nicht denken, dass ich das tue, um dir einen Gefallen zu tun. Ich komme wirklich gerne zwischendurch mit, auch wenn ich immer noch ein wenig Respekt vor Pferden habe. Aber eine Bitte habe ich. Ich möchte Celine wenigstens wieder alleine führen, ich glaube, wir könnten richtig gute Freunde werden." Total begeistert über seinen Vorschlag grinst Leon mich an.
Als könnte ich ihm diesen Wunsch abschlagen.
„Okay, Deal. Wir müssen trotzdem bei mir zu Hause vorbei. Du kriegst beide Wünsche erfüllt, aber nur, wenn Em, Mai und ich zum nächsten Spiel kommen dürfen."
Mai wollte ohnehin mit ins Stadion, irgendwie hatten Emmas und meine Beziehungen ihre Leidenschaft für Fußball entfacht. Und na ja, vielleicht hatte sie ja auch ein Auge auf einen ganz bestimmten Profi geworfen. „Aber dann gegen Dortmund als Heimspiel. Das ist wohl etwas spannender als Augsburg." zwinkert Leon mir noch zu. Bingo, Mai wird sich einen Keks freuen!
„Abgemacht. Dann halten wir kurz bei mir und ich springe in andere Klamotten. Danach können wir dann weiter. Hast du eine Sonnenbrille und Kappe bei mir? Mein Bedürfnis, Schlagzeile zu machen, ist noch nicht allzu groß." Leon nickt mir stumm und wenig später halten wir bei meiner Wohnung, wo ich mich, wie besagt, schnell umziehe, bevor wir weiter können.

Im Stall angekommen ist es wie zu erwarten ziemlich voll, für einen Sonntagmittag bei schönem Wetter auch nicht unüblich. Leon zieht sich Sonnenbrille und Kappe an und folgt mir dann in den Stall.
„Sie ist ja gar nicht da." stellt Leon dann etwas entsetzt und enttäuscht fest, als er Celines leere Box sieht. Er ist ja schon ein bisschen süß, wie er seine beleidigte Schnute zieht.
„Natürlich nicht, sie steht den ganzen Tag mit ihrer Freundin draußen bei dem schönen Wetter. Sie frühstückt sogar draußen." lache ich und ziehe Leon mit mir in die Sattelkammer zu meinem Schrank. Muss ja nicht jeder mitbekommen, dass Bayern Münchens Mittelfeldmotor mein Pferd sucht.
An meinem Schrank drücke ich Leon eine Handvoll Möhren und ein Halfter für meine Stute in die Hand und sehe ihn erwartungsvoll an. „Ich denke, du wolltest sie alleine führen?" Stelle ich mich dumm. „Ganz witzig, Giulia. Ich weiß doch nicht mal, wie man dieses Ding hier festmacht." lacht Leon auf. Gespielt genervt verdrehe ich die Augen, drücke meinem Freund dann aber einen Kuss auf die Wange und gehe samt meinem Putzkoffer wieder auf die Stallgasse, das Ganze dich gefolgt von Leon. An Celines Box stelle ich meine Sachen ab und nehme Leon dann mit zu Celines Paddock, wo sie tagsüber immer steht.
„Stimmt, hier ist es viel schöner als im Stall." stellt dieser fest, als ich ihm das Halfter abnehme und es meiner Stute anlege. Ich führe sie aus dem Paddock raus, schließe das Tor hinter mir und halte meinem Freund dann Celines Strick hin. „Bitteschön, der Herr. Ihr edles Ross. Die Möhren kannst du ihr schon geben, ihr wolltet ja Freunde werden." Etwas überfordert nimmt Leon den Strick in die Hand und hält meiner Stute vorsichtig die Möhren hin. Meine Güte, ich habe ein liebes Pferd. Genüsslich ihre Möhren kauend, macht Celine sich dann mit dem Dunkelhaarigen auf dem Weg in den Stall. Wer hier mit wem spazieren geht, steht außer Frage. Grinsend beobachte ich das Spektakel, bevor ich im Stall angekommen mein Pferd am Putzplatz anbinde, Leon eine Bürste in die Hand drücke und ihn mit den Worten "Ich ziehe mich schnell um und hole den Rest, fang schon mal an." seinem Schicksal überlasse. Ein bisschen tut er mir ja schon leid, aber er wollte ja mit. Außerdem zeugt es von sehr viel Vertrauen, dass ich ihm mit meinem wertvollsten Besitz so frei Hand lasse. Dieses Privileg hat nicht jeder.
Zu meiner Überraschung putzt Leon tatsächlich relativ selbstsicher über das Fell meiner Stute, als ich mit Stiefeln, Helm und Sattel auf dem Arm zurückkehre. „Na, ihr zwei Hübschen? Ist er auch lieb zu dir?" Ich streichle meiner Stute einmal liebevoll über die Nase.
„Hey, natürlich!" protestiert Leon nur, worauf ich lachen muss. Die letzten Handgriffe nehme ich selber vor, sodass ich kurze Zeit später meine Stute zum Reitplatz führen kann. Das schöne Wetter muss definitiv ausgenutzt werden, also reiten wir draußen. Am Reitplatz angekommen gebe ich Leon die Zügel in die Hand und schicke ihn mit meiner Stute los.
„Falls gleich jemand kommt und reiten will, läufst du einfach immer etwas mehr innen, dass man außen noch gut lang kann. Quasi wie ..." Angestrengt überlege ich über einen Vergleich zum Fußball. „ ... ach, keine Ahnung. Ihr macht das schon. Wenn sie dich anstupst, darfst du sie ruhig mit der Hand etwas wegschieben. Sie weiß ja jetzt, wo die leckeren Möhren herkommen. Ich baue mir dann mal ein paar Sprünge auf."
Und schon ist mein Freund auf sich allein gestellt, ich bin zuversichtlich, dass er das schafft. Nach etwa 15 Minuten bin ich fertig mit umbauen und erlöse ihn dann.
„Na? Wer ist schlimmer? Celine oder Haaland?" lache ich, als ich ihm die Zügel aus der Hand nehme. „Sehr witzig, hast wohl heute einen Clown gefrühstückt, was? Haaland lässt sich leider nicht so einfach mit ein paar Möhren bestechen." Lacht Leon und verdreht dabei seine braunen Augen.
Die Vorstellung ist zugegeben schon ziemlich lustig.
Nachdem ich meine Stute auch im Trab und Galopp warm geritten habe, springe ich ein paar kleinere Sprünge. „Leon? Meinst du, du könntest mir die Sprünge ein bisschen höher bauen?" Das lässt sich mein Freund natürlich nicht zweimal sagen und nachdem ich ihm genaue Anweisungen gegeben habe, hat er meine Bitte in die Tat umsetzen können.
„Danke schön, Thomas wäre sicherlich stolz auf dich. Er und Lisa haben dich auch Pferde, richtig?" „Ja, Lisa hat dich übrigens eingeladen, mal vorbeizukommen, du sollst Reitstiefel und Helm mitbringen." lächelt Leon mich an. Wann sie ihm das wohl gesagt hat, frage ich mal lieber nicht. So wie ich meinen Freund kenne, könnte das schon eine Weile her sein.
Ich springe noch ein paar Sprünge, lobe meine Stute ausgiebig und beende diese Trainingseinheit dann. In Windeseile pflegen Leon und ich Celine gemeinsam ab und sind ziemlich fix wieder auf dem Rückweg, da der Stall sich zum Nachmittag hin gut füllt.

Was machst du nur mit mir? | Leon GoretzkaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt