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Elliot P.O.V

Luca lernte schneller, als ich angenommen hatte. Zwar gehorchte ihm das Feuer immer noch nicht so sehr, wie es das eigentlich sollte, aber immerhin verletzte Luca sich nicht mehr jedes mal, wenn er es hervor rief. 

Vielleicht war es emotionsabhängig? War Luca zu sehr auf seine Gefühle fokussiert, wenn er mit dem Feuer sprach? 

Inzwischen kam er dreimal die Woche zu mir und trainierte dort. Bisher konnte ich ihn noch ziemlich gut vor meiner Familie verstecken. Es war nicht so, als dürften wir den Trainingsraum nicht benutzen, dafür war er schließlich da.

Meine Familie war lediglich eine Anstrengung, die ich Luca ersparen wollte. 

Mitten im Training klingelte Lucas Handy. "Sorry, das ist mein Kumpel." erklärte er. Ich deutete ihm an, ruhig rangehen zu können. Eine kurze Pause schadet ihm sicher nicht. 

Luca unterhielt sich kurz mit diesem Kumpel, bevor er sich noch einmal bei mir entschuldigte. "Hält dich das Training von etwas ab?" fragte ich. "Nein, das war bloß Jean. Er ist ein Freund aus der Stadt."

Mein Blick wurde skeptischer. "Ein Normalo?" Luca zuckte mit den Schultern. "Ja, wir haben früher als Kinder miteinander gespielt." Da mein Blick nur noch angespannter wurde hob Luca abwehrend beide Hände. "Entspann dich, er hat keine Ahnung, was ich bin. Meine Schwester hat mich früher immer gezwungen, ein Feuerzeug mit mir rum zu tragen, damit ich plötzliche Flammen erklären kann."  

Immerhin seine Schwester hat Vorsicht bedacht. Trotzdem.

"Eine Freundschaft mit einem normalen Menschen einzugehen erscheint mir als ein ziemlich unnötiges Risiko." gab ich zu und wand meinen Blick von Luca ab. "Sagt der Typ, der überhaupt keine Freunde hat." murrte Luca vor sich hin. 

Als ich fragend zu ihm sah, seufzte er. "Sorry, das war nicht so gemeint. Es ist halt nicht leicht, in allem immer der Schlechteste zu sein." erklärte Luca. Dann war er mit diesem Jean befreundet, weil er weiß, dass er ihm überlegen ist. 

"Du wirst wissen, was du tust. Machen wir weiter." meinte ich. "Bist du sauer, weil ich gesagt habe, du hast keine Freunde?" Mit großen Augen sah Luca mich an. Er wirkte so bedrückt durch seine eigenen Worte, als hätte er sie sich selbst ins Gesicht geworfen.

Für einen kurzen Moment musste ich darüber sogar Schmunzeln. "Ich habe schon deutlich schlimmere Kommentare über meine Person gehört." meinte ich dann, tat seine Bemerkung damit ab.

"Was denn zu Beispiel?" wollte Luca nun wissen. Die hellbraunen Haare fielen ihm vor die Augen, als er vom Boden aufsprang, auf dem er bis eben gesessen hatte. Generell wirkte Luca vom Aussehen her sehr wild. Längere Haare, die bereits von seinem Nacken abstanden, breite Schultern, die stark im Kontrast zu seiner dünnen Taille standen und die rauen, groben Hände. 

Sein Aussehen spiegelte sogar ziemlich gut seinen Charakter wieder. 

"Besiege mich in einem Kampf und ich sage es dir." antwortete ich auf seine Frage. "Wenn wir Faust gegen Faust kämpfen würden, hättest du keine Chance gegen mich." behauptete Luca. Stolz reckte er das Kinn in die Luft. 

Ego hatte er als auch. Das kommt sonst überhaupt nicht so rüber. 

"Okay." Ich stellte mich in Kampfposition auf. "Kein Eis, kein Feuer, nur Hände und Füße." stimmte ich zu. 

Luca zögerte nicht einen Moment. Sofort sprang er auf mich zu, versuchte seine mich am Bauch zu erwischen. Er war flink und hatte einen erstaunlichen Gleichgewichtssinn. Egal, ob ich sein Bein wegschlug oder ihn zur Seite schuckte, Luca fand sofort Stabilität. 

"Du bist tatsächlich gut." bemerkte ich, als Luca es fast schaffte, mich zu Boden zu bringen. "Du klingst überrascht." erwiderte er. "Natürlich bin ich das, wenn man bedenkt, dass du sonst in allem so miserabel bist." 

Anders als bei vergangenen Bemerkungen verzog Luca nicht angespannt das Gesicht. Er schnaubte amüsiert und setzte zum nächsten Schlag an. 

Es schien, als hätte sich meine Bindung zu ihm deutlich verbessert. 

Luca griff nach meinen Schultern und riss mich mit sich auf den Boden. Kurz vor dem Aufprall drehte er uns beide um, wodurch mein Rücken am Boden anstieß und Luca über mir kniete. 

Seinen Arm jedoch hatte er unter meinen Kopf gelegt. Gewissermaßen hatte Luca mich mit seinem eigenen Angriff beschützt.

"Ich hab gewonnen." grinste Luca und sah auf mich herab. Dieser Geruch stieg mir schon wieder in die Nase. Dieser sanfte, liebliche Geruch. "Schmollst du, weil du verloren hast?" fragte Luca, immer noch mit diesem strahlenden Lächeln im Gesicht. 

"Du verwechselst mich wohl mit dir." erwiderte ich und versuchte mich aufzurichten, aber Luca bewegte sich kein Stück. 

"Gib zu, dass ich gewonnen habe. Vorher lass ich dich nicht aufstehen." Dann war sein Ego wirklich größer, als es scheint. Es machte mich neugierig, wie weit sein Ego tatsächlich gehen würde. 

Ergebens lehnte ich mich wieder nach hinten. "Und wenn ich es nicht tue?" fragte ich. "Bleibst halt auf ewig auf dem Boden liegen." Das Gegenwirken von Kräften hatte er noch nicht allzu gut drauf, was wohl gerade von Vorteil für mich war.

Ich formte eine kleine Eisfläche auf meinen Händen, bevor ich sie an Lucas Seiten hielt. Erschrocken wich er nach hinten und ich konnte mit Leichtigkeit wieder aufstehen.

"Du hast gewonnen, Luca. Zumindest fast."

Feuer, Eis und die LiebeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt