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Elliot P.O.V

Die nächsten Wochen blieben eine Herausforderung. Zwar halfen sowohl Menschen, als auch Elementaristen bei dem Wiederaufbau der Stadt mit, aber die Menschen konnten ihr Misstrauen uns gegenüber nicht ablegen.

Zu einem gewissen Punkt verstand ich es. Es war nur natürlich, den nächstmächtigsten zu fürchten.

Jahrhunderte lang an der Spitze der Nahrungskette zu greifen, nur um dann zu merken, dass es jemanden gab, der noch ein ganzes Stück stärker war. Es muss erniedrigend sein, dieses Gefühl.

Gewisse Gruppen formten sich, die ihre Unzufriedenheit über unser Dasein öffentlich zur Schau stellten, doch zu einem wirklichen Angriff traute sich keiner mehr.

Bis zu der Nacht, in der vier Häuser von Elementaristen nieder gebrannt wurden.

"Sie haben wohl Benzin um das Haus gekippt. Die Familien wurden in ihren eigenen Häusern eingesperrt, es gab kein Entkommen." erklärte mein Vater mir am Esstisch.

"Feuer, das ist bestimmt der Versuch, das ganze auf Luca zurück zu führen." murmelte ich, sah mir die Bilder an, die mein Vater von den Häusern gemacht hatte.

Er arbeitete nach wie vor mit der menschlichen Regierung zusammen, die seinen Rat zu dieser Sache wollte.

"Was denkst du, soll ich ihnen sagen, wenn sie mich fragen, was zu tun ist?" fragte mein Vater mich.

Sie werden versuchen, uns wieder zu sekludieren, egal, was für eine Antwort Papa Ihnen geben wird.

"Ich weiß, dass Luca mit diesen Bränden nichts zu tun hat." versicherte ich Papa.

"Aber sogar du hast zuerst an ihn gedacht und hielst es für nötig, ihn zu verteidigen. Die Menschen werden den gleichen Gedankengang wie du haben, aber mit ziemlicher Sicherheit auf einen anderen Schluss kommen." murmelte Papa, strich sich nachdenklich mit der Hand über den Arm.

Luca sollte sich nicht sein ganzes Leben lang verteidigen müssen.

Vor allem für Dinge, die er nicht getan hat.

"Jede Nacht halte ich Luca so fest, dass er teilweise meine Temperaturen annimmt. Wenn er sich nachts raus schleichen würde, um irgendwo ein Feuer zu legen, wüsste ich davon."

"Du weißt, dass Luca nicht den Raum verlassen muss, um irgendwo anders ein Feuer zu legen. Mit Hand- und Maulfesseln hat er in einem Verhörraum Beweisbilder verbrannt, ohne sich bewegt zu haben." merkte Papa mit ruhiger Stimme an.

Also wusste er von den kleinen Feuerteufeln, die Luca beschwören konnte.

"Selbst wenn, Luca hat nichts davon, seine eigenen Leute anzugreifen. Er hat damals gegen die Menschen gekämpft, weil er sie gehasst hat." Ich versuchte weiter, für Luca zu argumentieren, seinen Namen rein zu waschen.

Seufzend lehnte Papa sich zurück. Wir beide verspürten eine Frustration, aber sie war ruhig, seltsam antriebslos.

"Und auch wenn das alles richtig ist, Elliot, es wird nichts daran ändern, dass Luca getan hat, was er getan hat. Sie werden eine Rechtfertigung von ihm hören wollen. Es wäre besser, Luca entscheidet sich von sich aus, der Untersuchung zu helfen."

Erst wartete ich, ob mein Vater noch etwas dazu sagen würde. Für einen kleinen Moment schwebte in mir auch die Hoffnung, er würde einen Scherz anhängen.

"Du möchtest, dass Luca sich, aus 'freiem Willen" wieder in Gewahrsam begibt." fasste ich zusammen, wusste überhaupt nicht, was ich denn jetzt fühlen sollte.

Sauer auf meinen Vater konnte ich nicht sein. Er hatte nichts falsch gemacht, versuchte nur, zu helfen.

"Es geht nicht darum, was ich möchte, sondern darum, dass wir alle in einer unglaublich schwierigen Situation stecken. Als wir uns noch versteckt hielten, da hätten wir all das unter deutlich geringerer Augenzahl klären können."

"Wie viel Zeit haben wir, bis du eine Antwort geben musst?" Ich gab mich geschlagen, sah keinen anderen Ausweg, als Luca zu bitten, über diesen Vorschlag nachzudenken.

Ich gab mich nicht geschlagen, weil ich diesem Vorschlag auch nur in geringster Weise zustimmte, sondern, weil ich realisierte, was mein Vater da genau von sich gab.

Er war Fan dieser Auftrennung zwischen Mensch und Elementarist. Er war tatsächlich der Meinung, diese Trennung hatte unser Leben leichter gemacht.

Und ich wusste einfach nicht mehr, was ich glauben sollte.

"Vielleicht ein paar Tage, mit Glück eine Woche. Desto mehr Familien angegriffen werden, desto weniger Zeit haben wir automatisch."

Verstehend nickte ich, stand ohne ein weiteres Wort vom Tisch auf und ging in Richtung mein Zimmer.

Aber mein Vater hielt mich noch einmal auf.

"Erinnerst du dich, als du mich gefragt hast, ob Freundschaften zwischen Menschen und Elementaristen funktionieren können?"

Ich sah ihn an, wartete auf seine folgenden Worte.

"Wir hatten uns jetzt lange genug erste Eindrücke davon machen können und ich glaube nicht, dass es funktionieren wird. Zumindest nicht zum jetzigen Zeitpunkt."

Luca schlief, tat er in letzter Zeit öfters am Tag. Ich hatte ab und zu mitbekommen, wie er Nachts versuchte, sich aus meinem Griff zu befreien, weil er nicht schlafen konnte. 

Ich setzte mich an die Bettkante, strich ihm vorsichtig durch die Haare.

Irgendwas murrend drehte er sich zur Seite. Schmunzelnd beobachtete ich den Jüngeren einen Moment.

Ich wollte ihn nicht wecken, wollte ihm die Ruhe gönnen, die er verdient hat.

"Wie lange willst du noch gruselig da sitzen?" murrte Luca irgendwann. "Entschuldige, ich wollte dich nicht wecken." Verschlafen richtete er sich auf.

"Können wir reden?"

Feuer, Eis und die LiebeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt