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Elliot P.O.V

Ich weiß nicht, warum ich diese Lüge mit dem Trainer von mir gegeben hatte. Es ging mich nichts an, was Luca mit seinen Freunden macht.

Das Training bei mir hatte er abgesagt, um sich mit diesem Normalo zu treffen.

"Hatte Vulkano heute keine Zeit für dich?" fragte Suzanne, als sie mich unten alleine trainieren sah. "Wenn du die Antwort kennst, wieso fragst du dann?" erwiderte ich. "Um deine Reaktion zu sehen." antwortete sie.

Seufzend legte ich die Handschuhe ab, die ich getragen hatte, damit meine Handflächen nicht auskühlen. "Brauchst du etwas?" wollte ich dann von meiner kleinen Schwester wissen, da sie immer noch nicht den Raum verlassen hatte. 

"Du bist seltsam emotional, Elliot. Es steht dir nicht." Ihren Worten nicht ganz folgend sah ich sie an, wartete, auf eine weitere Erklärung. "Du trainierst härter als sonst und machst Fehler. In unserer Familie ist es nicht üblich, Fehler zu machen. Das weißt du, besser als ich." erklärte Suzanne.

Ich nickte zustimmend. "Ja, ich bin unruhig, kann mir aber nicht erklären warum." gab ich zu. "Vielleicht kann ich helfen." schlug sie vor. "Du verstehst nichts von Gefühlen." Suzanne setzte sich schnaubend auf den Boden. "Und du?"

Wir kamen aus einer Familie, in der wir uns nie ungeliebt fühlen mussten, aber wir haben auch nie gelernt, was Umarmungen oder 'Ich liebe dich' für eine große Bedeutung haben können. 

"Ich habe heute gelogen, um jemanden aus einer Situation zu helfen, die mich nicht betroffen hat." erzählte ich also. "Und fühlst du dich gut?" fragte Suzanne. "Nein, wenn überhaupt fühle ich mich noch unruhiger als vorher. Ich bin selbstlos, handle spontan. Das passt überhaupt nicht zu mir." 

Suzanne stützte ihre Arme hinter sich ab und lachte leise. "Darf ich erfahren, was so lustig ist?" "Es amüsiert mich, dass von allen Dingen, die du an deinen Verhalten unpassend sind, du eines weglässt." meinte sie. "Du hast Freunde, zumindest einen und ich gehe mal soweit zu behaupten, dass er auch derjenige war, für den du gelogen hast." fügte sie hinzu.

Jetzt ist mein Verhalten sogar schon für meine Schwester erahnbar. Ich brauche es nicht, dass man mir ansehen kann, was ich vorhabe. Das ist Anzeichen eines schlechten Kämpfers. 

"Trainiert ihr beide schön?" Meine Mutter stieß zu uns. "Nein, Elliot hat Beziehungsprobleme." antwortete Suzanne. Fragend sah Mutter mich an. "Möchtest du reden?" fragte sie.

"Wieso bietet ihr beide Therapiegespräche an, wenn wir alle wissen, dass außer Vater keiner verstanden hat, wie man Gefühle ausdrückt oder mit ihnen umgeht?" erwiderte ich und sammelte meine Sachen zusammen. 

"Du bist wütend." schmunzelte Suzanne. "Ich bin nicht wütend." erwiderte ich harsch. Zu harsch. Jetzt schaffte ich es nicht einmal mehr, meinen Ton unter Kontrolle zu halten. Meine Mutter lehnte sich gegen den Türrahmen, die Arme ineinander verschränkt. 

Sie betrachtete mich mit nachdenklichem Gesicht, legte den Kopf dafür leicht schief. "Sag schon." seufzte ich, zwang mich selbst wieder zur Ruhe. Es hat für mich keinen Sinn, mich aufzuregen. 

"Suzanne, lass uns alleine." bat sie, ohne meine Schwester dabei anzusehen. Diese stand ziemlich schnell auf und schon waren es nur noch meine Mutter und ich im Raum. "Manchmal macht es mir Sorgen, wie sehr du wie ich bist, aber damit ist immerhin ein ordentlicher Krieger aus dir geworden."

Ich konnte diese Gespräche nicht leiden. Ich wollte mit meiner Mutter nicht darüber reden, warum ich bin, wie ich bin. "Können wir das überspringen?" fragte ich also. 

Schmunzelnd stieß sie sich vom Türrahmen ab, sah dabei fast genauso aus wie Suzanne vorhin. "Weil du so sehr wie ich bist, verstehe ich dich wahrscheinlich besser als jeder andere in dieser Familie, sogar besser als dein Papa. Deswegen sage ich es dir gleich, was immer du für eine Person in deinem Leben hast, lass es sein." 

Fragend hob ich die Augenbrauen. "Sieh mich nicht so an. Ich habe dir beigebracht, ein Einzelgänger zu sein, damit du verstehst, dass du dich nicht mit dem Stress und den Problemen mit anderen Menschen auseinander setzen musst." 

Ich nickte bloß. Egal, was ich geantwortet hätte, es wäre sowieso nicht die richtige Antwort gewesen. "Hör auf, dir unnötigen Stress zu machen und konzentriere dich auf dein Training. Geht es um diesen Luca?" fragte sie. 

"Es ist mein Problem, nicht deins." Wenn sie sich einmischt, dann endet das wahrscheinlich darin, dass ich Luca nicht mehr sehen kann. 

Das muss ich verhindern. 

"Lass deinen Vater nicht davon erfahren." meinte sie noch. "Wieso? Weil er auf meiner Seite wäre?" fragte ich. Amüsiert schnaubend drehte sie sich um. "Du hast keine Seite, mein lieber Elliot. Deine Seite ist die, auf der ich dich haben will. Alles andere ist nebensächlich. Sobald du ausgezogen bist, kannst du denken, was immer du möchtest."

Sie ging und ließ mich alleine im Trainingsraum stehen. 

Dann muss ich Luca jetzt also vor meiner Mutter beschützen. 

Ich bin eben nicht dafür gemacht, um viele Freunde zu finden. Geschweige denn überhaupt einen.

Feuer, Eis und die LiebeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt