Elliot P.O.V
Mehrere Tage lang hörten wir nichts von Lucas Schwester. Egal, wie oft wir wo nachfragten, wir bekamen keine Info. Luca litt immer mehr unter der Abwesenheit seiner Schwester. Zum Training kam er nicht mehr, tagsüber verschwand er irgendwohin und nachts blieb er oft stundenlang auf dem Dach sitzen.
Anfänglich hatte ich noch versucht, ihm zu Folgen und wollte mit ihm reden, aber Suzanne war diejenige, die mir ziemlich schnell davon abgerieten hatte.
"Es ist nicht gut, Menschen beeinflussen zu wollen, wenn sie nicht beeinflusst werden wollen. Luca muss jetzt diese negativen Gefühle ausleben, sonst wird er niemals über sie hinwegkommen können."
Dass es gerade meine Schwester war, die eine solche Empathie-Fähigkeit zeigte, verdeutlichte, wie verzwickt und verdreht diese ganze Situation war.
Mutter und ich diskutierten fast täglich über den Vorfall während der Versammlung. Sie war nicht dabei gewesen und dennoch hielt es sie nicht davon ab, ihre Meinung zu äußern. Bei jeder Gelegenheit.
"Wie denkst du vorzugehen, sollten die Menschen weitere Einschränkungen unserer Art ansetzen?" fragte sie, während wir beide in der Küche alleine waren. Ich saß am Tisch, vor mir eine Tasse Tee, während sie an einer der Küchentheken lehnte.
"Es ist nicht meine Aufgabe, Verhandlungen zu leiten, geschweige denn über diese zu entscheiden. Du bist doch sonst so erpicht darauf, mir zu erklären, wie wenig ich tatsächlich in der Welt verändern könnte. Woher kommt der Sinneswandel, dass es dieses Mal anders ist?" erwiderte ich.
Die Stimmung im Raum konnte leicht damit beschrieben werden, dass die Luft einfror und es zunehmend schwerer wurde, zu atmen.
Mutter lachte, bevor sie antwortete. "Weil du dafür verantwortlich bist. Es ist deine Schuld, dass dieses ganze Theater erst angefangen hat und wegen was? Einem Flirt, der nicht einmal ein paar Wochen lang anhalten wird? Du bist nicht mein Kind, zumindest hast du nicht von mir gelernt."
Mit einem bitteren Lächeln auf den Lippen stand ich auf. "Oder ich habe viel mehr gelernt, als du gewollt hast. Dank Papa bist du auch nicht mehr das, was du einst warst. Du bist warm, fast schon herzlich, wenn es um ihn geht." merkte ich an.
Suzanne unterbrach uns beide, indem sie den Raum betrat, die Hände an den Türrahmen abgestützt. "Luca ist gegangen. Seinem Gang nach war er ziemlich angetrunken. Du solltest nachgehen." erklärte sie knapp.
Ich stand auf und räumte meine Tasse weg. "Lass uns ein anderes Mal weiter streiten, Mama. Die Welt muss sich schließlich nicht immer nur um uns drehen." meinte ich. "Natürlich nicht, sonst könnte aus dieser Welt ja vielleicht noch etwas werden."
Meine kleine Schwester zeigte mir, wohin Luca gegangen war. Sie konnte mir nur die grobe Richtung geben, aber das reichte schon.
Den ganzen Weg über verfolgte mich ein Gefühl von Scham. Luca und ich hatten kaum mehr miteinander geredet seit der Nacht, die wir gemeinsam verbracht hatten.
Weinend war er in meinen Armen gelegen, hatte mich angebettelt, nicht aufzuhören. Er wollte sich und seine Schwester vergessen.
Ich glaube bis jetzt nicht, dass mir das gelungen ist.
Mitten im Park fand ich ihn schließlich. Er lag auf dem Boden, eine Flasche Alkohol in seiner Hand.
Der Nachteil an unseren Körpern war, dass unser Blut so beschäftigt damit ist, die ständigen Temperaturunterschiede auszugleichen, dass es nicht in der Lage war, zusätzlich Alkohol zu filtern.
Das bedeutet ein schneller, hoher Pegel. Wir spüren jeden Tropfen als wäre es eine ganze Flasche.
"Steh auf Luca." murmelte ich, als ich neben ihm auf dem Boden kniete. Der Braunhaarige murrte nur irgendwas und drehte sich weg von mir.
Seufzend richtete ich mich auf, nachdem ich ihm die Flasche aus der Hand genommen hatte und leerte diese auf dem Gras aus.
Aus etwas Entfernung schoss ich kleine Eiskristalle auf seine Arme.
"Was soll der Scheiß?" Luca schlurfte diese Worte vor sich hin, unverständlich und stotternd.
Etwas in meiner Brust zog sich zusammen. Angst, Wut? Nein, weder musste ich um Lucas Leben fürchten, noch war ich durch mein Unverständnis wütend auf ihn.
"Du kannst trinken, wie ein Großer, dann kannst du auch trainieren wie einer." Fast schon bissig kamen diese Worte aus meinen Mund.
Ich war von der Aggressivität meiner Worte selbst überrascht. Mit leeren, erschöpften Augen sah Luca mich an.
"Sie kommt nicht mehr zurück, oder?" fragte er. "Sie kommt nicht wieder." Ich hatte nie erwartet, dass es für Luca leicht ist, doch jetzt sah ich, wie schwer es doch tatsächlich für ihn war.
Etwas in mir wollte ihn anlügen, ihm sagen, dass wir Alice sicher finden können, aber ich konnte es nicht.
Ich konnte Luca keine falschen Hoffnungen machen.
Bevor ich irgendwas antworten konnte, klingelte mein Handy.
Es war mein Vater.
"Bist du bei Luca?" fragte er. "Ja, wieso?" Die nächsten Worte bestätigen die Angst, die ich schon seit der Versammlung mit mir herum trug.
Mein Vater seufzte schwer und murmelte ein, von Reue geplagtes "Ich kam zu spät."
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Feuer, Eis und die Liebe
Fantasy"Du hast ein Talent dafür, dich selbst zu verletzen, das ist mir schon seit längerem bewusst, aber dass du auch so gut darin bist. andere zu verletzen, das war mir neu." Kräfte zu haben ist schon etwas cooles. Zumindest, wenn man sie beherrscht. Lu...