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Erschöpft ließ sie sich auf einen alten, in grünem Samt gekleideten Ohrensessel in der Blackvilla fallen. Sie musste den Tag erst einmal Revue passieren lassen, wobei ihr besonders das Kartoffelpflanzen sauer aufstieß. Sie hätte es ja lustig gefunden, dass Draco nicht wusste wie Kartoffelpflanzen aussahen, wenn sie nicht Dank ihm fast den ganzen Tag nur damit beschäftigt gewesen wäre, auf den Knien rumzurutschen Kartoffelknollen vom Kompost zu sammeln und diese dann wieder fein säuberlich in das Beet zu stecken. "Was genau ist eigentlich passiert, dass du Malfoys Strafe auf dich genommen hast. Ich hatte ihm gewünscht, dass er für seine Arroganz dir gegenüber bestraft wird.", meinte Harry, der gerade mit 2 Teetassen hereinkam und seiner besten Freundin eine Tasse reichte. "Ich bin nur an dem Beet gewesen um es in Ordnung zu bringen, dass nicht sofort auffiel, dass man dort im Herbst nichts ernten könnte, aber genau in dem Moment ist die Riddenmeyor wieder aufgetaucht und hat mich gefragt was ich da tue. Bevor ich dazu etwas sagen konnte, hatte sie ihre Schlüsse gezogen und mich vor vollendete Tatsachen gestellt.", seufzte sie. Harry schnaubte verächtlich. "Sie konfrontierte mich damit, dass sie von meinem schlechten Verhältnis zu Draco wüsste. Keine Ahnung wie viel in dem Infoblatt vom Zaubergamot zu Draco und mir steht, aber du weißt, wenn Draco einen Fehler macht, hat er seine Chance vertan. Darum habe ich gelogen und gesagt, dass ich wütend war auf ihn. Mir droht im Gegensatz zu ihm keine Haftstrafe oder gar das Urteil meine Zauberkraft für immer aufzugeben." Sie senkte den Blick und Trank einen Schluck Tee. "Seine Eltern waren nicht gerade gute Vorbilder darin, ihm zu zeigen was heißt Fehler zuzugeben oder auch für Fehler gerade zu stehen. Genauso wenig wurde ihm vorgelebt, wie man verzeiht oder sich für jemanden trotz Differenzen einsetzt. Darum muss ich mit gutem Beispiel voran gehen, damit er das lernen kann. Schade nur, dass Draco das wohl nicht zu schätzen weiß.", seufzte sie." Zumindest noch nicht, aber vielleicht ändert sich das bald." Harry, der sich sicher war, dass Draco doch so etwas wie Reue empfinden könnte - wenn er an die Szene am Fenster zurück dachte - sagte nichts dazu. Er wollte seiner Freundin keine falschen Hoffnungen machen, sollte er sich doch irren. Er hörte wie ihr Magen grummelte. "Wenn du möchtest, hau' ich schnell ein paar Spaghetti in den Topf.", bot er an, als er sah wie seine Freundin rot wurde. "Das wäre sehr lieb von dir.", entgegnete sie matt. Er stand auf und lief in die Küche. Dann fiel ihr das Sandwich ein, welches Draco ihr flüchtig in die Hand gedrückt hatte. Er hatte sie dabei nicht angesehen. Erneut bildete sich ein Rotschimmer, als sie an dieses Ereignis, das noch keine Stunde her war, zurück dachte. Diese zuvorkommende Geste war für sie suspekt. Andererseits ließ es sie hoffen, dass Draco sich wirklich ändern konnte. Und etwas ließ sie vermuten, dass es an dem kleinen Mädchen lag, welches Draco zum Abschied umarmt hatte. Wenn ein Slytherin, abgesehen vielleicht von Blaise Zabini, welcher den Muggeln wohl recht offen und wohlwollend gegenüberstand, Draco so gesehen hätte, er oder sie - allen voran Lucius Malfoy - hätte wohl einen Herzinfarkt erlitten. Der reinblütige Draco Lucius Malfoy, einziger 'würdiger' Erbe der Familien Malfoy und Black, war ein Muggelfreund. Sie sah schon vor sich, wie Malfoy Senior in Azkaban vor Wut platzte.
Sie hatte das Sandwich aus ihrer Tasche geholt und sah die krakelige Kinderschrift in der Hermine auf der Frischhaltefolie stand. Es war also nicht Dracos Idee gewesen, ihr das Sandwich zu geben, sondern mit hoher Wahrscheinlichkeit die des Mädchens. Aber die Tatsache, dass er ihr gegenüber eine nette Tat vollbrachte, und sein Wille, sich mit einem Muggelmädchen einzulassen, zeigte ihr, dass bei Draco noch nicht alle Hoffnung verloren war. Hungrig und müde biss sie in das Sandwich. Sie hielt inne, kaum dass das Sandwich ihre Zunge berührt hatte. *Bah, Thunfisch!*

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"Mine das Essen ist dann..." Harry stoppte aprupt in seinem Satz, als er sah, dass seine beste Freundin auf dem Sessel eingeschlafen war. Ein Lächeln Stahl sich auf seine Lippen. Er konnte sich nur zu gut vorstellen, wie anstrengend der Tag gewesen war für Hermine. Seine Tante und sein Onkel hatten ihn auch oft schwere Arbeit machen lassen, während Dudley faul am PC hing oder vorm Fernseher. Er erinnerte sich, wie er dann auch meist todmüde ins Bett gefallen war. Apropos Bett. Wenn er Hermine so im Sessel liegen lassen würde, hätte sie am nächsten Morgen Nackenschmerzen. Also nahm er sie auf seine Arme und versuchte, sie nicht zu wecken. Leise und behutsam trug er sie nach oben in das Zimmer, welches er ihr zur Verfügung gestellt hatte. Sanft legte er sie ab und deckte sie zu. "Schlaf gut, Mine. Auch wenn ich es nicht gern zugeben, aber wenn einer Malfoy auf den rechten Pfad zurück bringen kann, dann wohl du." Er war bereit, Hermine in jeder Hinsicht in ihrem Vorhaben zu unterstützen und wenn er Malfoy dafür ertragen und nett zu ihm sein musste. Wenn seine Freundin an das Gute in dem Slytherin glaubte, dann tat er das auch - im Gegensatz zu Ron. Dieser war felsenfest davon überzeugt, dass ein Malfoy von grundauf schlecht war und sich niemals ändern würde.
Nachdem er ihr noch einen Kuss auf die Stirn gehaucht hatte, verließ er das Zimmer.

-*-*-*-

"Das ist doch gut, dass du dich mit einem Muggelmädchen angefreundet hast." Narcissa und ihr Sohn saßen gerade beim Abendessen. Draco hatte ihr von seinem ersten Tag ohne Magie erzählt. Sie war natürlich neugierig, wie ihr Sohn mit der neuen Situation umging. "Wir haben uns nicht angefreundet, sie hat mir nur geholfen, dieses laute Monstrum zu bedienen.", stellte Draco richtig. "Und ich muss zugeben, dass ich Spaß daran hatte.", fügte er mit Unbehagen hinzu. "Draco, mein Lieber...", setzte Narcissa einfühlsam an. "Auch wenn es dir ein Leben lang eingebläut wurde - woran ich leider auch nicht ganz unschuldig bin - es ist keine Schande, wenn du dich in der Muggelwelt zwischen Muggeln wohlfühlst. Sie sind Menschen wie wir." "Das weiß ich doch. Aber es ist nicht leicht, das, was man sein ganzes Leben lang für richtig hielt, plötzlich in Frage zu stellen.", meinte Draco verbissen und malträtierte sein Steak, um seiner Wut über sich selbst Ausdruck zu verleihen. Narcissa merkte, dass ihren Sohn etwas bedrückte. "Was ist los, Schatz?", fragte sie mit einem sorgenvollen Unterton. "Angenommen, du hast einen Fehler gemacht und du weißt es auch und jemand anders muss verbüßt freiwillig für dich die Strafe..." Narcissa zog die Brauen hoch. "Draco Lucius Malfoy, was hast du getan?", klang ihre Stimme scharf. "Es ist nichts Schlimmes!", hob er abwehrend die Hände. "Wir sollten Unkraut aus Beeten zupfen. Ich dachte mir, dass ist ja einfach, im Krauterkundeunterricht haben wir das ja auch gemacht. Doch ich habe mich geirrt und als ich das verstanden habe, war es zu spät." Er sah seine Mutter geknickt an. "Was ist passiert?", fragte sie sanft, als sie sah, dass ihr Sohn sich aufrichtig schämte. "In meinem Beet waren Kartoffeln und die hatten so dicke fette Triebe... Aus dem Krauterkundeunterricht weiß ich, dass so magisches Unkraut aussieht und darum habe ich alle Kartoffeln aus der Erde geholt und auf den Kompost geworfen." Narcissa musste schmunzeln. "Aber das ist noch nicht alles, oder?" Er schüttelte den Kopf. Sie griff nach seiner Hand und rieb mit dem Daumen über seinen Handrücken. "Du kannst immer mit mir reden, das weißt du." Er hob den Kopf und das aufmunternd Lächeln seiner Mutter gab ihm die Kraft, offen seinen Fehler zuzugeben. "Granger wollte mich warnen, dass ich die Kartoffeln nicht auf den Kompost werfen darf. Aber ich war zu stolz, ihr überhaupt zuzuhören. Und dann musste sie an meiner statt alle Kartoffeln wieder vom Kompost holen und einpflanzen." Draco rieb sich die Nasenwurzel. "Ich verstehe das nicht, sie hätte einfach sagen können, dass ich das war. Aber sie hat es nicht." Narcissa war erstaunt. Dieses Mädchen, dass so schwer unter ihrer Familie - nicht zuletzt unter ihrer älteren, verrückten Schwester Bellatrix - gelitten hatte setzte alles daran, ihr und ihrem Sohn zu helfen. "Ich hoffe, du hast dich bedankt!", meinte sie etwas streng und wollte selbst nur ihr schlechtes Gewissen beruhigen. Sie hatte sich auch noch nicht offiziell für die Hilfe vor dem Zaubergamot bedankt. Er schüttelte den Kopf. "Du wirst dich morgen entschuldigen und dich bedanken. Mir scheint, dass Hermine Granger eine der wenigen, wenn nicht sogar die einzige in der Zaubererwelt ist, die den Glauben an uns noch nicht verloren hat. Diese Mühe sollten wir ihr anerkennen und honorieren?"

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Sieh an, Draco bereut also doch. Sein schlechtes Gewissen plagt ihn. Aber wird er auch so schnell über seinen Schatten springen.

Guten Morgen und gute Nacht, ich werde jetzt schlafen.

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