61. Belial

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Favio

Von einem Schlagloch wurde ich geweckt. Schmerzverzerrt stöhnte ich auf und rieb mir die Schläfe, welche gegen die Fensterscheibe geschlagen wurde. „Tut mir leid.", hörte ich Kenneth sagen. „Schon ok.", murmelte ich und legte den Kopf in den Nacken. „Ich wusste ja, dass heute eine Nachtschicht ansteht, hätte einfach schlafen sollen.", sagte ich mit rauer Stimme und sah zu dem Jüngeren. Die Beleuchtung des Armaturenbrett erhellte sein Gesicht minimal und zeigte seinen ernsten Gesichtsausdruck. Den selben ernsten Ausdruck, den er hatte als wir über unsere Beziehung sprachen. Als wir das letzte Mal darüber sprachen. Seitdem war es irgendwie seltsam. Gezwungen und verklemmt. Wir versuchten beide dem anderen nicht zu nahe zu kommen und das obwohl wir uns ein Zimmer teilt.

„Du kannst ruhig schlafen. Wir werden noch eine Weile unterwegs sein.", erwiderte er und bog mit dem Van auf eine Landstraße ab. Ich ließ meinen Blick wieder auf die Fahrbahn gleiten. Jedoch kreisten jetzt meine Gedanken um den kommenden Einsatz. Atayo und seine Truppe war schon gestern aufgebrochen um uns dann am Labor zu treffen. Es ging um keine Befreiung, dafür hatte der Bunker grade keine Kapazität. Es ging nur um den Abfall. Kleidung. Kenneth sagte, manchmal brachten sie auch die geschlachteten Tiere mit, wenn sie frisch genug waren. Was mir nur wieder vor Augen führte wie verschwenderisch meine Sippschaft war.

Seufzend sah ich aus dem Beifahrerfenster und ließ meinen Blick von einem Baum zum nächsten springen. Das machte mich jedoch so müde, dass mir kurz darauf die Augen zufielen.

Geweckt wurde ich von Kenneths Fluchen. „Was ist los?", fragte ich besorgt und richtete mich auf, versuchte die Situation zu begreifen. „Kontrolle.", sagte Kenneth stumpf und griff nach dem Funkgerät. „Yuito, Kontrolle auf der Landstraße. Wartet nicht auf uns. Melde mich falls überstanden.", sagte er und drückte mir dann das Gerät in die Hand. „Stell es aus und versteck es.", befahl er und sofort kam ich dem nach. Rechtzeitig tauchte ich wieder auf dem Sitz auf und sah geradezu in die hellen Straßenlichter. Sofort war ich wach und ich fühlte wie mein Herz zu rasen begann. Was wenn sie mich erkannten? Warum hatte ich daran nicht früher gedacht?

Kenneth fuhr das Fenster runter und wenig später sagte eine dunkle Stimme: „Alle aussteigen."

Zitternd zog ich den Türöffner zurück und ließ mich aus dem hohen Van gleiten. „Hände an den Wangen.", hörte ich die dunkle Stimme auf der anderen Seite sagen während sich mir Schritte näherten. „Hände an die Tür.", sagte eine mir sehr bekannte Stimme. Sofort folgte ich dem Befehl und ließ meinen Kopf zwischen meinen gehobenen Armen verschwinden. Warum er?

Eine Hand griff nach meinem Arm während sich ein kalter Lauf in meinen Nacken legte. „Keine Spielchen.", befahl er und ich nickte ergeben. Die Waffe verschwand und stattdessen bohrte sich eine Nadel in meinen Arm. Ich zischte leise auf. Sie hatten es alle nicht gelernt aber es war auch egal. Die Tests reagierten egal woher das Blut kam, egal wo man die Person aufschnitt.

„Menschlich.", rief die Stimme hinter mir und legte die Nadel und den Teststreifen auf der Motorhaube ab.

„Beine auseinander.", war der kühle Befehl. Zitternd leistete ich diesem Folge und fing sofort an zu krampfen als ich seine Hände wieder auf meinem Körper spürte. Wie sie an meinen Beinen empor tasteten. Zu meiner Taille und über meinen Bauch, meinen Rücken, meine Brust. „Warum denn so nervös?", fragte er ganz nah an meinem Ohr. Kurz sah ich zu ihm, drehte den Kopf allerdings sofort zurück als ich sah wie nah er mir wirklich war. „Ist nur das erste Mal.", erwiderte ich mit zitternder Stimme. „Aha.", erwiderte er und ich hörte das vertraute Lächeln in seiner Stimme. „Bleib hier stehen.", befahl er und ließ von mir ab.

Durch die Frontscheibe sah ich wie er mit einigen seiner Kollegen sprach. Sein dunkles Haar schimmerte unter dem Straßenlicht und ich bildete mir ein seinen durchdringenden schwarzen Blick auf mir zu fühlen.

Dann kam er zurück.

„Du denkst auch du kannst mich für dumm verkaufen.", sagte er und schlang einen Arm um meinen Brustkorb. „Was?", stammelte ich. Doch da fühlte ich schon wie er kontrollierend über meine Brustwarzen fuhr. „Fa, du trägst sie nicht mehr?", fragte er und atmete mir in den Nacken. „Dabei standen sie dir so gut.", hauchte er und biss mir sanft ins Ohr. „Bel.", kam es winselnd über meine Lippen. „Kannst du mir erklären warum du mit dem Mann unterwegs bist, den du ausliefern solltest?", fragte er und ließ seine Hand an meinem Bauch nach unten gleiten. Grob griff er mir zwischen die Beine und ich fühlte wie mir sofort die Tränen in die Augen stiegen. „Ich gebe dir eine Woche Zeit. Hörst du eine Woche.", knurrte er und erneut legte sich ein kalter Lauf an meine Halsbeuge. Doch diesmal drückte er ab. Ein stechend, glühender Schmerz fuhr durch meinen Rücken. Doch ich konnte nur keuchen. „Wenn du in einer Woche nicht mit ihm bei uns bist, dann jage ich deinen hübschen Kopf hoch. Haben wir uns verstanden?", fragte er und drehte mich herum. „Die Kapseln sollten dir bekannt sein.", sagte er lächelnd und griff nach meinem Kiefer. Diese schwarzen Augen. Leicht legte er den Kopf schief und sagte: „Wein nicht, Fa. Das macht dich nicht hübscher. Tu was ich dir sage und ich werde sie entfernen. Dann wirst du wieder in Sicherheit bei mir sein. Ich habe dich so vermisst." Damit legte er seine Lippen auf meine und mir blieb nichts anders übrig als zu erwidern.

Eine unerträgliche Ewigkeit später löste er sich und hauchte: „Wenn du zurück kommst wirst du sie tragen oder ich steche dir neue." Sanft zwickte er mir in die Brust bevor er mir den Rücken kehrte und rief: „Alles sauber."

Ich brauchte einen Moment bevor ich mich kräftig genug fühlte die Tür des Wagens zu öffnen und auf den Sitz zu springen. Ken saß schon hinter dem Steuer und die Straßensperrung wurde für uns geöffnet.

Als wir sie hinter uns gelassen hatten fragte Kenneth leise: „Alles okay bei dir? Haben sie dir weh getan?" Sofort schüttelte ich den Kopf und unterdrückte die Tränen, die mir bei dieser Frage hoch kamen. Ich sollte ihn verraten. Ihn, den es wirklich interessierte wie es mir ging.

Unwohl klemmte ich meine Hände zwischen meine Beine und sah starr aus dem Fenster. Warum hatte er mich nicht verraten? Er hatte doch uns beide erkannt?

„Sicher das alles gut ist?", fragte Kenneth und legte eine Hand auf meinen Oberschenkel. Sofort fuhr ich zusammen und sah ihn schweratmend an. „Vio.", entkam es ihm überrascht. Dann fuhr er an die Seite und stellte den Motor ab. „Was ist los?", fragte er und legte eine Hand an meine Wange. Sofort schmiegte ich mich in seine warme Berührung, versuchte Belial zu vergessen.

„Was ist los?", fragte er erneut und strich eine Strähne hinter mein Ohr. „Mein Ex- Freund war bei ihnen.", sagte ich leise und beobachtete wie sich die Angst auf Kenneths Gesicht breit machte. „Hat er dich erkannt?", fragte er sofort. „Meinst du ich würde dann noch hier sitzen?", versuchte ich zu scherzen. Kenneth legte eine Hand an meine Wange. „Du brauchst keine Angst mehr vor ihm haben.", sagte er und musterte liebevoll mein Gesicht. Wie er es jetzt schon Tage nicht mehr getan hatte. Und das traf mich, ließ mich nicht mehr über meine Worte nachdenken.

„Darf ich dich lieben?", hauchte ich leise und griff sanft nach seinem Arm. „Favio.", setzte er an. Doch ich unterbrach ihn. „Ich brauche nicht alles wissen. Nur bitte, diese Distanz macht mich krank. Kenneth, ich will, dass ich dir gehöre. Ich will einen Platz in dieser Welt haben.", sagte ich mit brechender Stimme. Vielleicht war es auch die Todesangst die aus mir sprach.

Doch es schien ihn zu überzeugen. Denn wenig später fühlte ich seine Lippen auf meinen. Die Lippen, die ein so viel besseres Gefühl hervorbrachten als Belials. 

Vamp Zone 《4》Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt