Alles nur geträumt

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Ich schreckte hoch und sah mich hektisch um.

Wo war ich?

In Rivendell? Im Düsterwald? Zu Hause?

All diese Fragen schossen durch meinen Kopf und ließen mich schwer atmen.

Nur langsam beruhigte sich mein Herzschlag, dass ich meine Umgebung wahrnehmen konnte.

Ich kannte das Zimmer, wusste, dass ich gerne hier war, auch wenn mich der Gedanke, dass ich wirklich hier war, beunruhigte. Denn dann würde ich ihn wiedersehen und er würde all meine Gedanken durcheinanderbringen, die ich gerade erst geschafft hatte, zu ordnen.

Wie auf Kommando, als hätte ich ihn, den ich gerade überhaupt nicht sehen wollte, heraufbeschworen, öffnete sich die Tür zu meinem und seinem Schlafgemach. Ich wagte nicht einmal an seinen Namen zu denken, denn dann würde endgültig alles den Bach runtergehen und meine Gedanken wie Flutwasser aufspülen lassen. Dann konnte ich nicht mehr garantieren ruhig zu bleiben.

Doch an ruhig zu sein, war gar nicht erst zu denken, als mich der Blick von ihm traf. Er war forschend, suchend und alles andere als angenehm, denn es lag eine Distanziertheit darin, dass es mich fröstelte. Nein, den Gedanken, dass er mich von sich stoßen würde, er es bereits gemacht hatte, verdrängte ich. Ich wollte nicht, dass es so weit kam, da wir uns so viel gemeinsam aufgebaut hatten, dass es mich zerschmettern würde, wenn wir da anfangen würden, wo wir uns kennengelernt hatten.

Er sollte wissen, dass ich mich erinnerte, denn ich wusste, dass ich alles zerstört hatte, wusste, dass die erneut verschobene Hochzeit ihn und sein Volk plagte. >> Thranduil. << Meine Stimme war mehr ein Flüstern.

Sein Blick veränderte sich nicht, doch er blieb einige Schritte vom Bett entfernt stehen. >> Arien. << Ich wand mich innerlich, als ich seine Stimme hörte. Sie war eiskalt und konnte Glas schneiden und zugleich Feuer bezwingen. >> Du bist wach. Endlich. <<

>> Ja <<, sagte ich und wusste mir zeitgleich nicht anders zu helfen. Ich rang mit mir, denn ich wollte, dass er erfuhr, dass ich mich wieder voll und ganz an ihn - an uns - erinnerte und an die Gefühle, die ich für ihn empfand. Aber würde das etwas ändern?

Ich bezweifelte es. Er war so weit weg, ich glaubte schon fast, er war weiter von mir entfernt, als zu dem Zeitpunkt unserer ersten Begegnung durch Lord Elrond.

>> Ich habe die Gäste nach Hause geschickt. << Thranduil kam langsam dichter und sah abschätzig auf mich hinab. Ich erschrak, als ich übergeschminkte Augenringe erkannte. Es war nicht normal das Elben Augenringe hatten, denn sie waren die Lieblinge ihres Schöpfers und wurden mit außergewöhnlicher Schönheit beschenkt.

>> Warum? <<, fragte ich.

>> Die Hochzeit wird verschoben. << Er verschränkte die Hände hinter dem Rücken. >> Schon wieder. <<

Ich wusste nicht, was ich sagen konnte, um ihn glücklich zu machen. Es schien so, als würde er sein Glück verloren haben und es nie wieder finden. Aber er hatte doch mich. Ich war sein Glück und ich war hier.

>> Das brauchst du nicht <<, sagte ich und wollte meine Hand auf seinen Arm legen. Er wich mir aus, dass mir das Herz in die Knie sackte. Das war alles meine Schuld, immer bin ich es, die alles kaputt macht. Ich legte die Hand wieder auf das Bett - auf unser Bett. Vielleicht bestand immer noch ein Funken Hoffnung für uns, immerhin ließ mich Thranduil noch in seine Bett schlafen. Oder musste er das, weil wir so oder so heiraten würden, auch wenn ich mich gegen ihn oder er sich gegen mich entscheiden sollte, wenn er sich nicht bereits getan hatte. >> Wir können gleich jetzt die Zeremonie vollziehen, wenn du das willst. <<

Thranduil schüttelte den Kopf und wand sich zum Gehen. >> Nein. Sie wird nächsten Monat zur selben Zeit stattfinden. << Er ging einfach, ohne sich nochmal umzudrehen oder auch nur einen prüfenden Blick, wie er es immer tat, zurückzuwerfen.

Mein Magen zog sich zusammen, dass ich eilig die Bettdecke zurückschlug und aufsprang. Meine Füße schmerzten, als ich nur im Nachtkleid zu ihm eilte, um ihn zur Rede zu stellen. Denn das tat er immer, auch wenn er der König war, lief er vor mir weg, wenn ich eigentlich für ihn da war, um ihm zuzuhören, wenn er mit mir reden wollte. Nur wollte er das nie, er wollte nie über seine Gefühle reden, nur über meine. Ich schätzte es natürlich sehr, dass er immer für mich da war und zuhörte, wenn ich jemanden brauchte, obwohl ich bezweifelte, dass er das in Zukunft auch sein würde.

Es schien fast so, als hätte er diesmal seine Erinnerungen an uns verloren.

Ich war fast bei ihm und war im Inbegriff nach seinem Arm zu greifen und ihn zu mir herumzudrehen, als er sich blitzschnell selber umdrehte und mich aus funkelten Augen anstarrte. Diesmal war es jedoch nicht das glückliche Funkeln, was er in den Augen trug, wenn er mich ansah. Jetzt war es eher wütend, was zu seinem verzehrtem Gesicht passte.

Unwillkürlich trat ich einen Schritt zurück, als er auf mich zukam. Ein Bild schoss mir durch den Kopf: Ich an die Wand meines alten Zimmers in Rivendell gepresst und Thranduil mit geschlossenen Augen vor mir. Ich wusste nicht, wo das Bild herkam, vielleicht hatte ich das Ereignis vergessen, oder es war nur aus einem Traum entsprungen. Aber ich erinnerte mich an ein Gefühl, dass mich unwohl einen weiterem Schritt zurücktreten ließ. Dieser wurde aber sofort von ihm wieder ausgeglichen, dass ich einsehen musste, dass das hin und her keinen Sinn hatte. Fest stand, er würde dichter kommen, je weiter ich zurückwich.

Thranduil atmete schwer aus, aber seine Stimme war ruhig, als er mit mir sprach, was gar nicht zu seiner Zornesfalte zwischen seinen Augenbrauen passte, >> Geh wieder ins Bett und ruh dich aus. << Ohne ein weiteres Wort drehte er sich um und glitt zur Tür.

Ich machte einen Schritt auf ihn zu, um zu fragen, was los war, als er fast an der Tür angekommen war und plötzlich herumwirbelte. >> ICH SAGTE, GEH INS BETT! <<

Noch im selben Moment, als er schrie, zuckte ich zusammen und stolperte zum Bett zurück. Seine Stimme war eine Wucht und wirkte wie gezielte Messerstiche in mein Herz, dass mir die Augen brannten und die Luft zum Atmen fehlte. Meine Kehle brannte, dass ich sie am liebsten herausgerissen hätte, um das schrecklich beengende Gefühl nicht mehr zu spüren, als es mich in immer größer werdenden Wellen überkam und gezielt ertränkte.

Warum haben wir es immer so schwer?

Ich blinzelte heftig, als ich zurück auf das Bett kroch und nur einen flüchtigen Blick in seine Richtung warf. Mein Herz schlug mir bis zum Hals, als sich unsere Blicke begegneten, dass ich schnell den Kopf senkte und die Decke zu mir zog.

Ich wagte nicht hinzusehen, als Thranduil den Raum verließ und atmete erleichtert aus, als er die Tür ins Schloss fallen ließ. Das Geräusch, wenn Eisen an Eisen schabt war mir bekannt, als ich das Schloss zuschnappen hörte und realisierte, dass er mich wie am Tag des Sternenfestes eingeschlossen hatte, nachdem er mir versprochen hatte, es mit mir gemeinsam zu feiern. Damals wie heute war ich mir sicher, dass er sich für mich schämte. Nur, dass heute die Scham auf der von mir vermasselten Hochzeit lag und der Tatsache, dass ich ihn durch mein Versagen als schwach dastehen ließ, und nicht durch die Scham, dass ich damals ein einfacher Mensch war, beruhte.

Ich schluckte, als ich überlegte, ob er sich nicht immer heimlich für mich geschämt hatte. Aber, dann hätte er nicht all das für mich getan, was er getan hatte. Er hätte mich nicht nach der großen Schlacht vor den Schatten gerettet und hätte mich auch diesmal im Wasser liegen lassen können. Ich wäre tot gewesen und nicht mehr sein Problem, was ihm alle Unannehmlichkeiten ersparen würde. Nein, er musste noch etwas für mich empfinden. Er hätte anders gehandelt, wenn er mich nicht wenigstens noch ein bisschen lieben würde.

Hatte er das überhaupt bisher getan? Die Frage lastete schwer auf mir, weshalb ich mich des Königs Anweisung widersetzte und aufstand.

Ich war schließlich die Königin - zumindest die Zukünftige.

Thranduil FF || Die Bestimmung - Die dunkle KroneWo Geschichten leben. Entdecke jetzt