Wahrheiten

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In Rivendell war es lieblich und hier fand ich meine Ruhe, als ich mich auf einem Himmelbett ausstreckte und direkt aus einem großen Fenster sehen konnte.

Draußen war es mittlerweile dunkel und der Mond stand hoch am Himmel, doch in dem Zimmer, was man mir im Namen von Anwen, der Tochter des Lords zugewiesen hatte, denn Lindir war scheinbar auch im Düsterwald gewesen und wird erst mit seinem Vater zurückkehren, konnte ich nicht schlafen. Ich kam einfach nicht zur Ruhe und die Rastlosigkeit hatte sich tief in mir eingenistet.

Eine Brise zog durch das geöffnete Fenster herein und ich musste mir eingestehen, dass ich heute zu keinem Schlaf kam. Ich raffte mich auf und zog mir einen Mantel über das Nachtgewand, um leise aus dem Zimmer auf einen breiten, hellen Flur zu huschen. Alles war irgendwie hell, aus Stein, aber nicht kalt. In Eryn Galen war es immer etwas dunkler, denn die Bäume und die zahlreichen Holzornamente ließen das Licht der Sonne nur an den hellsten Tagen komplett in den Palast. Ich sagte nicht, dass es mir nicht gefiel, dadurch wirkte alles wie in goldenes Licht getaucht, denn die Waldelben liebten ihren Wald und ließen das auch in ihrer Einrichtung erkennen. Wahrscheinlich liebten die Elben aus Bruchtal die Sonne und die Reinheit, die schön geschliffener Stein bot. Es waren zwei komplett unterschiedliche Welten und als ich so aus dem Hauptgebäude schritt und auf die Stadt zu den Füßen des Sees hinabsah, wusste ich nicht, was ich mehr bevorzugte. Das goldene Licht der Bäume oder die weißen Strahlen der Sonne.

Jemand räusperte sich hinter mir und ich drehte mich um. Legolas.

>> Was tust du nachts hier draußen? << Seine Frage war berechtigt. Ich wusste nur selbst noch nicht, was die Antwort auf jene Frage war.

Ich zuckte die Achseln. >> Die gleiche Frage könnte ich dir stellen. <<

Er sah mich unverwandt an, bis er schließlich nachgab und seufzte: >> Ich konnte nicht schlafen. Und du? <<

>> Ich auch nicht. <<

Stille senkte sich über uns, während wir nur unter den Sternen standen.

>> Ich habe ein schlechtes Gewissen <<, gab ich nach einer Weile zu.

Legolas Blick war voller Verständnis. >> Ich auch. <<

Ich drehte mich ihm zu, er sollte wissen, dass ich es ernst meinte, als ich sagte: >> Das brauchst du nicht haben, es war allein meine Entscheidung hierher zu kommen. Du hättest genauso gut nein sagen können und ich wäre trotzdem geritten. <<

>> Das ist es nicht. << Der junge Prinz sah in die Ferne, während sein Haar, welches seinem Vater fiel zu ähnlich war, um das Angesicht wehte. Es war das erste mal, dass ich ihn ohne geflochtenes Haar sah, denn sonst, trug er es immer nach hinten gebunden. >> Ich ging in den Norden, um Abstand zu allem zu bekommen, um meinem Vater aus den Augen zu gehen, weil ich es nicht ertrug, ihm auch nur eine Sekunde länger in die Augen zu sehen, nachdem was er Tauriel angetan hatte. Ich sagte, wenn für sie kein Platz im Düsterwald sei, ist für mich auch kein Platz. Doch ich kam zurück, aus schlechtem Gewissen, gegenüber meinem Vater und meinen Verpflichtungen als Prinz und... wegen dir. << Ein schmerzhaftes Lächeln legte sich über seine Lippen. >> Gerade rechtzeitig, wie ich finde. <<

>> Wenn du nicht bleiben willst, brauchst du nicht hier sein. << Es tat mir weh das zu sagen, aber ich tat es trotzdem. Legolas war mein Freund, ein ziemlich guter sogar, was komisch war, wenn ich seinen Vater heiraten sollte und auf eine verquere Art und Weise seine Stiefmutter sein sollte. Mir fröstelte es bei dem Gedanken und ich schüttelte ihn schnell wieder ab. >> Du brauchst nicht im Düsterwald oder hier in Rivendell zu sein, wenn du lieber wo anders sein willst. Wenn du zu Tauriel möchtest oder zu den Zwergen << Bei den Worten verzog er merklich den Mund, sodass ich kurz lachen musste und auch er ein kurzes Lächeln zeigte. >> Ich will nur sagen, ich verurteile dich nicht, wenn du lieber woanders sein möchtest. Und gerade bei Tauriel. Sie mochte dich schon immer, ich sah wie sie vor einigen Tagen vor dem Sternenlichtfest zu deinem Vater gesprochen hatte. Über dich. <<

Legolas horchtet auf. >> Was hat sie gesagt? <<

Ich wusste nicht, ob ich zu weit ging, oder ob ich es lieber lassen sollte und ihm nicht von dem Gespräch erzählte. Schließlich tat ich es trotzdem. >> Irgendwie waren sie auf dich gekommen. Weil Thranduil bemerkte, dass sie dich oft ansieht, auf eine besondere Art und Weise... << Es fiel mir schwer davon zu erzählen, ich fühlte mich schrecklich schuldig, weil ich ihm nicht vorher davon erzählt hatte. >> Sie hatte irgendwie angedeutet, dass Thranduil sowieso nicht zulassen würde, dass sie dich bekommt, und sie sich deswegen keine Hoffnungen macht, wobei... ihr Gesicht... hatte irgendwie Hoffnung gehabt, jedenfalls nur bis dein Vater meinte, sie habe recht und er würde nie zulassen, dass eine einfache Waldelbin einen Prinzen heiratet. Danach wirkte sie sehr... unglücklich. <<

Legolas ballte die Fäuste. >> Ich wusste es <<, murmelte er leise, eher zu sich. >> Ich wusste es die ganze Zeit. <<

>> Was? <<

>> Er hat sie nicht verbannt, weil sie eine seiner Anweisungen missachtet hatte und in den Wald gegangen ist, obwohl die Tore geschlossen werden sollten. Es war nicht das erste mal, dass sie das tat. <<

Ich sah verwirrt drein und lenkte Legolas so, dass er mich ansah. Wut und Zorn und Enttäuschung standen in seinen Augen, so deutlich, dass ich einen Schritt zurücktrat. Er war Legolas, aber irgendwie auch nicht.

>> Er hat sie verbannt, weil... <<, setzte ich an und mir sackte das Herz in die Kniekehlen. Ich hatte nie gedacht, dass er zu so etwas im Stande war, dass er wirklich so herzlos war, wie alle gesagt hatten, als ich in Mittelerde ankam. Meine Beine wurden weich und mir wurde schlecht. Er hatte sich nicht verändert, er spielte mir nur etwas vor, um irgendetwas zu erreichen, er hatte sich nicht verändert. Thranduil war noch genauso wie früher.

>>... ich sie genommen hätte, wenn sie es gewollt hätte. Und sie wollte es. << Legolas sah mich an. >> Ich hätte alles getan, auf alles verzichtet, auf meinen Titel und meine Krone und wäre mit ihr überall hin, wenn sie es nur gesagt hätte. <<

Es traf mich schwerer als ein Pfeil und mein Herz blutete. Ich hasste es Legolas so zu sehen, wobei es das erste mal war, dass er sich mir so sehr offenbarte wie jetzt gerade. Meine Nasenflügel bebten wie der Boden unter meinen Füßen.

Pferdehufe.

Viele Pferdehufe.

Ich erstarrte und sah Legolas an, während er mich zurück ins Haus ziehen wollte. Wir kamen nicht weit, denn etwa fünf oder sechs Pferde umkreisten uns. Mein Herz setzte aus, als ich an Thranduil dachte und daran, was als nächstes passieren würde. Und das war er und ein riesiges Drama, wenn er nicht gleich kurzen Prozess gemacht hätte und Legolas und mich zurück nach Mirkwood geschleppt hätte.

Doch dann hörte ich eine andere Stimme zwischen all den braunen Pferden. Braune Pferde? Wir hatten nur Schimmel. Mein Herz schlug einen Purzelbaum, als ich endlich wagte aufzusehen und Lindir ins Gesicht sah.

Ich grinste sofort, jedenfalls solange, bis ich Lord Elrond direkt neben ihm erkannte, der alles andere als erfreut war. Eine Falte legte sich auf seine Stirn, wobei ich seine goldige Rüstung betrachtete, die im hellem Mondlicht funkelte wie Bernstein. Wunderschön.

>> Arien. << Seine Stimme war ruhig, nicht unfreundlich, aber auch nicht freundlich. Eher überrascht und neutral. Ob das gut war oder nicht, würde ich noch herausfinden müssen. >> Ich hoffe du weißt, du bringst mich in nervenaufreibende Schwierigkeiten, wenn der König des Düsterwald erfährt, dass du hier bist, und ich ihm nicht davon berichten würde, wo er seine verloren gegangen Maid voller Herzblut sucht. <<

Thranduil FF || Die Bestimmung - Die dunkle KroneWo Geschichten leben. Entdecke jetzt