1 - Beileid

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"Mein Beileid. Das ist eine richtige Hexe! Aber so eine richtige!"

Ich stand im Sekretariat meiner neuen Schule. Ich war hierhin umgezogen und brauchte noch ein Jahr bis zu meinem Abi. Die Sekretärin hatte mich in ihren Akten aufgenommen und mich in die 12B gesteckt. Zu meiner neuen Klassenlehrerin Frau Schwarz.

"Wieso?", fragte ich das Mädchen neben mir.

"Die hasst einfach alle und alles. Bei der fröstelt es sogar den Eiswürfeln! Sieht übrigens auch schon so aus. Wie eine Hexe. Ihr Kunstraum ist sowas wie der Vorhof der Hölle!"

"Okay. Danke für die Info. Was ist denn so schlimm an ihr?"

"Wirst du schon sehen!", meinte das Mädchen ominös.

Mich irritierte, dass die Sekretärin, die direkt bei uns stand, nichts dazu sagte, das Mädchen nicht zurechtwies, sondern diese Statements einfach stehen ließ, als wären sie allgemein akzeptiert. Als wären das alles unbestrittene Fakten.

So etwas brauchte ich gerade! Mein Leben war kompliziert genug!

Ich war gerade aus dem Bürgerbüro gekommen, wo man mich schon blöd behandelt hatte. Jetzt also noch einen "feuerspeienden Drachen", wie das Mädchen noch gemeint hatte, als Klassenlehrerin.

Sie gab mir einen Ausdruck mit all meinen Daten und meinte:

"Am besten gehst du direkt zu ihr. Sie muss das hier ausfüllen."

Ich machte mich also auf den Weg.

Mal wieder eine neue Schule. In den letzten Jahren waren wir so oft umgezogen, dass ich mir gar nicht mehr die Mühe gemacht hatte, mir Freundinnen zu suchen, weil das alles sowieso nicht von Dauer wäre. Bald würden wir in die nächste Stadt ziehen und ich ans nächste Gymnasium versetzt. Da lohnten sich Freundschaften einfach nicht!

Vielleicht würde ich hier sogar mein Abi machen. Ein Jahr noch. Meine Eltern waren ins Ausland versetzt worden, aber sie hatten mir eine kleine Mietwohnung finanziert und lebte nun allein.

Ich hatte mich an die Situation gewöhnt, störte mich nicht daran, keine richtigen Freunde zu haben. Dafür war ich ziemlich selbstständig, war es gewohnt, meine Probleme selbst zu regeln, was zugegebenermaßen manchmal schwer war. Immer alle Entscheidungen selbst zu treffen und immer das Richtige tun zu müssen.

Naja, es machte mich auf der anderen Seite aber auch erwachsener in den Augen der anderen. Man schätzte mich meist älter als meine 18 ½, auch wenn ich mich oft nicht so fühlte.

Relativ lustlos versuchte ich den Kunstraum zu finden. Es war 2 Uhr nachmittags, viel war in der Schule nicht mehr los. Ich fragte die Putzfrau nach dem Weg, bis ich schließlich vor dem Kunstraum stand.

Ich klopfte an die Tür.

Eine Weile passierte nichts, obwohl aus dem Raum Geräusche drangen.

Schließlich klopfte ich noch einmal, dieses Mal lauter und praktisch sofort kam ein ziemlich unfreundliches "Ja!" zurück.

Ich trat also ein in so einen typischen Kunstraum mit großen Tischen und Bildern an der Wand.

Eine Frau stand vor einer Staffelei. Sie hatte mir den Rücken zugedreht und machte keine Anstalten, sich zu mir umzudrehen. Ich fand das recht unfreundlich. Alles, was ich von ihr sah, waren lange, dunkelrote Haare. Sie trug schwarz, einen langen Rock und darunter hohe lederne Stiefel. Für eine Lehrerin vielleicht ein wenig overdressed? Auf der anderen Seite, dachte ich mir, legen Kunstlehrerinnen bestimmt Wert auf ihr Äußeres.

Ich konnte verstehen, dass man sie als Hexe bezeichnete

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Ich konnte verstehen, dass man sie als Hexe bezeichnete. Sie sah schon ein wenig so aus. Wegen ihres harschen Auftritts, der roten Haare und der schwarzen Klamotten.

"Frau Schwarz?", fragte ich.

Aber sie sagte nichts, zeigte nicht einmal die Höflichkeit, sich zu mir umzudrehen.

"Wie findest du das Gemälde?", sagte sie stattdessen.

Ich war etwas verwirrt, muss ich gestehen.

"Wie bitte? Ähm, mein Name ist Alessia, ich bin neu in Ihrer Klasse."

"Das Gemälde hier! Wie findest du es?" Ihre Stimme klang ungeduldig und wirklich unfreundlich. Als wäre ich ein bisschen zurückgeblieben. Ich fand das unfair, denn sie kannte mich ja nicht einmal!

Meine Lehrerin, meine HerrinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt