Am nächsten Montag konnte ich den Unterricht nicht erwarten und war gespannt, wie sie mich behandeln würde.
Wie Frau Schwarz oder wie Viktoria.
War sie immer noch meine Lehrerin oder war sie meine Freundin? Meine Geliebte?
Ich hatte sie geduzt und sie hatte mir ihre Liebe gestanden. Wir hatten zusammen geklönt wie Freundinnen. Wir hatten gekuschelt und geknutscht.
Das meiste davon war allerdings im Suff geschehen. Sie war nicht immer so richtig zurechnungsfähig gewesen.
Wie genau waren da die Regeln?
Durfte ich sie jetzt duzen? Nicht in der Klasse, aber sonst?
Obwohl sie mir gesagt hatte, wie ich das zu handhaben hatte? Ich war mir nicht sicher. Ich hatte ihr einen Orgasmus beschert. Da konnte ich sie ja schlecht weiter siezen. Aber sie war immer noch meine Lehrerin, und sie kontrollierte mich und meine Sexualität in meiner Freizeit.
Gehörte das Siezen dazu? Eigentlich mochte ich es. So sehr ich sie auch gerne duzen würde. Beides mochte ich. Dass ich vor ihr Angst und Respekt hatte und dass ich ihre Freundin war. Beides gleichzeitig war nicht möglich, aber vielleicht parallel. Vielleicht nebeneinander?
Als sie in den Klassenraum kam, ließ Frau Schwarz sich nichts anmerken. Einmal trafen sich unsere Blicke, aber sie gab mir keinen Gruß, nicht einmal ein Augenzwinkern. Als wäre ich niemand. Als hätte sie mir nicht ihre Liebe gestanden und ich ihr einen Orgasmus geschenkt.
Es traf mich, verletzte mich auch.
Wie konnte sie mich so ignorieren?
Ich verstand, dass sie mir nicht in der Klasse ihre Zuneigung zeigen konnte vor den Augen all meiner Mitschüler.
Aber musste sie so kalt sein?
Bedeutete ich ihr nichts?
Ich hätte heulen können.
Meine Emotionen überraschten mich. Diese Achterbahn, diese Unberechenbarkeit.
Auch wenn ich kurz vorher noch akzeptiert hatte, wie kompliziert unsere Beziehung war, konnte ich jetzt nicht damit leben, dass es jetzt genau so war.
Das tat ich auch. Ich heulte. Ein wenig, nicht lange, behielt es für mich und niemand merkte es.
Ich versuchte es zu unterdrücken, weil ich ihr nicht diesen Triumph geben wollte, aber ich konnte es auch nicht ganz unterdrücken.
Also saß ich da in der letzten Reihe des Klassenraums, versteckte mich in meinem dicken Pulli, zog die Finger in die Ärmel, schloss den Mund, um nicht zu schluchzen.
Sie sollte es nicht sehen.
Sie sollte es nicht merken.
Oder vielleicht sollte sie es doch.
Vielleicht sollte sie wissen, wie sehr sie mich verletzte.
Vielleicht sollte sie verstehen, wie weh das tat.
Dass sie das nicht mit mir machen konnte.
Auch wenn sie meine Lehrerin war und ich nur ihre Schülerin.
Musste sie mir vermitteln, dass ich nichts war?
Nachdem, was ich für sie getan hatte?
Nachdem, was wir gemeinsam erlebt hatten?
Ich hatte ihr geholfen, als sie besoffen an meiner Tür geklingelt hatte.
Ich hatte mich um sie gekümmert, ich hatte sie gepflegt, meine Finger hatten sie sogar zu einem Höhepunkt gebracht. Ich hatte ihr Frühstück bereitet!
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Meine Lehrerin, meine Herrin
ChickLitAlessia hat die Schule gewechselt und trifft auf ihre Klassen- und Kunstlehrerin, die alle nur die Hexe nennen. Aber schnell stellt sich heraus, dass Frau Schwarz der 18-jährigen Eigenbrötlerin Alessia gegenüber sich ganz anders verhält. Was hat es...