42 - Tränenschläge

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"Kannst du zu mir kommen? Ich brauche dich, bitte!"

Es war schon spät, als die Nachricht von Frau Schwarz auf meinem Handy aufflammte, aber natürlich zog ich mich an und radelte sofort rüber zu ihr. Ich machte mir echt Sorgen. Sie sagte sonst nicht "Bitte", sondern nahm sich, was sie brauchte.

Als sie die Haustür öffnete, fiel sie mir in die Arme, ihre Augen waren verheult.

Sie umarmte mich, aber ich hatte das Gefühl, dass ich sie zum ersten Mal hielt, statt sie mich, wie es sonst immer war.

Sie zeigte mir ihr Tablet. Es war eine Facebookseite, auf der stand zu lesen:

"Dieser Inhalt ist leider derzeit nicht verfügbar".

"Was heißt das?", fragte ich, weil ich nicht verstand, was das bedeuten sollte. Facebook war jetzt so wirklich nicht meine Sache.

"Sie hat mich geblockt!", schluchzte sie.

"Wer?"

"Sie!" Frau Schwarz deutete vage in die Richtung der Gemälde von der schönen Frau, die mir so ein wenig ähnelte.

"Wer ist das?", fragte ich, in der Hoffnung, nun etwas mehr zu erfahren.

Doch sie sagte es mir nicht. Sie schluchzte einfach weiter und wiederholte sich:

"Sie hat mich geblockt! Nur weil ich ihr weiter folge! Erst verlässt sie mich, dann blockt sie mich!"

Ich reimte mir so ein wenig zusammen, was Frau Schwarz belastete.

Hilflos und nicht so genau wissend, was ich machen sollte, nahm ich sie in die Arme und hielt sie fest.

Ich war wirklich hilflos, wusste nicht, was ich sagen sollte. Ich hätte sie so gerne getröstet, hätte so gerne die richtigen Worte gefunden. Aber sie fielen mir nicht ein.

In diesem Moment fühlte ich mich hilfloser, als wenn sie mich quälte. Ich wollte so sehr, dass es ihr besser ging.

Aber wie nur?

Also hielt ich sie nur, und sie beruhigte sich auch bald, und dann begann sie von sich aus zu erzählen, dass sie Valerie während eines Auslandsjahrs in Paris während des Studiums kennengelernt hatte. Sie hatten sich sofort ineinander verliebt und gegenseitig gemalt. "Ma petite Boche" hatte Valerie Frau Schwarz genannt. "Boche" war wohl eine abwertende Bezeichnung für Deutsche. Aber sie hätte es liebevoll gemeint. Sie waren wohl so ein richtig süßes Paar gewesen.

Irgendwann musste Frau Schwarz wieder nach Deutschland. Sie blieben noch eine Weile zusammen, aber irgendwann machte Valerie einfach Schluss und suchte sich eine neue. Das hatte Frau Schwarz das Herz gebrochen. Sie konnte über viele Jahre diese Französin nicht vergessen und folgte ihr weiter auf Facebook. Doch diese Valerie hatte sie geblockt, als Viktoria Schwarz mit ihr wieder Kontakt aufnehmen wollte. Weil sie einfach ihre erste Liebe nicht vergessen konnte und Anteil an ihrem Leben haben wollte.

Viktoria berichtete, dass es ihr nicht guttat, weiter das Leben dieser verlorenen Liebe zu verfolgen, an deren Leben sie keinen Anteil mehr hatte.

Sie erzählte, wie sauer sie war, dass ihre Ex sie so behandelte. Sie wurde richtiggehend zornig.

Vielleicht war das etwas, das ich für sie tun konnte.

"Möchtest du deine Wut ausleben? Vielleicht geht es dir dann besser?"

Ich duzte sie in diesem Moment. Meist erlaubte sie es mir in bestimmten Situationen, aber in diesem Fall nahm ich mir das Recht, wie zu dem Zeitpunkt, als ich mich um sie gekümmert hatte, als sie betrunken zu mir gekommen war.

Meine Lehrerin, meine HerrinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt