Am nächsten Tag war dann mein erster Schultag am neuen Gymnasium.
Was soll ich sagen, ich hasste es.
Meine Mitschüler waren einfach total kindisch, laut, unkonzentriert und blöd. Sie machten nicht, was sie sollten, hatten nur Unsinn im Kopf. Kurz gesagt, sie waren total peinlich. Sie lachten über die dümmsten Witze und taten die blödsinnigsten Sachen.
Ich wusste sofort, dass ich in der Klasse bestimmt keine Freunde finden würde, und die Klasse merkte es auch und behandelte mich so, als gehöre ich nicht dazu.
Es war mir egal. Ich konnte damit leben.
Mein Abi würde ich auf einer Backe absitzen.
Und dann weg und studieren.
Das war jedenfalls mein Plan.
Ich war gespannt, wie es war, Kunst bei Frau Schwarz zu haben. Sie war übrigens auch meine Englischlehrerin, aber nicht an diesem Tag.
In der 5. und 6. Stunde stand Kunst auf dem Stundenplan.
Als sie den Kunstraum betrat, war mir jedenfalls sofort klar, warum sie als Hexe bezeichnet wurde. Frau Schwarz verstand nämlich keinen Spaß.
Wenn jemand Widerworte gab, grätschte sie sofort dazwischen. Sie verteilte Sechsen für nicht gemachte Hausaufgaben, tadelte Schüler, die quatschten. Sie ließ sich nichts gefallen und war damit vollkommen anders als die anderen Lehrer an der Schule, die das Verhalten der Schüler scheinbar nicht interessierte.
Sie war die einzige, die sich nichts gefallen ließ.
Ich hatte mich in die hinterste Ecke der letzten Reihe gesetzt und schaute mir das alles an. Sie tat mir ein wenig leid. Obwohl sie die Kontrolle über die Klasse nie verlor, musste es unglaublich anstrengend sein, ständig alles unter Kontrolle haben zu müssen. Aber sie schien damit keine Probleme zu haben.
Als dann mal alle am Malen waren, beruhigte sich die Klasse. Ich konzentrierte mich auf meine Malerei. Ein großes Talent hatte ich allerdings nicht, und auch Frau Schwarz setzte sich hinter ihr Pult und arbeitete. Ich hatte das Gefühl, dass sie auch etwas zeichnete. Sie schaute auch immer wieder zu mir herüber, und einmal trafen sich unsere Blicke, und sie lächelte verschmitzt. So als wären wir beide Komplizinnen in irgendwas. Ich muss gestehen, dass mich das eine Weile beschäftigte.
Zum Ende der Stunde ging sie noch einmal durch die Klasse, schaute sich die Ergebnisse der Schüler an, machte hier und da Bemerkungen und gab Tipps.
Schließlich kam sie auch zu mir. Ich erinnere mich nicht mehr, was sie zu meinem Bild sagte, aber sie tat stattdessen etwas, das mich lange beschäftigte.
Sie schob mir ein Blatt hin. Es war ein dickes, schickes Papier mit so ausgefransten Rändern. Als wäre es mit der Hand gemacht. Als ich es umdrehte, war ich allerdings ziemlich geschockt.
Sie hatte mich gemalt!
Es war eine Skizze von meinem Gesicht bis hinunter zur Schulter. Mit einem schwarzen Stift und ein wenig Farbe für meine Haare und den Hintergrund. Sehr schnell und mit wenigen Strichen.
Ich sah darauf echt schön aus, richtig attraktiv!
So hatte ich mich noch nie gesehen!
Diese kleine Skizze zeigte nur meinen Kopf und meine Schulter, aber auf der Zeichnung sah es so aus, als hätte ich gar nichts an. Kein Shirt, kein Träger, nichts war zu sehen, das darauf hindeutete, dass ich am Oberkörper bekleidet war.
Ich war nicht oben ohne, meine Brüste waren nicht so sehen, aber es wirkte eben so, als wäre ich oben ohne.
Sah sie mich mit solchen Augen?
In einem sexuellen Sinn?
Machte ich sie an?
Das Mädchen auf der Zeichnung war definitiv sinnlich, hatte eine erotische Ausstrahlung.
Noch nie hatte mich jemand gemalt.
Und schon gar nicht so schön!
Sah ich wirklich so aus? Ich betrachtete mich mit der Selfiekamera meines Handys.
Ganz falsch war die Skizze nicht. Das war wirklich ich. Nur in schöner. Schöner jedenfalls, als ich mich selbst sah.
Sah ich so aus?
Das war etwas total Neues, und es schmeichelte mir!
Aber war das auch normal?
Dass eine Lehrerin ihre Schülerin so sah und so zeichnete?
So sehr es mir schmeichelte, so sehr war ich auch davon überzeugt, dass sich das nicht gehörte.
Durfte eine Lehrerin sowas? Das war doch bestimmt verboten? Und wollte ich von meiner Lehrerin so gesehen werden?
So sexuell?
Wollte ich, dass sie mich begehrte?
Allein der Gedanke!
Sie schien eine tolle Frau zu sein!
So erwachsen und so voller Stil und Eleganz und Bestimmtheit. So schön, so attraktiv.
Wie konnte solch eine Frau Interesse an mir haben?
Es schmeichelte mir. Konnte ich nicht verhehlen.
War das vielleicht ein Ritual? Malte sie jeden Schüler, und war ich einfach nur dran, weil ich halt neu in der Klasse war?
Irgendwie glaubte ich das nicht.
Ich wollte es auch nicht glauben.
Trotzdem wollte ich es wissen, aber konnte natürlich auch niemanden in meiner Klasse so direkt fragen. Aber ich sprach Marla, dieses Mädchen an, das auch ein wenig eine Außenseiterin in der Klasse zu sein schien, und die erzählte ein bisschen auf meine Frage, was denn mit dieser Frau Schwarz los wäre. Ich erfuhr ganz viele Schreckensgeschichten, wie hart sie zu Schülern war und was sie schon alles Böses getan haben musste. Das interessierte mich aber nicht so, denn ich hatte ja gesehen, wie sie in der Klasse mit den aufsässigen Schülern umgegangen war, und ich fand, da war sie hart, aber fair gewesen. Sie hatte niemanden auf dem Kicker, sie hatte auf die Leute so reagiert, wie sie ihr begegnet waren. Das fand ich nur fair. Genauer hörte ich zu, was Marla über ihr Privatleben erzählte. Sie war wohl single, hatte eine Wohnung am Rand des Parks. Man konnte von da wohl in ihre Wohnung sehen, wenn sie da war. Einige Male hatten wohl schon Schüler Eier auf ihr Haus geworfen (interessierte mich nicht so).
Sie malte wohl auch in ihrer Freizeit, hatte auch schon Ausstellungen gemacht. Aber so richtig viel mehr fand ich nicht über sie heraus. Marla hatte nicht das gleiche Interesse, das ich hatte. Die Infos reichten mir allerdings, um mich selbst auf ihre Spur zu machen.
Ich musste mehr über sie herausfinden.
Was es mit ihr auf sich hatte.
Und vor allem, wie ich dieses tolle Bild zu verstehen hatte.
War das etwas ganz Normales oder war es...
eine Liebeserklärung meiner Lehrerin, die sich irgendwie in mich verknallt hatte?
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Meine Lehrerin, meine Herrin
ChickLitAlessia hat die Schule gewechselt und trifft auf ihre Klassen- und Kunstlehrerin, die alle nur die Hexe nennen. Aber schnell stellt sich heraus, dass Frau Schwarz der 18-jährigen Eigenbrötlerin Alessia gegenüber sich ganz anders verhält. Was hat es...