26. Ein Loch im Blumenbeet, das es nicht gibt

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Unter einem Ball hatte ich mir bisher recht wenig vorstellen können. Ich hatte eine vage Idee aus Büchern, sonst war mir nicht so wirklich klar, was ich zu erwarten hatte. Ich musste zugeben, dass das wenige, was ich mir vorgestellt hatte, dem, was mich erwartete, nicht gerecht wurde.Unit hielt mir seine Hand hin, um mir beim Aussteigen aus der Kutsche zu helfen.Ich war wirklich in einer Kutsche hierher gekommen. Einer Kutsche! Mein Leben lang war ich gelaufen, wenn ich irgendwo hinwollte. Nie in meinem Leben hatte ich eine Kutsche bestiegen oder auch nur ein Pferd gesehen.Der Kutscher nickte Unit und mir zu und fuhr mit der Kutsche weiter und ließ uns vor dem von außen recht unauffälligen, aber riesigen Haus stehen.Hinter unserer Kutsche standen noch mehrere andere Kutschen vor denen die unterschiedlichsten Pferde mehr oder weniger nervös auf der Stelle stampften und warteten, dass sie unseren Platz einnehmen konnten.Es waren viel mehr Menschen hier, als ich es erwartet hatte.Das besagte Haus war von innen viel beeindruckender als von außen. Ich hatte noch nie so viel nutzlosen, übertriebenen und wunderschönen Krimskrams auf einmal gesehen. Bei Unit untergehakt, wurde ich mitgezogen und hatte so ausgiebig Zeit meine Umgebung zu betrachten.Alles glänzte golden, glitzerte und strahlte in allen Farben. Es gab Blumen, die den einzigen Zweck hatten schön auszusehen. Bei näherem Hinsehen erkannte ich, dass es sogar Schnittblumen waren! Viel dekadenter ging es nicht.„... Und das sind ...", drang Units Stimme zu mir durch.Ich blinzelte und lächelte unverbindlich die Männer und Frauen mittleren Alters an, die mich neugierig musterten.Ich hatte weder mitbekommen, wie wir in den großen Saal gekommen waren, noch hatte ich auch nur einen der Namen registriert. Eines der Paare erkannte ich als Units Eltern wieder. Die Übrigen hatte ich, wie zu erwarten, noch nie gesehen.Die vier Frauen waren alle aufwändig geschminkt und trugen viel wertvoll aussehenden Schmuck. Die Männer trugen ausnahmslos Anzüge in gedeckten Farben. Neben ihnen sahen die dazugehörigen Frauen – anscheinend waren nur Paare anwesend – in ihren farbenfrohen Kleidern aus wie die buntesten Frühlingsblumen, die den tristen Winter ablösen.Ich ließ meinen Blick durch den pompös geschmückten Saal schweifen und war plötzlich froh, dass mich Belle zu diesem bodenlangen rauchgrauen Kleid genötigt hatte. Sie hatte es mir geschneidert und ich musste neidlos ihr Talent bewundern. Das Kleid war auch entsprechend teuer gewesen, aber mein Konto hatte das klaglos hingenommen.Die Dekoration des Saals war größtenteils in Blau gehalten. Feigenblaue Vorhänge, brombeerblaue Schleifen, pflaumenblaue Hussen an den Stehtischen und heidelbeerblaue Hemden der Kellner. Alles passend zu der Blumendekoration aus Flieder, Iris, Lavendel, Enzian, Kornblumen, Hyazinthen und Glockenblumen. Unglaublich. So gut wie nichts davon wuchs momentan in der freien Natur.Unit plauderte angeregt mit den anderen Paaren und ich hörte nur mit einem Ohr zu. Die Umgebung war zu überwältigend und forderte meine gesamte Aufmerksamkeit ein.Im Saal standen viele ähnliche Grüppchen wie das unsere.Auf einer Erhöhung stand ein üppiges Buffet, um das herum die Stehtische mit den pflaumenblauen Hussen aufgestellt waren.Kellner gingen durch den Saal und boten Getränke an, der Raum war erfüllt von angeregtem Geplauder.Der Großteil des Raumes war freigeräumt und in einer Ecke des Saals saßen und standen mehrere Personen mit Instrumenten.In genau diesem Moment begannen sie zu spielen. Ich hatte noch nie ein Orchester spielen gehört. Wobei eigentlich war das kein Orchester, es war eine Gruppe von nur acht Musikern. Das waren vermutlich zu wenige, um sie als Orchester zu bezeichnen.Sobald die Musik begann, nahm ich gar nichts mehr um mich herum wahr. Ich hörte nur noch Musik. Die Klänge der Instrumente verwoben sich so harmonisch miteinander, dass eine Melodie entstand, die mich in ihren Bann schlug.Mir wurde ein Glas in die Hand gedrückt. Ich trank einen Schluck und murmelte ein abwesendes:„Danke."Ab und zu nickte ich, weil mir am Rande bewusst war, dass um mich ein Gespräch geführt wurde. Ich bekam nicht ein Wort mit von dem, was gesprochen wurde.Die Geigerin begann ein getragenes kompliziertes Solo. Nach wenigen Takten stieg die Flötistin ein und wob eine konträre Melodie ein.Die übrigen Instrumente unterstrichen das Spiel der beiden Musikerinnen. Die Musik war so traurig und ergreifend, dass ich spürte, dass mir Tränen in die Augen traten, die ich schnell wegblinzelte.Ein letzter langer Ton beendete das Lied. Die Musiker nahmen Augenkontakt miteinander auf und wechselten zu einer fröhlichen, schnellen Melodie.Nach wenigen Augenblicken nahm ich wahr, dass sich einige Paare auf der freien Fläche des Saals drehten. Ich riss die Augen auf. Erst jetzt realisierte ich, was es bedeutete, auf einem Ball zu sein. Hier wurde getanzt!Unit würde doch nicht glauben, dass ich mit ihm tanzen würde? Ich sah ihn von der Seite an. Er bemerkte meinen Blick und lächelte mich an.„Möchtest du tanzen?", fragte er meinen Blick falsch deutend und ich schüttelte entsetzt den Kopf. Er runzelte die Stirn.„Ich habe noch was zu trinken", versuchte ich, mein Entsetzen abzumildern, und hob erklärend mein Glas. Erst jetzt sah ich, dass es vermutlich Alkohol enthielt, und nahm einen kleinen Schluck.Das Getränk prickelte auf meiner Zunge und schmeckte herb und gleichzeitig süßlich. Ich nahm noch einen Schluck. Schon der dritte Schluck war besser.In der Zeit meiner gedanklichen Abwesenheit hatten sich die Frauen zueinander gestellt. Die Gruppe stand zwar in einem losen Kreis, aber die Männer standen auf der einen Seite, die Frauen auf der anderen. Ich stand mit Unit mittig. Beide Gruppen schienen unterschiedliche Gespräche zu führen.„... mir ist nicht klar, was er damit erreichen will", sagte in diesem Moment der Mann in dem etwas spack sitzenden Anzug mit dem birkengrünen Hemd neben Units Vater. Alle Männer sahen durch den Saal zu einer Person, die ich nicht sehen konnte.„Ach du kennst ihn doch. Mehr Gerede, als alles andere, wie immer. Eine Übernahme, dass ich nicht lache! Der hat doch in seinem Leben noch nie irgendwas übernommen", sagte dazu Units Vater.Lautes Kichern aus der Frauengruppe zog meine Aufmerksamkeit auf das andere Gespräch.„Das hast du nicht gesagt!", sagte die Frau in dem tulpenroten Kleid mit dem üppigen, goldenen Schmuck, der ihrem braunen Haar und ihrem Teint schmeichelte. Sie hatte die Augen weit aufgerissen und sah die Blondine in dem rüschigen Ungetüm gefangen zwischen Unglauben und Erheiterung an, während alle anderen Frauen kicherten.„Natürlich habe ich das gesagt. Seht sie euch doch heute wieder an."Die Frauen wandten ihren Blick nicht besonders unauffällig zu einer Frau, deren tomatenrotes Kleid einige Nummern zu klein war und ihre Brüste nahezu aus dem Ausschnitt herausdrückte.Alle Frauen nickten bestätigend.Möglicherweise wäre Tanzen nicht die schlechteste Möglichkeit diesen Gesprächen aus dem Weg zu gehen.In diesem Moment knurrte mein Magen laut und fordernd. Glücklicherweise schien nur Unit das Geräusch bemerkt zu haben.„Wir gehen das Buffet begutachten", sagte er in die Runde und bot mir abermals seinen Arm an, während er mein leeres Glas aus meiner Hand nahm und es mit seinem eigenen auf das Tablett eines vorbeigehenden Kellners stellte.Nervös beobachtete ich von unserem Stehtisch aus die tanzenden Paare. Ich bewunderte das Können einiger und den Mut anderer.Die Musik lockte mich und ich spürte sie in meinem Körper. Spürte die Verführung meinen Körper zu ihr zu bewegen. Aber ich kannte die Schrittfolgen nicht, hatte sie nie gelernt. Mein Fuß wippte im Takt mit.Das Essen war köstlich, doch ich konnte es langsam nicht mehr länger ausdehnen, und nahm innerlich seufzend den letzten Bissen des traumhaften süßen Nachtischs aus einer Creme mit Früchten. Kaum hatte ich mein Besteck hingelegt, kam schon eine aufmerksame Kellnerin und räumte unsere Teller ab.Ich sah sehnsüchtig zu den Musikern und wünschte mir nichts mehr, als einfach nur der Musik zuhören zu können.„Schenk mir einen Tanz", sagte Unit leise und ich sah seinen bewundernden Blick auf mir liegen. Ich war durchaus geschmeichelt durch seine Aufmerksamkeit.„Nein, danke", sagte ich, als in diesem Moment Units Eltern an unseren Tisch traten.Seine Mutter hatte wohl unseren Wortwechsel mitbekommen, denn, während sie ihren Teller – voll mit Salat – hinstellte, sagte sie:„Niemand kommt auf einen Ball und tanzt nicht!"„Aber ich ...", begann ich.„Oh nein. Du hast keine Wahl. Du wirst mit meinem Sohn tanzen!", unterbrach sie mich. Ihr Mann legte ihr beschwichtigend die Hand auf den Arm, den sie abschüttelte. „Nein! Eine dahergelaufene Namenlose wird nicht unsere Traditionen mit Füßen treten nur, weil sie Angst vor einem Tanz hat! Wer nicht tanzen will, kommt nicht auf einen Ball."Herausfordernd kniff sie die haselnussbraunen Augen zusammen und musterte mich.Wie sie es erwartet hatte, ließ ich das nicht auf mir sitzen.Auf der Tanzfläche flüsterte ich:„Ich kann nicht tanzen." Ich besah angestrengt den Boden, doch Unit hob mein Kinn mit einem Finger an. Ein Schauder durchlief mich.„Aber ich."Er ergriff meine eine Hand, legte sich die andere auf die Schulter und legte seine zweite Hand um meine Taille. Tatsächlich konnte er tanzen.Er führte mich durch eine einfache Schrittfolge, die ich nachahmte. Er wiederholte diese so lange, bis ich sicherer wurde. Erleichtert schaffte ich es, sogar hochzusehen. Ich sog erschrocken die Luft ein, als ich realisierte wie nah ich meinem Chef war und kam augenblicklich aus dem Schritt.Mit etwas Konzentration fühlte ich mich wieder in den Takt der Musik ein und überließ mich Units Führung. Beim zweiten Lied baute Unit Drehungen ein und ich bemerkte erstaunt, dass ich Spaß hatte. Die Zeit verging wie im Flug, die Musik erfüllte meinen gesamten Körper. Der Tanz beanspruchte Muskeln, die ich seit Wochen nicht genutzt hatte. Ich fühlte mich frei und entspannt.Bunte Farben und gesichtslose Menschen wirbelten an mir vorbei. Ich nahm sie nicht mehr wahr. Nur die Musik war wichtig und durchdrang mich. Sie schaffte es, dass ich mich graziös, schön und frei fühlte.„Lass uns einen Moment an die frische Luft gehen und etwas trinken", schlug Unit nach zwei weiteren Tänzen vor und riss mich aus meiner glücklichen Trance. Ich nickte widerstrebend. Auch mir war heiß und ich spürte den Schweiß auf meiner Haut.Als wäre ich aus einer anderen Welt erwacht, musste ich mich blinzelnd orientieren und sah den stechenden Blick von Units Mutter und ihren Freundinnen auf mir ruhen. Es waren keine freundlichen Blicke. Unwillkürlich fragte ich mich sofort, wie unser Tanz für außenstehende ausgesehen hatte? Vielleicht war ich nicht so graziös gewesen, wie ich mich gefühlt hatte?Ich schüttelte den Kopf. Und wenn schon!Schnell folgte ich Unit aus der Tür, die auf eine Terrasse führte. Erst an der kühlen Luft bemerkte ich, wie warm mir wirklich war.„Ich hole uns etwas zu trinken", sagte Unit und wandte sich um auf der Suche nach einem der Kellner.Mein Blick wurde von dem im Dunkeln liegenden Garten gefangen genommen, der von einigen strategisch gesetzten Windlichtern erleuchtet wurde. Der Garten war wunderschön angelegt.Ob Ilan solche Gärten erdachte? Der beginnende Herbst hatte einiges Laub gefärbt, der Rasen aber war blattfrei. Verschiedene Blumenbeete flossen durch den Rasen. Ein Springbrunnen stand als Blickfang in der Mitte des Gartens.Ich hob meine Haarmasse, um etwas kühle Luft an meinen Nacken zu lassen und bedauerte mein Haar nicht hochgesteckt zu haben.Seufzend setzte mich auf das steinerne Terrassengeländer. Erst beim Blick auf meine baumelnden Füße realisierte ich, dass ich Belles Kleid trug und das vermutlich nicht geeignet war um auf Steingeländern zu sitzen. Schulterzuckend beschloss ich, dass es egal war.Unit kam mit zwei langstieligen Gläsern heraus und schloss die Tür mit einem Fußtritt. Er trat zu mir und nahm ihm eines der Gläser entgegen. Er stieß mit mir an und lächelte auf eine Art, die ich nicht zu deuten wusste.Ich nahm einen Schluck und lächelte vorsichtig zurück. Daraufhin trat er näher zu mir. Er stand direkt vor mir, berührte meine Beine mit seinen und ich saß auf meinem Geländer fest. Seine eine Hand stützte er neben mir ab, die andere hielt das Glas.Er schloss die Augen und beugte sich zu mir herunter. Mit weitaufgerissenen Augen realisierte ich, dass er mich küssen wollte. Unwillkürlich lehnte ich mich weiter zurück, was er mit geschlossenen Augen nicht bemerkte. Kurz durchzuckte mich der Gedanke, ihm mein Getränk ins Gesicht zu schütten. Doch die Schwerkraft nahm mir die Entscheidung ab.Ich hatte mich zu weit nach hintengelehnt und verlor das Gleichgewicht. Es ging alles so schnell, dass ich noch nicht einmal aufschrie.Mein Magen war vor Schreck aber auf jeden Fall nicht mehr an Ort und Stelle, als ich mit einem lauten Krachen, als einige Äste brachen in einem Busch landete. Einen Moment blieb ich, wo ich war, dann krachte ein weiterer Ast unter mir und mit einem Kreischen landete ich wenige Zentimeter tiefer auf dem Boden.Unit kam zu mir gerannt und ich hätte mir am Liebsten ein Loch in dem Blumenbeet gebuddelt um mich zu verstecken.Mein Kreischen hatte einige Schaulustige angelockt, die ich aus meiner liegenden Position über mir am Terrassengeländer, das zum Glück nicht besonders hoch war, sehen konnte. Die unvermeidliche Hitze der Scham, verdrängte die kühle Luft und ich war mir sicher erdbeerrot zu sein, als ich Units Hand nahm und mich hochziehen ließ.„Au ... Vorsicht ... Moment." Meine langen Locken hingen in den Ästen des Buschs fest und ich verfluchte mich erneut, dass ich sie heute offen trug. So sanft es ging, zog ich die Strähnen aus den Zweigen.„Ist alles in Ordnung? Ist dir was passiert? Das tut mir so leid!", brabbelte er, während er mein Kleid abklopfte und dabei Körperteile von mir berührte, von denen mir lieber war, dass er sie nicht anfasste.Ich wehrte seine Bemühungen ab. Mein Stolz war schwer angekratzt, ebenso meine nackte Haut an den Armen und Schultern. Das wunderschöne Kleid war teilweise zerrissen und ich verschränkte die Arme vor der Brust, als ich den Riss am Träger bemerkte, der einen Teil meiner linken Brust freilegte.Gleichzeitig versuchte ich einige Ästchen aus meinen Haaren, zu ziehen.Unit schlüpfte ritterlich aus seinem Sakko und hielt es mir hin. Dankbar schlüpfte ich hinein.Meine Gedanken wanderten unwillkürlich – zum zweiten Mal an diesem Abend – zu Ilan und unser langes Gespräch in der Wohnküche und wie er mir sein Hemd gegeben hatte. Sein Hemd, das ich immer noch in meinem Schrank versteckte.Seine nackte Brust, die sich hob und senkte. Seine Hand, die meinen Arm streichelte und mich schauern ließ.Auch jetzt überlief mich ein Schauer.„Komm. Ich bringe dich nach Hause. Es tut mir so leid. Sollen wir zu einem Arzt fahren?", unterbrach Unit meine Gedanken.Ich wehrte seine Bemühungen ab, raffte den letzten Rest meiner Würde zusammen und hoffte inständig, dass es einen Weg gab, der uns ums Haus nach vorne führen würde. Damit ich nicht noch einmal durch den Saal gehen musste.Mein Wunsch wurde nicht erfüllt. Ich musste durch den Saal gehen. Bei dessen Durchquerung spürte ich die Blicke auf mir die Nadelstiche in meinen Fingern, wenn ich mit Black gestickt hatte. Nur stachen diese Stiche meinen ganzen Körper.Meine rationale Stimme bemühte sich, mich zu beruhigen, und sagte mir, dass die meisten Leute gar nichts mitbekommen hatten. Nur die wenigen Gäste, die auf der Terrasse gewesen waren, hatten meinen Sturz bemerkt.Im Saal wurde immer noch Musik gespielt und getanzt. Aber mein verknoteter Magen, der mir die Peinlichkeit der Situation vor Augen hielt, übertönte meine rationale Stimme bei Weitem.Ich sagte nichts auf dem Heimweg und hatte selbst für die Kutsche und die Pferde keine Augen und war froh, als ich in meiner Wohnung ankam.Ich schloss die Tür hinter mir und ging ins Badezimmer, nachdem sich Unit mit einer weiteren Entschuldigung und einem angedeuteten Kuss auf die Wange verabschiedet hatte.„Danke für den schönen Abend. Auch, wenn das Ende ..." Er hatte sich geräuspert und einen Punkt auf meiner Stirn fixiert. „Du sahst heute wunderschön aus. Und selbst nach dem Sturz, jetzt, siehst du wunderschön aus wie eine Elfe ..."Im Badezimmerspiegel sah ich mich mit immer noch erhitzten Wangen, Haaren, die in alle Richtungen abstanden und aus denen ich noch einige Zweigchen und Blätter zupfte. Ich trug noch Units Sakko, das mir nur von der Breite her zu groß war. Mein rauchgraues Kleid passte gut zu dem schwarzen Sakko und ich wusste nicht, woran genau es lag, aber Unit hatte recht.Ich sah gut aus. Wunderschön war zwar übertrieben, aber tatsächlich schmeichelte mir die frische Farbe auf der blassen, sommersprossigen Haut und selbst mein wildes Haar verwandelte mich ... in eine Elfe?Möglicherweise sah ich wirklich gar nicht so schlecht aus, wie ich immer gedacht hatte. Und obwohl der Abend in einer Katastrophe geendet war, hatte Unit es geschafft mir eine andere Seite an mir zu zeigen.Eine selbstbewusstere, musikliebende, tanzende Seite.Am nächsten Tag klingelte es schon an der Tür, als ich noch mit meinem Frühstück in der Küche saß.Ich ging zur Wohnungstür, betätigte den Türöffner, ließ die Tür angelehnt und kehrte zu meinem Frühstück zurück.Belle wirbelte herein und bestürmte mich sofort mit tausenden Fragen.„Wie war der Abend? Wer war alles da? Was haben sie getragen? Hat Jemand nach deinem Kleid gefragt? Und hast du mich erwähnt? Hast du getanzt? Wie war Unit? Habt ihr euch geküsst?"Ich hatte noch keine ihrer Fragen beantwortet, als sie nach meinem Arm griff und einen der vielen Kratzer begutachtete.„Was ist passiert?"Ich stöhnte auf und vergrub das Gesicht in den Händen. Ich hatte gehofft, es nicht erzählen zu müssen, aber gewusst, dass ich es tun müsste.„Ich habe ziemlich viel getanzt und bin dann mit Unit auf die Terrasse gegangen, als uns heiß wurde. Ich habe mich auf das Geländer gesetzt und als Unit dann versucht hat mich zu küssen, habe ich mich nach hinten gelehnt und dann ... naja ... ich habe das Gleichgewicht verloren und bin runtergefallen." Ich sah durch meine gespreizten Finger auf Belles Reaktion, deren Augen kugelrund waren. „In einen Busch", ergänzte ich.Belle bemühte sich eine Zeitlang, ihr Lachen zu unterdrücken, doch als sie sah, dass selbst ich grinsen musste, hielt sie nichts mehr. Plötzlich verstand ich, was es hieß, wenn man sagte, Jemand kugele sich vor Lachen.

Die Einsamkeit der NamenlosenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt