Kapitel 56

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Nikolaj

Eine Woche... eine ganze Woche blieben wir im Krankenhaus. 

Adara, weil sie sich noch von der Geburt erholen sollte und die Mädchen, um ihren gesundheitlichen Zustand zu überwachen. 

Ich blieb natürlich eine Woche nonstop bei ihnen. Nicht mal ein Atomkrieg hätte mich von den Dreien entfernen können. 

Und bei zwei von ihnen hatte ich auch das Gefühl, dass ich erwünscht war. Bei Adara war ich mir nicht so sicher. 

Sie zeigte keine Gefühlsregungen. Sie ließ auch keine Nähe zu. Die Einzigen die sie akzeptierte, waren unsere Töchter. 

Aber auch nur, wenn sie gefüttert werden mussten. 

Ansonsten lebte Adara still und starr, wie ein fremder Mensch neben uns her. Sie weinte nicht, aber sie lachte auch nicht. 

Sie lag im Bett und bewegte sich nur, um auf die Toilette zu gehen oder um sich zu waschen. Und immer wieder sagte ich mir selbst, dass ich ihr einfach nur genügend Zeit lassen müsste. 

Aber es wurde von Tag zu Tag schwieriger. Am liebsten wollte ich sie schütteln und ihr sagen, dass sie aufwachen sollte. Doch das ging nicht. 

Antonio war gestorben und sie hatte am selben Tag unsere Töchter zur Welt gebracht. Verständlicherweise war sie durcheinander, traurig und verwirrt. 

Deswegen hoffte ich, dass der Ortswechsel ihr zumindest ein klein wenig helfen könnte...

Schon auf der Heimfahrt spürte ich, dass es nicht so einfach wäre. Adara hatte sich bereitwillig von mir ins Auto setzen lassen, aber sie redete nicht. 

Sie sah nicht mal aus dem Fenster. Die 45 Minuten vom Krankenhaus zu unserem Zuhause verbrachte sie damit auf die graue Inneneinrichtung des Wagens zu starren. 

Adara war wie eine leere Hülle. Als hätte ihre Seele ihren Körper verlassen. Deswegen änderte sich auch nichts an ihrem Gemütszustand als wir beim Haus ankamen. 

Dabei hatte sie es so geliebt, als ich es ihr das erste Mal zeigte. Insgeheim hatte ich gehofft, dass sie das gleiche Gefühl jetzt wieder bekäme. 

Aber nichts. Nada. Niente. Rein gar nichts passierte. 

«Wir sind da.» Erklärte ich nur für den Fall, dass sie es nicht mitbekommen hatte. Aber selbst dann reagierte sie nicht. 

Adara blickte nicht einmal kurz auf. 

Wahrscheinlich sollte ich noch einen Gang zurückschalten und ich wollte sie auch zu nichts drängen. Doch sie war jetzt Mutter und theoretisch könnte ich mich auch alleine um unsere Töchter kümmern, aber ich wollte es nicht...

Ich wollte nicht, dass sie auch nur eine einzige wertvolle Sekunde mit ihnen verpasste. 

Vorsichtig nahm ich Cathryn und Antonja in ihren Babyschalen aus dem Auto. Die Kleinen hatten die gesamte Autofahrt ruhig geschlafen und waren immer noch nicht erwacht. 

Gut... dann würden sie halt den Einzug in ihr neues Zuhause verschlafen. 

Ich ließ Adara vorerst alleine im Wagen. Natürlich hatte ich gehofft, dass sie selbst aussteigen würde, um mir zu folgen. 

Aber sie tat es nicht. Also brachte ich zuerst die Babys nach drinnen, um dann meine Frau zu holen. 

Ich beeilte mich, weil ich Adara nicht wie einen Hund im Auto warten lassen wollte. Doch als ich durch die Haustür zurück ging und über die Vorfahrt lief, stockte ich. 

Sie saß immer noch in der selben Haltung wie zuvor, nur war jetzt ihr Gesicht zu einer schmerzverzehrten Grimasse verzogen und sie weinte wieder. 

Kleine, ich weiß es tut weh, aber wir schaffen das... gemeinsam.

The only woman (Mafia) Teil 3Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt