Kapitel 53

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Nikolaj

Sagte ich, ich fühlte mich hilflos während der Geburt? 

Die Hilflosigkeit, die ich verspürte, während die Ärzte versuchten, Adara das Leben zu retten, war noch einmal um ein Vielfaches größer. 

Das sollten eigentlich die glücklichsten Momente in unserem Leben sein. Wir sollten uns gemeinsam darüber freuen, dass wir zwei kerngesunde, wunderschöne Zwillingsmädchen bekamen. 

Wir sollten feiern, dass unsere Familie jetzt komplett war. 

Aber jetzt war alles düster in mir. 

Meine Töchter wurden in einem anderen Raum gründlich untersucht und saubergemacht. Während ihre Mutter, im Raum gegenüber, um ihr Leben kämpfte. 

Und ich saß auf einen Plastikstuhl, auf dem Flur zwischen ihnen. Außer Stande auch nur einen klaren Gedanken fassen zu können. 

Zwei Seiten in mir stritten miteinander. Zum einen die Seite, die unbedingt mit ihren Kindern Zeit verbringen wollte. Und dann die andere Seite. Welche mich dazu aufforderte, hier sitzen zu bleiben, falls es Neuigkeiten in Bezug auf Adara gab. 

«Hey, was machst du denn hier?» Mein Bruder stand auf einmal vor mir. Sein Gesichtsausdruck zeigte Sorge, als er meine rot umränderten Augen sah und die dunklen Schatten unter ihnen. 

«Wo ist Adara? Sind meine Nichten schon auf der Welt?» Obwohl Sascha's Fragen einfach waren, überforderten sie mich. 

Statt zu antworten, stützte ich meine Ellenbogen auf meinen Knien ab und vergrub mein Gesicht in meinen Händen. 

Ich weinte stumm...

Das war alles so abgefuckt. Warum passierte das nur immer wieder? Warum folgte bei uns, auf jeden glücklichen Moment, ein beschissener Moment?

Warum konnten wir nicht einfach normal sein? Warum konnte ich nicht ganz in Ruhe, mit Adara feiern, dass unsere Töchter auf der Welt waren?

Aber stattdessen musste ich mich vielleicht an den Gedanken gewöhnen, heute noch Witwer zu werden und meine Töchter Halbwaisen. 

NEIN! DAS DURFTE NICHT PASSIEREN! 

Ich musste positiv denken. 

Adara war stark. Wenn ich darüber nachdachte, was sie schon alles geschafft hatte, wusste ich das sie das auch schaffen würde. 

Ich durfte diesen depressiven Gedanken nicht die Überhand geben. Ich musste positiv bleiben. 

Sascha ließ sich neben mich in den Stuhl sinken. Wir waren Zwillinge und auch, wenn es vielleicht nach außen nicht immer so wirkte, gab es zwischen uns eine ganz besondere Verbindung. 

Er spürte, wenn es mir schlecht ging, ohne das ich etwas sagen musste. Ich hoffte sehr, dass meine Töchter dieselbe Verbindung spüren würden. 

«Was ist passiert?» Obwohl er beim ersten Mal keine Antwort bekam, versuchte er es noch einmal. 

Verzweifelt rieb ich mir über das Gesicht und raufte meine Haare: «Adara... geht es nicht gut.»

Ich hörte wie Sascha neben mir tief Luft holte: «Was genau heißt das? Müssen die Mädchen per Kaiserschnitt geholt werden?»

«Nein... sie... sie sind bereits auf der Welt.» Flüsterte ich. 

«WAS? ERNSTHAFT? Herzlichen Glückwunsch! Du bist jetzt Vater!» Er griff nach meinen Schultern und rüttelte an mir. 

Aber das war mir einfach zu viel...

Ich sprang auf meine Füße und schritt nervös hin und her. Meine Augen scannten immer wieder diese zwei verschiedenen Türen ab. Die Türen hinter denen mein ganzes Leben lag...

The only woman (Mafia) Teil 3Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt