Kapitel 57

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Adara

Warum ich Natalie einfach erschoss?

Ich wusste es selbst nicht. Ich wusste nicht was mich dazu getrieben hatte, mir die Waffe zu schnappen und nach draußen zu laufen. 

Meine Überlegungen dauerten nicht eine Sekunde, da entsicherte ich die Waffe schon und gab ihr aus ein paar Meter Entfernung einen sauberen Kopfschuss. 

Vielleicht hatte ich gehofft, dass es mir danach besser gehen würde. Vielleicht hatte ich gehofft, dass ich wieder etwas fühlen würde. 

Aber nichts änderte sich...

Eine weitere Woche verging. Und nach jedem überstandenen Tag wusste ich weder, was ich getan, noch was ich gefühlt hatte. 

Es war so, als würde die Zeit an mir vorbeirasen und gleichzeitig nicht vergehen. So als würde irgendjemand wollen, dass ich lebte und gleichzeitig nicht lebte. 

Es war verrückt. Aber mein Körper und mein Gehirn konnten einfach nichts dagegen tun. Ich hatte eine Blockade im Kopf und egal was ich tat, ich bekam sie nicht weg. 

Erst hatte ich gehofft, dass es wie bei Catherine's Tod nur ein paar Tage, in diesem extremen Modus, anhalten würde...

Catherine war mir wichtig gewesen. Sie war die beste Freundin gewesen, die ich hatte. Aber bei meinem Bruder war es noch einmal etwas ganz anderes. 

Ihn kannte ich mein ganzes Leben. 25 Jahre lang war er an meiner Seite und mein Kopf machte das nicht mit, dass er auf einmal nicht mehr da war.

Also schlief ich die meiste Zeit oder starrte irgendwo in eine Ecke. Nikolaj brachte mir ab und zu unsere Töchter. 

Wahrscheinlich in der Hoffnung, dass es mir mit ihnen besser gehen würde. Aber die Gefühle blieben auch da aus. 

Die Mädchen bedeuteten mir alles, aber nicht mal bei ihren Anblick konnte ich lächeln. Und das machte mir Angst. 

Nicht nur, dass ich traurig und am Ende war, aber ich hatte Angst, dass ich meinen Töchtern keine gute Mutter sein konnte. 

Es ging einfach nicht...

Ich fühlte mich mehr wie eine Milchstation, weil das im Moment scheinbar meine einzige Aufgabe war. 

Zwar war ich auch irgendwie stolz darauf, dass ich immerhin eine Aufgabe hatte. Aber es löste in mir nicht das ersehnte Gefühl aus, dass ich gebraucht wurde. 

Denn es waren immer nur diese zwei Emotionen in mir. 

Traurigkeit gepaart mit Selbstzweifel. 

Und Angst gepaart mit Wutausbrüchen. 

Nie gab es eine normale Gefühlsregung. Nicht eine Sekunde am Tag fühlte ich mich, als wäre ich Adara. 

Eher als wäre ich eine Fremde, die keine Ahnung mehr hatte wie man lebte. 

Aber Nikolaj probierte es weiter. Er versuchte weiter mich wieder normal zu machen. Das Problem war nur, dass ich es nicht wollte. 

Ich wollte nicht sein Sozialfall sein. Ich wollte es alleine schaffen, aber gleichzeitig wusste ich nicht wie. 

Weshalb es mir auch von Tag zu Tag kein bisschen besser ging...

Genau vierzehn Tage nach Antonio's Tod, wurde ich damit erneut direkt konfrontiert. 

Es war morgens und natürlich lag ich immer noch im Bett, als Nikolaj in mein Zimmer kam. Eigentlich war es unser gemeinsames Schlafzimmer. 

Aber seit wir wieder hier waren, konnte ich nicht eine Sekunde körperlicher Nähe ertragen. Ich konnte es also auch nicht ertragen, mit ihm in einem Bett zu schlafen. 

The only woman (Mafia) Teil 3Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt