Harlow
Es war nicht abzustreiten, dass Birdie definitiv eine exakte Kopie von Maxime und somit die Tochter von Romeo war. Ich hatte ein komisches Gefühl in meiner Magengegend, aber es lag nicht daran, dass ich ein Problem mit der Kleinen hatte. Sie wurde lange unserer ersten Begegnung gezeugt und ich würde niemals auf die Idee kommen, Romeo irgendwelche Vorwürfe zu machen. Seinem Blick nach zu urteilen, wusste er bis vor wenigen Stunden auch nichts von deren Existenz.
Es war eher die Art, wie Birdie auf uns und die Gesamtsituation reagierte. Sie wirkte wie ein verschüchtertes und unsicheres Kind und ich fragte mich, was sie erlebt hatte. Maxime war das komplette Gegenteil von ihr, auch wenn er Fremden gegenüber schüchtern war. Birdie hingegen sprach kein Wort, nicht ein einziges. Sie sah uns noch nicht einmal in die Augen und versteckte sich die meiste Zeit hinter einem der Mitarbeiter, die noch immer in unserer Küche waren. Nicht einmal Maxime konnte sie hervorlocken.
Irgendwann fragte er, ob er etwas Kakao haben dürfte und ich machte ihm und Birdie jeweils einen. Freudig nahm er mir einen der Becher ab, während ich Birdie ihren auf den Tisch stellte und ihr sagte, dass es ihrer ist und sie den Kakao gerne trinken darf, wenn sie Durst hat.
Romeo unterhielt sich mit den Officern und ich hörte mit einem Ohr hin, während ich mich mit Maxime beschäftigte, der auch nicht so recht verstand, was vor sich ging.
Scheinbar waren Denise und deren Partner, von dem man bis vor Kurzem ausging, er wäre der Vater von Birdie in einige kriminelle Geschäfte verwickelt. Während die Mutter der beiden Kinder, die sich gerade in unserer Küche befanden, sich auf der Flucht befand, war der Mann, ein ehemaliger Banker, mit welchem sie die letzten Jahre verbracht hatte, bereits im Gefängnis.
Romeo hatte mir einige Male davon erzählt, wie schwierig der Charakter seiner Ex war. Sie scheint es geschafft zu haben, es sich mit der Mutter ihres Partners zu verscherzen, und als man Birdie in deren Obhut geben wollte, bestand sie auf ein Vaterschaftstest, da sie schon immer vermutet hatte, dass es sich bei der Kleinen nicht um ihr leibliches Enkelkind handelte.
Der negative Vaterschaftstest hatte zur Folge, dass die einzige Familie, die Birdie je kannte, nun nicht mehr ihre Familie war, und das erklärte zumindest mir, warum sie so verstört wirkte. Keine Ahnung, wie ich in ihrem Alter reagiert hätte, wenn mir so etwas widerfahren wäre. Am liebsten hätte ich sie in den Arm genommen und getröstet, aber ich wusste nicht, wie sie darauf reagiert hätte. Vermutlich brauchte sie einfach noch Zeit, sehr viel Zeit, um das Erlebte auch nur ansatzweise zu begreifen.
Das einzige Mal, dass ich die Konversation zwischen Romeo und allen anderen nicht mehr ertragen konnte war, als einer der Sozialarbeiter meinte, dass aufgrund seiner noch bestehenden Ehe mit Denise er der gesetzliche Vormund für Birdie war. Sie fragten ihn, ob er damit einverstanden war, die Obhut für sie zu übernehmen und dass er im Falle eines positiven Vaterschaftstests das alleinige Sorgerecht für sie einklagen konnte.
Dadurch, dass Denise auf der Flucht war, noch dazu ohne ihre Tochter, sanken ihre Chancen im Falle einer Gerichtsverhandlung um das Sorgerecht für Birdie. Von der zu erwartenden Anklage wegen Betrugs in Millionenhöhe mal ganz abgesehen.
Mein Problem war die Ehe, die Romeo und Denise zumindest auf dem Papier noch immer führten. Ich wusste zwar davon, denn er hatte es mir bereits sehr früh erzählt, trotzdem kratze es an meinem Ego. Irgendwie kam ich mir wie eine Mätresse vor. Eine Frau, die eine Ehe zerstörte. Dabei war es totaler Quatsch. Denise war es, die das alles hinter sich gelassen hatte und ich konnte es einfach nicht verstehen. Warum ließ eine Frau, eine Mutter, ihren eigenen Sohn zurück? Noch dazu, wo sie bereits mit dem zweiten Kind schwanger war?
Romeo war ein großartiger Partner, der mir jeden Wunsch von den Augen ablas und Maxime war einfach anbetungswürdig. Es war kein Geheimnis, dass ich ihn regelrecht vergötterte und er hatte es sogar geschafft, meine Eltern um seine Finger zu wickeln.
„Kann ich kurz mit dir reden?" Romeo entschuldigte sich und hab mir ein Zeichen, dass ich ihm folgen sollte.
Gemeinsam gingen wir in unser Schlafzimmer und kaum hatten wir die Tür hinter uns geschlossen, schlug er sich die Hände vors Gesicht. „Es tut mir leid."
„Wofür entschuldigst du dich?", fragte ich und wusste nicht, wofür er sich entschuldigten sollte. „Du kannst nichts dafür, dass Denise dir nicht von Birdie erzählt hat."
Romeo wirkte wie ein kleiner Junge, dem man sein Spielzeug weggenommen hatte und ich überbrückte den Abstand zwischen uns, um meine Arme um ihn zu legen. „Wir schaffen das", versprach ich.
„Ich weiß einfach nicht, was jetzt passieren soll. Du siehst ja, wie sie ist. Sie kann uns noch nicht einmal ansehen."
„Was soll schon passieren? Birdie ist scheinbar deine Tochter. Willst du, dass sie im Heim aufwächst?"
Erschrocken sah er auf mich hinunter. „Soll das heißen, du hättest kein Problem damit, wenn sie hierbleiben würde?"
„Du müsstest dich zwar von deinem Büro verabschieden, damit sie ein eigenes Zimmer bekommt, aber sie gehört dazu. Du hast mir schon früh gesagt, dass es dich nur gemeinsam mit Maxime gibt und Birdie macht da keinen Unterschied. Die Frage ist nur, ob sie auch hierbleiben will. Wenn ja, werden wir auch nicht darum herumkommen, ihr einen geeigneten Therapeuten zu suchen. Du hast die Sozialarbeiter gehört und die werden mit Sicherheit oft genug hier auftauchen, um nach ihr zu sehen."
„Du hast dir offensichtlich schon einen Plan zurechtgelegt." Er beugte sich herab und gab mir einen Kuss. „Womit habe ich dich nur verdient? Jede andere Frau hätte vermutlich ihre Koffer gepackt."
Ich löste mich aus unserer Umarmung und trat etwas zurück. „Ich muss zugeben, dass ich es nicht ohne Hintergedanken mache. Du musst etwas für mich tun."
„Alles was du willst. Sag es einfach."
Es kam mir nicht einfach von den Lippen, denn ich war es nicht gewohnt, Forderungen zu stellen. Doch für meinen inneren Frieden musste ich es tun. „Ich will, dass du dir Gibbs und Jessie nimmst und nach Denise suchst. Es ist viel verlangt, aber du hast Möglichkeiten Dinge zu nutzen, die die Officer rechtlich nicht nutzen können. Du wirst sie finden, vor Gericht bringen, dich von ihr scheiden lassen und das volle Sorgerecht für Maxime und Birdie beantragen. Das ist meine Forderung."
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Dedication
RomanceHarlow scheint die perfekte Definition für eine einfache und normale Frau zu sein. Sie lebt ihr Leben ohne größere Vorkommnisse und sitzt täglich, trotz jeglicher Widerstände, lächelnd an ihrem Schreibtisch. Das ändert sich jedoch, als sie nachts et...