Kapitel 28

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Kapitel 28

"Nein nein nein nein", ich wiederholte das Wort immer und immer wieder. Alles kam mir wieder hoch. Die ersten heißen Tränen liefen bereits meine Wange runter. Ich lehne mich an die Wand und rutsche langsam runter. Zum stehen fehlt mir die Kraft.

Es klingelt wieder und Niall erscheint im Flur: "Oh Gott April, was ist los?" Ich wollte etwas sagen, aber brachte kein Wort heraus. Auch Harry und Emma erschienen im Flur. Harry kam sofort auf mich zugehumpelt und zog mich in seine Arme.

"Ich muss auf machen", flüstere ich. Und als hätte er mich gehört klingelt es wieder. Ich befreie mich aus der Umarmung und öffne die Tür.

"Bevor du die Tür wieder zuschlägst, muss ich dir was sagen. Ich weiß das du mich nicht sehen willst, aber es geht nicht um mich. Darf ich reinkommen?"

Ich schaue zu Harry, der mir aufmunternd zunickt. Also nicke ich auch und gebe den Weg frei. Mein Vater folgt mir in die Küche.

"Kannst dich setzen, wenn du willst", biete ich ihm kalt an. Er lässt sich auf einen der Stühle sinken. Ich selbst lehne mich ein Harry. Sein Atem in meinem Nacken hat irgendwie eine beruhigende Wirkung auf mich. So gleichmäßig, fast einschläfernd. Ich greife nach seiner Hand und umklammere sie so fest das die Knöchel weiß hervor treten.

"Also, was gibts?", frage ich. Ich will das schnell hinter mich bringen. Harry streicht mir mit seinem Daumen beruhigend über den Hand rücken. Seine andere Hand hat er schützend um meine Hüfte gelegt. Kurz schweifen meine Gedanken dazu ab, dass ich so jemand besonderen überhaupt gar nucht verdient habe.

"Deine Mutter hat sehr unter dem ganzen gelitten und wollte das alles nicht mehr. Sie wollte eine normale Familie haben und hat sich jeden Abend in den Schlafe geweint, nachdem du gegangen warst. Sie hat dich schrecklich vermisst.", er stoppt kurz und atmet tief durch. Eine Träne rollt seine Wange runter. Wieso weint er? Ich habe ihn in meinem ganzen Leben noch nie weinen sehen. "Ich dich übrigens auch", flüstert er, aber mehr für sich, als das es alle hören sollen.

"Irgendwann hat sie für sich entschieden, dass so ein Leben kein Sinn macht und hat ihm ein Ende bereitet!" Ich schaue ihn mit großen Augen an. Was? Nein! Das heißt doch nicht...? Oder doch...?

"Ist sie...?", meine Stimme erstirbt. Auch meine Augen füllen sich mit Tränen. Meine Kehle ist zugeschnürt und ich kann nicht mehr atmen. Die Tränen wollen nicht kommen. Ich bin einfach erstarrt auch wenn seine Aussage eben schon alles gesagt hat, warte ich bangend auf seine Antwort, die mir sagt das sie nicht da ist.

Mein Vater nickt: "Sie ist tod", vollendeter meinen Satz.

Oh Gott was habe ich nur gemacht? Ich bin für den Tod meiner eigenen Mutter verantwortlich! Ich habe sie...umgebracht.

Ich bekomme nichts mehr mit. In meinem Kopf sind tausend Gedanken und ich würde sie so gerne verdrängen. Wenn ich Harry nicht kennen gelernt hätte, wäre das alles nicht passiert. Wieso habe ich das nur getan? Wenn ich einfach bei ihr geblieben wäre, dann wäre sie jetzt noch da! Ich bin eine schreckliche herzlose Person, die für den Tod ihrer eigenen Mutter der Grund ist. Ich habe sie in dem Tod getrieben. Wie konnte ich nur? Das wollte ich nicht. Ich wollte nicht das alles so kommt!

Und dann tue ich etwas, wovon ich gedacht habe, dass ich lieber sterbe, als das zu tun. Ich gehe auf meinen Vater zu und nehme ihn in den Arm. "Es tut mir Leid. Es tut mir sooo Leid", schluchze ich an seiner Schulter. Jetzt strömen die Tränen meine Wangen nur so herunter. Es tut gut. Es tut gut meinem Vater wieder ein Stück näher gekommen sein. Auch er legt einen Arm um mich. Er ist stark und warm und gibt mir das Gefühl von Geborgenheit um das ich ihn in meiner Kindheit immer so beneidet habe. Keiner war besser als mein Vater und jetzt musste es so enden. Es ist schrecklich.

"Es tut mir auch Leid. Ich wollte nicht, dass es so endet. Ich liebe dich!" Das erste Mal seit langem bin ich froh, meinen Vater zu haben. Das er für mich da ist und mich in den Arm nimmt.

***

Ich stopfe so schnell es geht meine Sachen wieder in die Tasche. Es bricht mir das Herz. Aber es ist besser so. Ich kann nicht mehr so weiter machen. Schon allein bei dem Gedanken, was meiner Mutter wegen mir passiert ist, krampft sich in mir alles zusammen.

"Was machst du da?" Harrys Stimme klingt geschockt.

Ich drehe mich zu ihm um: "I-ich... ich kann so nicht mehr Harry." Er sieht mich mit großen Augen. Mir tut das alles soo Leid. "Ich kann das nicht mehr verantworten"

Er kommt auf mich zu: " Du musst das nicht verantworten. Wir schaffen das. Zusammen!", seine Stimme zittert.

"Nein! Meine Mutter ist tot und das nur wegen mir. Nur weil ich so selbstsüchtig war und dich nicht gehen lassen wollte. Dir würde es besser gehen ohne mich. Allen habe ich in letzter Zeit wehgetan. Und nur an mich gedacht" Ich drehe ihm den Rücken zu und schließe den Koffer. Ich reagiere nicht auf seine Hände die vorsichtig über meinen Rücken streichen. Er weiß gar nicht wie schwer er es mir so macht. Aber meine Entscheidung steht fest!

"Nein, tu mir das nicht an. Ich kann nicht mehr ohne dich leben!" Er sieht mich verzweifelt an und lässt mein Herz damit in tausend Teile zerspringen.

"Es geht nicht anders...", mehr bringe ich nicht zustande. Meine Stimme ist nur ein flüstern. Die ersten Tränen laufen seine Wangen runter. Das macht es auch nicht leichter.

"Harry ich liebe dich und werde dich immer lieben Mehr als irgendwen sonst" Ich drücke meine Lippen ein letztes Mal auf seine. Das einzigste was zurück bleibt ist der salzige Geschmack unserer Tränen. Ich nehme meinen Koffer und gehe so schnell wie möglich an ihm vorbei, weil ich Angst habe, dass ich es nicht übers Herz bringe, ihn zu verlassen.

"April warte. Bleib. Ich liebe dich." Er soll aufhören das zu sagen. Wie kann er eine Mörderin lieben? Ich drehe mich zu ihm um. Ich habe alle in meinem Umfeld verletzt und in Schwierigkeiten gebracht. Früher oder später wird er merken, dass er viel bessere Mädchen haben kann als mich und wird mich vergessen. Ich kann es ihm nicht verdenken, nein, ich wünsche ihn sigar das er jemanden findet, der es wert ist und der ihn genauso liebt wie ich ihn. Aber ich werde ihn nie vergessen und werde ihn immer lieben!

Ich habe lange darüber nachgedacht, was ich zum Schluss sage oder ob ich überhaupt etwas übers Herz bringe. Aber ich wusste schon vorher, dass es das schwerste sein würde, weil ich genau weiß, dass es die letzten Worten sein werden, die ich jemals zu ihm sagen werde. "Es tut mir Leid, aber es geht nicht anders!", flüstere ich.

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