Kapitel 20

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Kapitel 20

Seine Lippen streifen meine. Mein Rücken lehnt an der Wand. Ich bin mir bewusst, dass eigentlich nicht der richtige Moment ist, um so etwas zu tun, an das wir beide denken. Aber eigentlich ist es auch ganz egal.

Wieso darf ich mir nicht wenigstens für einen Moment, das Gefühl von Glück gönnen? Meine Finger fahren seinen Arm runter. Harrys Lippen treffen auf meine. Ich schlinge meine Arme um seinen Nacken und vergrabe meine Finger in seinen Locken.

Seine Finger untersuchen meinen Körper, als wäre es ganz neu für ihn. Mein Haut kribbelt an den Stellen, wo er mich berührt hat. Seine Zunge erkundet das Tal zwischen meinen Lippen, bis ich meinen Mund bereitwillig öffne.

Er berührt spielerisch meine Zunge mit seiner. Unsere Münder und Zungen vermengen sich zu einem langsamen, erotischen Tanz, bis das Geräusch einer aufgeschlagenen Tür uns auseinander fahren lässt.

Meine ganzer Körper vibriert. Verlangt nach Harry. Mein Verstand hat alle Mühe sich zu beherrschen. Ich verkrampfe mich total, weil ich sonst wahrscheinlich irgendwas tue, was ich bereue. Ich will wieder das Gefühl zurück. Es war alles vergessen und einfach nur schön.

Louis kommt durch den Türrahmen getanzt und grinst uns an. "Man hat euch gehört und ich dachte ich gucke mal lieber, bevor ihr irgendwas auf dem 'gemeinsamen' Flur von uns 'allen' macht" Ich spüre wie mir die Röte wieder ins Gesicht steigt. Unauffällig greife ich nach Harrys Hand.

"Machen..., Harry räuspert sich: "Machen wir schon nicht" Sein Blick ist starr zu Boden gerichtet. Heute war ein schrecklicher Tag und diese peinliche Situation macht es auch nicht besser. Da ist es egal, dass Lou, Harrys bester Freund ist.

Louis blick fällt auf mich: "Was ist denn mit dir passiert?" Erst jetzt wird mir bewusst, dass ich schrecklich aussehen muss. Rote Augen, wirres Haar und an meinen Knien hängt ein ein bisschen Schmutz vom Park. Wieder treten mir Tränen in die Augen. Ich will nicht schon wieder weinen. Ich habe schon zu viel Tränen vergossen.

"M-mein V-vater", schluchze ich. Louis nickt wohlwissend. Wir stehen zu dritt hilflos im Flur. Keiner weiß, was er tun soll. Ich am allerwenigsten. Nach zehn Minuten werden die Tränen weniger. Erleichtert atme ich auf, was echt unpassend ist und uns veranlasst laut loszulachen. Überhaupt nicht passend und doch tut das so gut.

Bis mein Kopf kurz vorm explodieren ist und ich mich dazu zwinge schon mal ins Bett zu gehen. Harry biegt Richtung Wohnzimmer ab. In seinem Zimmer lasse ich meine Tasche fallen und trete an die Glastür, die auf den Balkon führt heran.

Immer noch denke ich an den Schulwechsel. Würde es etwas bringen? Was würde dann mit Audrey und Beverly passieren? Viele Fragen überhäufen mich. Aber auf keine weiß ich auf eine andere. Ich habe nur die Hoffnung das es viel schlimmer nicht mehr werden kann.

Eigentlich bin ich mir in letzter Zeit bei nichts mehr sicher. Ich öffne die Tür und sauge den kühlen abendlichen Wind in mich auf. Ich stehe gerne hier draußen, weil ich dann immer an unserem ersten Kuss denken muss. Jedes Mal, ganz automatisch. Ich kann mich noch genau daran erinnern, wie er das erste Mal 'Ich liebe dich' gesagt hat und wie lange das , den Verhältnissen entsprechend schon hält.

Es ist einfach magisch. Als ich jemanden die Treppen hoch stiefeln höre, schließe ich die Tür schnell wieder und setzte mich aufs Bett. Harry schubst die Tür auf. Er stellt sich, wie ich eben, vor die Glastür und sieht nach draußen. Aber er öffnet sie nicht.

"Was liegt dir auf dem Herzen?" Harry fährt herum. Ich schaue ihn ertsaunt an: "Woher weißt du das?" Meine Stimme klingt so schüchtern und zaghaft, nicht nach mir. Ich räuspere mich, einmal, zweimal und noch ein drittes Mal, bis ich sicher bin, dass ich wieder normal reden kann.

"Sieht man dir an", presst er zwischen seinen Lippen hervor. Ich überlege, wieso mir man das ansieht, welches Detail es war und vergesse ganz, dass ich ihm ja auch immer noch eine Antwort schulde. Sein fragender Blick bringt mich zurück in die Wirklichkeit.

"Ich...ich weiß nicht", stottere ich.

"Ach komm schon, ich weiß genau, dass du irgendwas ausheckst. Ich kenne dich doch"

Eigentlich würde er es früher oder später sowieso erfahren: "Ich will die Schule wechseln"

Harry sieht mich überrascht an. "Und wieso?", fragt er erstaunt.

"Weißt du, ich habe mir überlegt jetzt wirklich neu an zu fangen. Mir ein neues Leben aufzubauen. Mit dir" Ich stehe auf und sehe ihn zärtlich an. "Die letzte Zeit war schrecklich und ich vermisse es verdammt nochmal dich lachen zu sehen. Eine Veränderung würde uns, bei der angespannten Stimmung in letzter Zeit gut tun. Was meinst du?"

Er sieht immer noch überrascht aus, dann ordnet er seine Gesichszüge. Seine Lippen bilden ein Grinsen. "Ich finde die Idee genial", ruft er glücklich. Er zieht mich in seine Arme und wirbelt mich herum. Sein Kuss überrumpelt mich. Ich stolpere zwei unbeholfene Schritte nach hinten und wäre wahrscheinlich rückwärts aufs Bett gefallen, wenn zwei starke Arme mich nicht festgehalten hätten.

"Genau wegen sowas Liebe ich dich", flüstert er. Ich habe keine Ahnung worauf das bezogen ist, aber das ist auch ganz egal. Ich glaube dieses Grinsen werde ich nie wieder los. Dieses total bescheuerte Grinsen.

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