Episode 3 || 1

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Das allererste, was mir in den Sinn kam, als ich am nächsten Morgen aufwachte, war die Frage, ob das gestern alles wirklich real gewesen war. Langsam ging ich das Ereignis nochmal in meinem Kopf durch, doch es gab keine Zweifel, dass ich das nicht geträumt sondern tatsächlich erlebt hatte. Surreal.
Mein zweiter Gedanke galt der Uhrzeit, die sich schon wieder im Bereich der fortgeschrittenen Mittagszeit befand, wie ich leider feststellen musste.
Und letztendlich, als ich mich auf die Seite drehte, um zumindest noch eine halbe Stunde zu schlummern, fiel mir auf, dass Laura nicht neben mir lag, was mich ehrlich gesagt etwas überraschte. Eigentlich waren wir beide Schlafmützen, zugegeben, sie weniger, aber dennoch.
Vorsichtig erhob ich mich aus dem bequemen Bett und schlürfte aus dem Zimmer nach nebenan zu Misas Reich, doch auch dort war von keiner Menschenseele eine Spur. Merkwürdig.
"Hallo? Irgendwer Zuhause?", rief ich unsicher durch das Haus, während ich mich langsam auf den Weg in die Küche begab. Doch auch dort herrschte eine Totenstille und niemand war weit und breit anwesend.
Zu meiner Enttäuschung war nichtmal Frühstück gemacht, sodass ich mir etwas unbeholfen ein Toast mit Nussnougat bestrich. Den Toaster zu benutzen traute ich mich nicht. Elektronik und ich waren nicht sehr gute Freunde und wir würden es wahrscheinlich auch nie werden...
Jedes Mal, wenn ich irgendwas damit zu tun hatte, ging es schief und im Endeffekt kaputt.
Als ich mich zum Essen an den Tisch setzen wollte, bemerkte ich, dass dort ein leicht zerknitterter Zettel lag, dem eine Ecke fehlte.
Sofort hob ich ihn hoch und ohne überhaupt gelesen zu haben, erkannte ich anhand der Handschrift, dass der Zettel von Misa sein musste.
"Yo ihr Schlafmützen, ich bin mit Kwangsoo unterwegs. Welt erobern, ihr wisst Bescheid.
Frühstück müsst ihr euch selbst machen, aber keine Sorge, solange Chris keine elektronischen Geräte anfasst, solltet ihr es schaffen.
Fackelt bitte nichts ab.
XOXO Misa, euer Boss", las ich mir laut vor und legte den Zettel lachend wieder auf den Tisch zurück.
Das war so typisch Misa. Und ich konnte jetzt schon wetten, dass es in Zukunft nicht nur bei diesem Zettel bleiben würde.
Jetzt blieb jedoch nur noch die Frage offen, wo sich Laura rumtrieb... Gedankenverloren biss ich in mein Brot und verschlang es mit nur wenigen Bissen.
Was sollte ich tun?
Nach dem Aufessen und dem fertig Anziehen beschloss ich, einfach draußen ein wenig herumströfen zu gehen. Immerhin hatte ich die Gegend noch nicht sonderlich erkundet und etwas frische Luft konnte zur Abwechslung auch nicht schaden. Schlüssel und Jacke geschnappt und schon konnte es losgehen.
Vorsichtig trat ich auf die Straße hinaus und sah mich nach allen Richtungen, rauf und runter, um. Einige Momente bereute ich diesen Entschluss und spielte mit dem Gedanken, wieder reinzugehen und stattdessen zocken zu gehen, da ich mich hier ja nirgends auskannte.
Außerdem war es leicht frisch, trotz Jacke. Leicht fröstelnd vergrub ich meine Hände in meiner Jackentasche.
Doch dann entdeckte ich ein gutes Stück weiter die Straße hinauf Misa, die einem Jungen beim Tragen eines großen Gegenstandes half. Misa trug, wie gestern, ihren Hoodie und der Junge war in eine Art Schuluniform gekleidet... Froren die Beiden nicht? Sofort ging ich auf sie zu, oder besser gesagt auf Misa, und kniff dabei leicht die Augen zusammen. Erkannte ich es richtig und sie trugen einen Kleiderständer mit sich rum?! Wofür das?
Kaum hatte ich zu ihnen aufgeholt, begrüßte mich auch schon Misa, während ich neben ihr herlief.
"Guten Morgen! Oder eher Nachmittag?"
"Hey Misa... und...", vorsichtig sah ich den Jungen an, der etwas verwirrt stehen geblieben war, den Kleiderständer abstelle und Misa ansah.
"Kennt ihr euch?", fragte er vorsichtig und sehr zurückhaltend. Er machte einen merkwürdigen Eindruck, war er etwa der Nachbarsjunge, dessen Telefonnummer Misa sich geschnappt hatte?
"Ja! Chris, das ist Kwangsoo!", sie drehte sich zu Kwangsoo und deutete mit ihrem Kopf zu mir.
"Kwangsoo, das ist Chris", erklärte sie kurz und knapp grinsend. Kwangsoo nickte mir zu, da sah ich schon eine weitere Person aus meinem Augenwinkel auf uns zukommen.
Langsam kam er die Straße hinunter, mitten ins gehen baute er immer wieder kleine Tanzschritte ein, da er sich anscheinend unbeobachtet fühlte. Die Hände hatte er in den Taschen seiner Lederjacke vergraben und eine relativ große Sonnenbrille verdeckte seine Augen.
Als er uns sah, blieb er abrupt stehen, fixierte uns, hob kurz seine Sonnenbrille ein kleines Stück weit runter, sah uns nochmal an und kam dann auf uns zu. Kwangsoo und Misa, die ihm den Rücken zugewandt hatten, bemerkten ihn erst, als er nach mir rief.
"Chris?"
Ich lächelte und hob leicht schüchtern meine Hand zum Gruß. Wann würde ich mich daran gewöhnen, dass sie nebenan wohnten? Und mich kannten?
"Sehun! Hey...!", begrüßte ich ihn, während er näher kam und schließlich bei uns stehen blieb, Kwangsoo unsicher musternd, der nämlich angefangen hatte, seltsam auf den Kleiderständer einzuschlagen.
Misa neben mir war im Gegensatz komplett zu Eis erstarrt. Sowas hatte ich noch nie erlebt, zumindest bei ihr nicht!!
Aber stimmt, Laura und ich hatten ihr ja noch nichts erzählt, da sie gestern abend so spät zurück gekommen war, dass wir uns verpasst hatten.
"S-s-sehun", murmelte Misa ungläubig neben mir und ließ diesen nicht aus den Augen. Ihre Augen waren ungläubig ganz weit aufgerissen.
"Das ist Misa, ich habe gestern schon von ihr erzählt...", stellte ich sie vor und sah dann unsicher zum Jungen.
"Und das ist.. Kwangsoo. Wir wurden uns gerade erst vorgestellt..."
Unsicher sah ich wieder zu Sehun, dem anscheinend auffiel, wie gleichermaßen merkwürdig sich sowohl Misa als auch dieser Junge verhielten.
"Du kommst also von hier?", fragte er Kwangsoo, der durch die Frage aufhörte, auf den Kleiderständer einzuhauen, zu Sehun blickte und nur stumm nickte. Sehun nickte ebenfalls.
"Entschuldige, aber kann ich dich dann was fragen?", fing er vorsichtig an.
Kwangsoo antwortete ihm nicht, sondern sah ihn nur sehr geistesabwesend an. Ich hatte große Mühe, bei seinem perplexen Gesichtsausdruck nicht loszulachen, dass ich mir vorsichtshalber auf die Unterlippe biss.
"Wo kann ich einen Kaffee Shop finden?", fragte Sehun weiterhin sehr vorsichtig.
"Ich suche nach Filterkaffee."
Auch hierauf gab Kwangsoo keine Antwort und sein perplexes Gesicht ließ nicht nach, nur seine Augen bewegten sich nachdenklich umher, als suche er auf einer Karte, die er geistig vor Augen hatte, nach einem passenden Geschäft. Oder dachte er womöglich anderes? Ich konnte ihn kaum einschätzen...
Sehun zog scharf die Luft ein, sah zur Seite und dachte nach.
"Weißt du nicht? Du... nimmst den Kaffee und dann... drip... eh...", versuche er es genauer zu erklären und machte dabei unbeholfene Zeichen mit der Hand in der Luft. Spätestens an diesem Zeitpunkt entfuhr mir kurz ein Lachen, was jedoch keiner mitbekam, da Sehun mit Erklären beschäftigt war, Kwangsoo mit verstehen und Misa mit Sehun anstarren.
"Nein, weiß ich nicht!!", rief Kwangsoo so plötzlich und kurz gebunden hinaus, sodass wir alle erschrocken kurz zusammenzuckten. Sofort drehte dieser sich wieder zum Kleiderständer und nahm seine Schläge wieder auf.
Seufzend wandte sich Sehun zu Misa und mir.
"Ist er immer so?", fragte er und sah dabei Misa an, die sicherlich gerade den Atem anhielt und wer weiß was dachte.
Doch bevor diese die Chance hatte, aus ihrer Starre hervorzukommen, zuckten wir wieder zusammen, den Kwangsoo hatte sich abrupt umgedreht und sah Sehun an.
"Moment. Du bist glücklich, solange es gemahlen ist...?", fragte er, trat ein paar Schritte zurück, ließ den Blick in der Runde schweifen und wank uns mit einer Hand heran.
Vorsichtig folgten wir ihm und plötzlich fiel uns direkt hinter Kwangsoo ein Zelt auf dem Boden auf, in welches er uns hereinwies. Zögerlich folgten wir seinem Aufruf und quetschen uns schließlich zu viert in das kleine Zelt hinein, welches mit allerlei Krimskrams gefüllt war.
In der hinteren Ecke des Zeltes stapelten sich zahlreiche Mangas und Comics, doch noch mehr konnte man hier entdecken, wie zum Beispiel die von der Zeltdecke hängenden Boxerhandschuhe!
In der Mitte befand sich ein Gebilde aus zwei Steinplatten, welches ich nur aus alten Gesichtsbüchern kannte. Es handelte sich um eine alte Kaffeemühle!
Während ich mich noch vorsichtig im Zelt umsah, begann Kwangsoo damit, ein paar Kaffeebohnen mithilfe der uralten Kaffeemühle zu mahlen. Eine sehr anstrengende Methode, die heutzutage kaum noch angewandt wird.
"Was zur...", flüsterte Sehun in meine und Misas Richtung. Ich entgegnete mit einem Schulterzucken.
Gespannt sahen wir Kwangsoo bei seiner Tätigkeit zu, bis er nach einiger Zeit Kaffee in drei verschiedene Becher abfringte.
Vorsichtig reichte er jedem von uns jeweils eines der Gläser und sah uns gespannt und abwartend an.
Leicht perplex warfen Misa, Sehun und ich uns unsichere Blicke zu und führten beinahe gleichzeitig unsere Becher an unsere Lippen, um einen Schluck von seinem selbstgemachten Kaffee zu kosten.
Überraschenderweise schmeckte der Kaffee unglaublich gut! Auch wenn ich eher nicht so der Typ war, der gerne Kaffee trank, musste ich es zugeben.
Gierig tranken wir alle bis auf den letzten Schluck auf und sahen zuerst einander perplex an, um dann wie abgesprochen in einer großen, lockeren Gruppenumarmung zu enden.
"Ich hoffe, wir werden gute Freunde!", unterbrach Sehun die Stille. Ich holte tief Luft.
Was passierte hier eigentlich alles?!

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