Irgendwann war ich eingeschlafen und irgendwann war ich auch wieder aufgewacht.
An sich war das nichts Schlimmes, doch unterm Strich hieß es, dass ich jegliches Zeitgefühl komplett verloren hatte. Wieviel Uhr hatten wir? Wie lange hatte ich geschlafen? Wie lange saßen wir nun hier schon im Geheimgang fest? Und wann würden wir endlich von hier gerettet werden?
Keine einzige Frage ließ sich beantworten, Letztere sowieso nicht. Alles ironischerweise eine Frage der Zeit.
"Wir werden hier doch nicht sterben, oder?", fragte Ji vorsichtig, Angst schwang in ihrer Stimme mit, die deswegen auf eine leicht höhere Tonlage gewechselt hatte. Ich schüttelte zur Antwort meinen Kopf, auch wenn sie diese Bewegung wahrscheinlich eh nicht sehen konnte.
"Nein, wir werden hier schon nicht sterben, da bin ich mir eigentlich ganz sicher."
"Was macht dich da so sicher?", das war Chanyeol, dessen Optimismus auch heftig zu schwanken schien. Ich zuckte nur mit meinen Schultern.
"Keine Ahnung. Ich weiß es einfach. Instinkt."
"Dann vertraue ich dir und deinem Helfer-Instinkt einfach mal", Chanyeol entfuhr ein kurzes Lachen.
Ehe ich darauf hätte antworten können, jammerte mir auch schon Ji dazwischen.
"Wie kann uns sowas nur passieren? Womit haben wir das nur verdient?", seufzte sie.
Womit hatten wir das nur verdient. Gute Frage. Vielleicht war das Gottes Strafe für meine Eifersucht oder meine Lügen, was mein Befinden anging.
Oder einfach nur großes Pech.
"Also ich denke, dass es gar nicht so schlimm ist, mit euch hier festzusitzen", setzte Chanyeol an, machte eine kurze Pause, sah kurz zu mir und dann wieder zu Ji.
"Wenn das hier nie passiert wäre, hättest du mich zum Beispiel niemals wiedererkannt!"
"Du hättest mir auch einfach sagen können, dass du Chan bist! Das wäre mir definitiv lieber gewesen, als jetzt hier festzusitzen!", entgegnete Ji ihm entrüstet. Sie hatte wohl vergessen, dass wir diejenigen waren, die dafür verantwortlich waren.
Dennoch nickte ich zustimmend.
"Du bist immer von allen Seiten in Schwierigkeiten geraten. Ich hatte zu viel Spaß beim Zusehen", Chanyeols belustigtes Lächeln kam wieder zum Vorschein.
"Du bist so gemein", antworteten Ji und ich beinahe gleichzeitig im Chor, um darauf in kurzes Auflachen auszubrechen, welches jedoch nicht lange anhielt.
"Ich dachte, du würdest mich sofort in der Minute wiedererkennen, in der du mich siehst", gab Chanyeol kleinlaut hinzu.
"Wie konntest du mich nur vergessen? Ich bin verletzt."
Ein Schauer durchzuckte mich, auch wenn das diese Nacht nun wirklich nichts besonderes mehr war. Gänsehaut, aus welchem Grund auch immer, stand hier auf dem Tagesplan.
Unwillkürlich stellte ich mir wieder die Frage, was Chanyeol und Ji füreinander waren und gewesen waren. Irgendetwas sagte mir, dass sie mehr als Freunde waren, und wenn es nur Verliebtheit gewesen war. Und dieses Irgendetwas, was mir das sagte, fühlte sich unglaublich unangenehm und beklemmend an.
Als würde mich das Teufelchen, das auf der gegenüberliegenden Seite meiner Schultern vom Engelchen saß, mit seinem Teufelsdreizack immer und immer wieder picksen, bis das Gefühl zu einem Stechen wurde. Bloß das der stechende Schmerz sich im Herzen bemerkbar machte. Eifersucht.
"Nun, du hast dich sehr verändert. Ich hätte nie gedacht, dass du mal ein Star wirst! Und dann auch noch so ein Berühmter...", gab Ji offen und ehrlich zu und riss mich damit aus meinen Gedanken heraus.
Irgendwie erleichtert atmete Chanyeol aus. Stillte trat auf.
"Tut mir Leid, Freund", entschuldigte sich Ji kaum einige Augenblicke später und stupste Chanyeol spielerisch leicht in die Seite, was Chanyeol auflachen ließ.
Gemeinsam lachten die Beiden noch ein wenig, ich nicht.
Drittes Rad am Fahrrad, durchfuhr es mich wieder. Ich konnte es einfach nicht lassen, diesen Satz zu denken. Denn das war ich momentan, ich konnte es nicht leugnen, ob es mir gefiel oder nicht.
Leise beschloss ich, das nächste Mal, wenn ich daran dachte, mich zu bestrafen. Für Alle das Frühstück machen zu müssen oder so.
Hauptsache ich dachte nicht mehr daran.
Sobald wir hier raus waren würde ich Abstand nehmen, beschloss ich wiedermal. Dann würde ich so etwas nie mehr denken müssen und mich auch nie wieder so fühlen müssen wie gerade. Hoffte ich.
Mein Selbstmitleid wurde von einem Geräusch unterbrochen, das wir aus dem Flur hörten. War das etwa unsere Rettung?
Sofort sprangen wir auf, wobei ich jedoch sofort wieder abknickte und auf die Schreibtischfläche fiel. Irgendetwas fiel herunter, doch das war mir in dem Moment egal. Meine Füße waren von mir gegangen, ich erinnerte mich. Und durch die plötzliche Bewegung waren sie schnell zu sich gekommen, zu schnell. Als hätte ich Brausepulver in den Füßen knisterten diese.
"Habt ihr das gehört?", fragte Ji derweile vorsichtig und sah von mir zu Chanyeol.
"Wir sind hier!", rief dieser derweile und trat einen Schritt Richtung Torbogen.
Unsicher sah Chanyeol sich zu mir um.
"Sind deine Füße eingeschlafen? Geht's?", fragte er unsicher und trat zu mir.
Langsam nickte ich, mehr bekam ich nicht hin, meine Füße und dieses Kribbeln darin brachten mich um.
"Du musst sie bewegen. Komm, ich helfe dir", bot er an und legte mir seinen Arm um die Hüfte, um mich stützend vom Schreibtisch zu holen.
Ji war bereits in den Flur zur Tür gerannt und rief nach Aufmerksamkeit, während Chanyeol mir vorsichtig stützend Schritt für Schritt half, meine Füße wiederzubeleben.
Wir waren gerade vor dem Torbogen angekommen, der den Raum mit dem Flur verband, als plötzlich lautes Knallen mich zurück schrecken ließ.
Die Lampe über dem Bogen war durchgebrannt und explodiert. Kurzerhand war es stockduster um uns herum.
Chanyeol hatte vor Schreck seine Arme weggezogen, die mich vorher noch um meine Taille herum gestützt hatten.
Erschrocken stolperte ich noch einige Schritte zurück, doch meine immer noch nicht erwachten Füße, die jetzt übrigens doppelt so viel kribbelten wie zuvor, konnten mich nicht aufrecht halten.
Ich stürzte. Schloss schon meine Augen. Bereit, auf dem Boden aufzukommen. Ich würde fallen wie ein Stein, aufkommen und, wenn ich Glück hatte, mich nur leicht verletzen.
Doch keine von meinen Befürchtungen geschah.
Vorsichtig öffnete ich meine Augen wieder, möglichst weit, um in der Dunkelheit sehen zu können.
Chanyeol hatte mich überraschenderweise aufgefangen, was ich gar nicht bemerkt hatte, und sah nun zu mir in seinen Armen herunter.
Sein Blick lag jedoch nicht auf mir, das konnte ich durch die Dunkelheit erkennen, sondern auf Jis Kette, die mir beim leichten Fall aus dem Pullover entwichen war und nun auf meiner Brust außen gut sichtbar auf mir lag.
Der goldene Notenschlüssel schien in der Dunkelheit zu glitzern.
"Warum hast du das?"
"Die Kette?", fragte ich unsicher und fasdte instinktiv mit einer Hand nach dem Anhänger. Bestätigend nickte Chanyeol.
"Die ist von meinem Großvater."
"Echt?", erstaunt hob ich eine Augenbraue. "Ich habe die hier von Ji."
Noch bevor wir weiter darüber reden konnten, unterbach uns das Gerufe vom Flur aus.
"Kwangsoo!", Jis Stimme hörte sich aus der Ferne so an, als würde sie anfangen zu weinen.
"Sis!", das war Kwangsoos Stimme.
"Was zur Hölle", diese Stimme gehörte zu Misa.
Anscheinend hatten sie uns befreit.

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EXO Next Door AU
Fanfiction"Viel Spaß euch Beiden", murmelte ich Ji noch zu und ging ein paar Schritte zurück, gerade rechtzeitig, als man Chanyeol in der Ferne auf uns zurennen sehen konnte. Für einen Moment wollte ich bleiben, Ji und Chanyeol nicht einander lassen, doch ich...