Episode 16 || 1

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Luftschnappend hielt ich an, lehnte mich erschöpft gegen irgendeine Backsteinmauer eines Hauses und warf meinen Kopf in den Nacken. Noch einen Atemzug sah ich in den Himmel, sah in die paar weißen Wolken, dann schloss ich meine Augen.
Lange und vor allem weit war ich nicht gerannt, die Müdigkeit hatte mich dafür zu schnell eingeholt und von Kopf bis Fuß erfasst. Ich hätte nicht so viel um den Spielplatz joggen sollen, dann wäre ich jetzt weiter weg, viel weiter, gewiss. Ein Kälteschauer erfasste mich und ich schlang meine Arme um mich. Das Laufen hatte mich leider nicht gewärmt und der Mantel reichte auch nicht. Und mit der zusätzlichen Müdigkeit fühlte ich mich sogar noch elendiger.
Hoffentlich machten sich Chanyeol und Ji jetzt eine schöne Zeit...
"Chris!!", unterbrach eine tiefe Stimme aus der Ferne meine Gedanken.
Erschrocken riss ich meine Augen auf und sah nach links, die Straße hinauf von der ich eben noch gekommen war.
Ich traute meinen Augen kaum. Träumte ich? Ließ mich meine Erschöpfung halluzinieren?
"Verdammt, endlich bist du stehen geblieben. Du rennst verdammt schnell", stöhnte Chanyeol erschöpft und kam neben mir an der Mauer zum Stehen. Müde lehnte er sich gegen die Mauer und holte tief Luft, seinen Blick nicht von mir abwendend, als hätte er Angst, ich würde wieder davonlaufen.
Was an sich kein uninteressanter Gedanke war, noch hatte ich Energie, um mindestens zwei Straßen weiter zu laufen, wie sah es mit ihm aus?
Beinahe wäre ich tatsächlich losgerannt, um es herauszufinden, doch zwei Dinge hielten mich zurück. Zum Einen konnte ich mir nicht sicher sein, ob er mir noch einmal folgen würde, zum Anderen war ich neugieriger, warum er mir überhaupt gefolgt war.
"Wieso guckst du mich mit so großen Augen an?", lachte Chanyeol und riss mich aus meinen Gedanken. Sein Lachen ließ mich innerlich sofort zusammenzucken und mein Herz fing wieder wie wild an zu Klopfen, als wäre ich das Doppelte gelaufen. Sein Lachen - das, wonach ich mich vor Stunden noch gesehnt hatte.
Er selbst atmete nicht mehr schwer, schien sich schnell vom Laufen zu erholen und von Moment zu Moment entspannter zu werden.
Doch klar, als Idol musste er viel Ausdauer haben, wie konnte ich sowas vergessen?
Er würde mich locker noch einmal aufholen, wenn er wollen würde, schoss es mir durch den Kopf.
Zögerlich löste ich mich von der Mauer und drehte mich schon so, dass ich hätte weiterlaufen können, doch weit kam ich nicht.
Ruckartig, es dauerte keine zwei Atemzüge, hatte Chanyeol nach meinem Arm gegriffen und mich zurück an die Mauer gedrückt.
"Nein, du rennst jetzt nicht weg", befahl er mir bestimmt und sah mich durchdringend an. Sein Griff verstärkte sich, nur ein wenig, doch es reichte vollkommen aus, eine Flucht war für mich soeben unmöglich geworden. Ich war gefangen, wie in einem Sandwich zwischen Chanyeol und der Backsteinmauer.
Tief ein und ausatmen.
Langsam hob ich meinen Kopf , sah hoch zu Chanyeol und biss mir auf meine Unterlippe. Ich musste einfach ignorieren, wie nahe er mir war, mein Herz und mein Selbst beruhigen. Das schaffst du, Chris.
Tapfer entgegnete ich seinem Blick, schwieg jedoch. Wenn sich hier einer erklären musste, dann er. Ich konnte schließlich durch die Gegend rennen wie ich wollte, doch müsste er nicht eigentlich bei Ji sein und nicht hier bei mir und mich gegen eine Mauer drücken?
"Aah, verdammt", fluchte er leise murmelnd und ließ seinen Kopf Richtung Boden fallen, sodass der Blickkontakt abbrach. "Du kannst mich nicht so ansehen. Das macht mich schwach."
"Was", verwirrt sah ich ihn weiter an. Was hatte er gesagt? Er hatte so leise gemurmelt, ich hatte nur ein paar Wortfetzen aufgeschnappt.
Ich hatte keine Zeit, weiter darüber nachzudenken oder gar nachzufragen, da hob Chanyeol wieder seinen Blick und sah mich wieder an, jedoch nicht mehr so durchdringend wie zuvor.
"Sag' doch irgendwas. Rede mit mir. Bitte", flüsterte er. Noch einen Moment sah ich ihn an, holte tief Luft. Ein und Ausatmen. Entspannen.
"Wieso bist du mir gefolgt?", fragte ich vorsichtig das Erste, was mir in den Sinn kam. Erleichtert atmete Chanyeol auf.
"Ich bin dir gefolgt, weil du weggerannt bist", antwortete mir Chanyeol sofort wie aus der Pistole geschossen. Seine Augen blitzten erfreut auf.
Freute er sich gerade, dass ich etwas gesagt hatte?
"Warum bist du eigentlich weggerannt?", fuhr er fort. Wieder zuckte ich zusammen. Mit meinem lauten Herzschlag konnte ich kaum denken und dass Chanyeol mir so nahe stand, machte es auch nicht wirklich besser.
"Weil du dort doch mit Ji verabredet warst. Ich habe nur mit ihr gewartet. Ich wollte nicht stören", murmelte ich und senkte meinen Blick zum Boden. Ich hörte mich schon in meinen eigenen Ohren komplett bescheuert an.
"Ja, das war ich", stimmte mir Chanyeol zu. "Aber du würdest nicht stören, ehrlich nicht."
"Ein Date zu Dritt? Sehr lustig", ein kurzes Lachen entfuhr mir.
"W-was", Chanyeol schien von meiner Antwort ganz schön überrascht worden zu sein. Für einen kurzen Moment schwieg er, dann setzte er mir zu einer Antwort an.
"Ji ist nur eine Freundin als ich klein war, das weißt du doch. Sandkastenfreunde, mehr nicht."
"Achja?"
Ich wusste ehrlich nicht, was ich antworten oder denken sollte. Deswegen starrte ich einfach weiter auf den Boden. Doch glücklicherweise fuhr Chanyeol einfach fort.
"Zugegeben, sie war meine erste Liebe...", er hielt inne, holte tief Luft. "...doch das ist Vergangenheit. Wir haben uns Beide verändert."
Wie unglaublich interessant der Boden doch war.
War der Boden etwa gepflastert? Hoch interessant, wirklich. Damit sollte ich mich wirklich mehr beschäftigen, angefangen jetzt?
"Hörst du mir zu, Chris? Sag' doch was!", seufzte Chanyeol, doch ich rührte mich nicht. Was sollte ich auch antworten? Schön? Juhu? Yeah? Sieh nur, ein Einhorn, ist das etwa Lay?
Bei Letzterem bestände immerhin die Möglichkeit zu einer Flucht, wenn Chanyeol auf der Suche nach dem Einhorn von mir abgelassen hätte.
Mein Herzklopfen brachte mich um. Wenn Chanyeol nur wüsste, was ich fühle...
Meine Gedanken wurden unterbrochen, als ich plötzlich seine Hand an meinem Gesicht spürte. Sie umschloss meine Wange, eine Welle an Wärme durchfuhr mich. Vorsichtig hob er meinen Kopf an, sodass ich nun nicht mehr anders konnte, als ihn anzusehen.
Seine braunen Augen waren plötzlich viel näher als eben, er war generell näher gekommen. Wann? Und wieso hatte ich das nicht mitbekommen?
Und wieso war hier diese blöde Mauer, ich konnte nicht für Platz sorgen, der mein Herz vielleicht etwas beruhigt hätte?
Und warum?
"Bitte, ignorier mich nicht. Laura hat mir gesagt, dass du auffällig dagegen warst, zu uns zu kommen. Aber ich will das nicht", fuhr Chanyeol hilflos murmelnd fort. Sein Blick strahlte Etwas aus, was ich nicht deuten konnte. Etwas Verletztes? Etwas Verlangendes?
Noch nie zuvor hatte mich jemand so angesehen. Was wollte er?
Tief ein und ausatmen.
Sein Blick ließ nicht nach. Schlimmer. Er kam immer näher.
"Chris, bitte", hauchte er noch, ich konnte seinen warmen Atem auf meiner Haut spüren. Dann lagen seine Lippen auf Meinen.

EXO Next Door AUWo Geschichten leben. Entdecke jetzt