Episode 12 || 3

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"Habt ihr die Tür geschlossen?", wiederholte Chanyeol noch einmal, ohne dabei weniger aufgebracht zu klingen als zuvor.
"Den Eingang, den Ausgang, die Tür, die Wand", umschrieb er es noch einmal, als wir nicht antworteten, doch natürlich wussten wir genau, was er meinte.
Erschrocken weitete ich meine Augen und sah in den dunkleren Flur.
Ja, die Tür war aus irgendeinem Grund wieder zugefallen, das hatten wir sogar mitgekriegt. Doch war das wirklich der einzige Ausgang? Das konnte nicht sein. Das würde heißen, wir saßen hier fest!
Es musste doch einen anderen Ausweg geben, einen Notausgang oder so. Oder doch nicht?
Angst machte sich in mir breit. Nicht die Angst vor dem verschlossenen, dunklen Ort, sondern die Angst vor der Zeit, die wir hier verbringen würden.
Plötzlich kam mir dieses Geheimversteck gar nicht mehr so faszinierend und aufregend vor, sondern eher bedrückend und schauderlich.
"Vielleicht", brachte Ji hervor, schüttelte jedoch den Kopf und korrigierte sich. "Sie ist von alleine zu gegangen!"
Chanyeol sah sie einen Moment lang ungläubig an, dann warf er verärgert den Kopf in den Nacken.
Am liebsten hätte ich es ihm gleich getan, doch ich hielt mich zurück. In so einer Situation konnten wir nicht durchdrehen, zumindest nicht alle. Irgendwer musste einen kühlen Kopf bewahren, und wenn das ich sein musste. Ich atmete tief durch, entspannte mich so gut es ging und verdrängte meine Angst.
Natürlich, im Prinzip hatte Ji recht gehabt mit ihrer Aussage. Wir hatten die Tür beziehungsweise den Ein- und Ausgang nicht geschlossen, zumindest nicht mit Absicht. Angestrengt dachte ich nach. Was haben wir im Raum verändert, sodass die Tür zugegangen ist?
Es musste ein Mechanismus gewesen sein, der versteckt diesen Ort zugänglich machte.
Ich hatte kein Arcade Game angefasst, geschweige denn etwas im Raum verrückt. Das Foto vielleicht? Absurd, das konnte es nicht sein, ausgeschlossen. Vielleicht der Wäschekorb, der auf den Tisch gehauen wurde? Ebenfalls ausgeschlossen, dann hätte das Loch sich ja schließen müssen, als Ji den Korb wieder anhob. Verzögerter Zeitmechanismus eventuell? Doch wenn nicht, was war es dann?
"Hast du keinen Schlüssel?", fragte Ji ihn weiter und unterbrach meine Gedanken. "Ich dachte, du hättest..."
Aufmerksam sah ich von Ji wieder zu Chanyeol. An die Möglichkeit eines Schlüssels hatte ich nicht gedacht, doch es klang sehr unwahrscheinlich. Doch die Hoffnung starb bekanntlich zuletzt.
Meine Gedanken wurden abrupt von Chanyeol unterbrochen, der seinen Kopf zum Wäschekorb gewandt hatte, den Ji an die Wand gelehnt hatte, und diesen fassungslos anstarrte.
"Warum hast du das mitgebracht?!", deutete er zornig auf seine graue Jacke.
Da ging mir ein Licht auf. Konnte es sein, dass am Kleiderhaken, an dem die Jacke hing, so etwas wie ein Hebel war, mit dem man die Tür öffnen und schließen konnte?
Ich schluckte. Wenn es so war, dann hatten wir tatsächlich die Tür geschlossen, zwar nicht mit Absicht aber immerhin.
"Weil ich dachte, das müsste gewaschen werden", antwortete ihm Ji Wahrheitsgemäß. Chanyeol sah sie nur weiter ungläubig an.
Ich trat einen Schritt nach vorne zu den Beiden.
"Okay, ganz ruhig. So kommen wir nicht weiter", versuchte ich die Lage zu beruhigen. Ernten tat ich nur Blicke, die zum Teil unsicher waren, das waren Jis Blicke und fassungslos genervte Blicke, die zu Chanyeol gehörten.
"Fakt ist, dass der wahrscheinlich einzige Ein- und Ausgang zu ist. Aber das ist kein Grund für Panik", fuhr ich unbeirrt fort. Doch ich glaubte meinen eigenen Worten nicht, mir war sogar sehr nach Panik. Ich merkte, wie Jis Blicke sich ein wenig entspannten, was mir Mut gab. Anscheinend wirkte meine innere Unruhe nicht nach außen.
"Du hast recht", pflichtete Chanyeol bei und atmete tief durch, um seine Wut hinunter zu schlucken. Dann wandte er sich um und streckte Ji seine Hand entgegen, in die sie zögerlich die ihre legte.
"Was machst du?!", rief Chanyeol auf und zog seine Hand sofort wieder weg.
"Gib mir dein Handy!", verlangte er, mein belustigtes Schmunzeln ignorierend, das durch Jis Reaktion hervorgerufen war.
Ji durchsuchte derweil ihre Taschen.
"Shit, es ist nicht hier", rief sie entrüstet und sah verunsichert zu mir. Auch ich hatte nebenbei meine Hosentaschen abgesucht, doch zwecklos, mein Handy lag an der Ladestation in meinem Schlafzimmer.
"Mein Handy ist Zuhause an der Ladestation", gab ich bekannt.
"Meins müsste noch bei den Putzsachen liegen...", dachte Ji laut nach.
"Damn", fluchte Chanyeol leise und trat ein paar Schritte weg zu dem Bogeneingang, der den Flur und das Zimmer miteinander verband.
Entschlossen hob er seine Hände, stellte sich vor diese Bogensäule und schlug erst einmal sachte seinen Kopf dagegen.
"Ein einfacher Facepalm vor Verzweiflung hätte es auch getan, Mr. Drama", merkte ich an, doch er hörte mich nicht, da er in den Flur eingebogen war.
Wenn ich heute noch verzweifeln würde, dann angesteckt von ihm.
Schnell folgten Ji und ich ihm in den dunklen Flur. Gemeinsam stellten wir uns vor die verschlossene Stelle, an der wir vor nicht allzu langer Zeit hatten hinausgehen können. Wie schön es wäre, wenn diese Stelle immernoch offen wäre.
"Baekhyun? Sehun? Hallo?!", rief Chanyeol gegen die Wand so laut er nur konnte um Hilfe. Ich bezweifelte, dass man uns allzu weit hören konnte, doch einen Versuch war es wert.
"Ist da wer?!", stimmte ich mit ein so laut meine Stimme es zuließ. Doch keine Antwort oder Hilfe kam.
"Was machen sie bloß?", zischte Chanyeol verärgert, bevor er weiter rief.
"Ich glaube, sie zocken", schluckte ich, nachdem ich kurz nachgedacht hatte. Zuletzt hatte ich die Beiden jedenfalls beim Staubwischen im Wohnzimmer gesehen, als die Beiden vor der Konsole hockten. Ich wusste noch genau, wie gerne ich mich dazu gesetzt hätte, doch genau in diesem Moment brauchte Ji im Nebenzimmer meine Hilfe.
Kurz tauschte ich einen Blick mit Chanyeol aus, wir waren uns Beide einig, was das insgesamt bedeutete: Sie würden uns nicht hören, da sie viel zu sehr in das Spiel vertieft waren.
"Öffnet die Tür! Irgendwer!!", rief Ji währenddessen weiter und auch Chanyeol und ich nahmen unsere Hilferufe wieder auf, auch wenn es von Ruf zu Ruf hoffnungsloser schien.
"Macht auf!"
"Mamaaaa!", kreischte Ji, in ihr schien sich auch die Hoffnungslosigkeit breit zu machen.
"Baekhyun!", rief Chanyeol direkt im Anschluss und hämmerte noch einmal gegen die Wand.
Das wird nichts, schoss es mir durch den Kopf.
Zumindest die Nacht würden wir hier verbringen müssen, bis wir vermisst werden und hoffentlich gefunden werden würden.
Die Angst vor der Zeit von vorhin, die ich bis jetzt mühevoll unterdrückt hatte, kam wieder hervor.

EXO Next Door AUWo Geschichten leben. Entdecke jetzt