"Ich brauche jetzt unbedingt irgendwas, was mich abkühlt! Egal was!", war das Erste, was Misa lauthals rief, als wir kurz vor Einbruch der Dunkelheit wieder unser eigenes Haus betraten.
Den kurzen Weg hierher hatten wir die ganze Zeit geschwiegen, doch jetzt platzte die Stille mit einem Mal.
Achtlos zog sie sich ihre roten Schuhe aus, kickte sie genauso achtlos einfach in den Eingangsbereich hinein und stürmte, ohne sich noch einmal umzusehen oder geschweige denn ihre Schuhe richtig hinzustellen, in die Küche.
"Leg deine Schuhe wenigstens richtig hin!", rief ich ihr mich beschwerend hinterher, während ich ungläubig kopfschüttelnd meine eigenen Schuhe ordentlich aufstellte und auch Misas richtig aufstellte. "Ich bin nicht deine Maid!"
"Nein? Schade! Aber immerhin mein Untertan, das ist ja fast das Gleiche!", kam es aus dem Küchenbereich zurück, dicht gefolgt von dem lauten Geräusch eines Kühlschrankes beziehungsweise einer Kühlschranktür, die mit voller Wucht aufgerissen wurde und irgendwo gegengeschmettert wurde.
Schnell huschte ich ebenfalls in die Küche, doch zum Glück schien der Kühlschrank noch heil zu sein. Die Kühlschranktür war wie erwartet bis zum Anschlag an die Küchentheke geöffnet und kaum ein paar Zentimeter davon entfernt stand Misa, eine der Wasserflaschne in der Hand und gierig trinkend.
Vorsichtig trat ich neben Misa an den Kühlschrank und angelte mir ebenfalls eine Flasche Wasser heraus. Noch bevor ich meine Flasche überhaupt geöffnet hatte, hatte Misa ihr Getränk bereits vollkommen ausgetrunken.
"Kneif mich bitte", verlangte sie sofort, vor Energie nur so sprühend, während sie ihre leere Flasche an das Spülbecken stellte.
"Bitte was?!", stieß ich lachend hervor. Jetzt hatte sie anscheinend vollkommen den Verstand verloren. Ich hob meine Hand mit der Flasche an, um einen Schluck Wasser zu trinken.
"Du sollst mich kneifen! Komm schon, Chris", wiederholte Misa noch einmal ganz langsam, als würde sie es einem dreijährigen Kleinkind erzählen und lehnte sich dabei lässig gegen die Küchentheke.
"Ich glaube nämlich, ich träume. Das ist wie ein Traum. Das kann nur ein Traum sein."
"Du träumst nicht", seufzte ich direkt und nahm einen weiteren, kleinen Schluck Wasser. Ich konnte mir ein leichtes Lächeln dabei nicht verkneifen.
Misa sah nicht so überzeugt von meiner Antwort aus.
"Ich hab' das Gefühl, ich träume wirklich. Ohne Witz. Aber wenn, dann will ich echt nicht aufwachen."
Schweigen trat auf. Doch kaum hatte ich meine Wasserflasche wieder ein kleines Stück gesenkt, damit Luft hineingelangen konnte, unterbrach Misa die Stille wieder.
"Du und Laura, ihr habt mir einiges zu erklären!", sagte sie verlangend und verschränkte ihre Arme ineinander.
"Kaum lasse ich euch mal alleine passieren die krassesten Sachen!"
Zustimmend nickte ich und rief nach Laura, doch es kam keine Antwort.
"Apropos Laura, wo ist sie eigentlich?", zögerte ich die Erklärung hinaus, denn ich war mir selbst noch nicht sicher, wie ich das erzählen könnte. Ich konnte es doch selbst kaum glauben. Eigentlich müsste ich gekniffen werden und nicht Misa.
Oder wir müssten einfach alle gekniffen werden.
"Als ich gegangen bin, wart ihr Beide noch am schlafen...", überlegte Misa laut und zuckte mit den Schultern.
"Ab dann habe ich Laura nicht mehr gesehen. Wie gesagt, zuletzt, als sie geschlafen hat."
"Aber selbst wenn sie alleine losgegangen ist, müsste sie theoretisch schon zurück sein, oder? Sie kennt sich hier in der Gegend doch aus, oder? Oder?", steuerte ich unsicher bei. In meinem Kopf bildeten sich schon Horrorszenarien, in denen Laura für immer verschwunden oder schwer verletzt war.
Wieder zuckte Misa ratlos mit ihren Schultern, während sie ihre Hand zu ihrem Handy in der Tasche ihres Hoodies sinken ließ.
"Ich rufe sie mal an", erklärte sie und schaltete ihr Handy ein.
"Und wenn sie nicht abhebt, kann sie was erleben!"
Doch im selben Moment, noch bevor Misa die Möglichkeit hatte, den Anruf zu tätigen, ertönte ein Geräusch aus dem Eingangsbereich und schon kurze Zeit später kam Laura gut gelaunt durch die Tür spaziert. Ihre Augen strahlten und ihr Grinsen ging förmlich von einem Ohr zum Anderen.
"Ist was?", fragte Laura, die sich von unseren starrenden Blicken nicht das Grinsen vergehen ließ und trat zu uns näher. Ihre gute Laune schien den ganzen Raum geradezu zu erfüllen.
"Hallo Laura", sagte Misa kurz und knapp und verengte ihre Augen zu einem schmalen Spalt.. Man konnte ihren prüfenden Blick dabei geradezu spüren und das selbst, wenn man nicht die Person war, die von ihr angesehen wurde.
"Wo warst du?", fügte ich sofort hinzu, um die Sache auf den Punkt zu bringen. Doch Laura lächelte nur weiterhin.
"Ach, nur hier und da..."
Bildete ich mir das ein, oder verstärkte sich ihr Grinsen nur? Sie glich einem Honigkuchenpferd. So würde es zumindest jemand ausdrücken, zu dem ich mal Kontakt hatte. Oder so ähnlich.
"Achja? Hier und da?", Misa zweifelte wahrscheinlich genauso sehr wie ich. Ihr Gesichtsausdruck verriet, das sie irgendwas besonderes gemacht haben musste. Anders könnte ich mir ihre gute Laune nicht erklären.
Eindringend sahen wir Laura weiter an, die uns nur mit ihrem unschuldigen, fröhlichen Lächeln entgegnete. Sie würde uns nichts erzählen, das spürte ich. Eventuell etwas später vielleicht?
Vielleicht sollte ich es tatsächlich zu einem anderen Zeitpunkt noch einmal versuchen, wenn sie etwas gesprächiger war.
Ich sah sie nochmal prüfend an. Selbst mit unseren momentanen Blicken ließ sich Laura nicht verunsichern oder aus dem Konzept bringen.
Misa neben mir seufzte.
"Du wirst uns nichts erzählen, oder?", fragte ich vorsichtig. Sofort gluckste Laura kurz fröhlich lachend auf und nickte mir zustimmend strahlend zu.
"Na gut, wie du willst. Aber du kommst uns nicht davon, früher oder später erzählst du es uns", für Misa war das Thema damit anscheinend beendet. Ihr drängender Blick ließ dennoch nicht nach.
"Dann haben wir ja jetzt Zeit für andere, wichtigere Erklärungen", sagte sie bestimmt und nahm nun auch mich ins Visier.
Unwillkürlich musste ich schlucken. Auch Lauras Grinsen ließ ein wenig nach und ihr Gesichtsausdruck wandelte sich in dezente Verwirrung.
"Andere Erklärungen?", fragte sie unsicher und sah fragend zu mir.
"Ich kann mich nicht erinnern, dass wir irgendwas großartiges verbrochen haben. Also schon."
Gemeinsam lachten wir kurz auf, doch Misa fand das Ganze weniger lustig.
"Erklärungen zum Beispiel... was so in der Nachbarschaft abgeht?", deutete sie nochmal an. Jetzt fiel auch bei Laura der Groschen.
"Achsoo!", lachte sie auf und sah wieder unsicher zu mir.
"Wie sollen wir das nur erklären?"
"Gute Frage", antwortete ich ihr wie aus der Pistole geschossen und räusperte mich.
"Am Besten von ganz von vorne!", verlangte Misa sofort und ließ ihren Blick zwischen Laura und mir hin und her schweifen.
Kurz seufzte ich und begann, Misa alles zu erzählen, was Laura uns ich erlebt hatten und anschließend Laura, was Misa und ich erlebt hatten. Das klitzekleine Detail von meiner Aufräumaktion ließ ich zwar aus, doch das störte zum Glück nicht. Diese Zeit füllte Misa mit dem, was sie erlebt hatte.

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EXO Next Door AU
Fanfiction"Viel Spaß euch Beiden", murmelte ich Ji noch zu und ging ein paar Schritte zurück, gerade rechtzeitig, als man Chanyeol in der Ferne auf uns zurennen sehen konnte. Für einen Moment wollte ich bleiben, Ji und Chanyeol nicht einander lassen, doch ich...