Kapitel 1

47 9 1
                                    

Désirée:

„Meiner Meinung nach solltest du bei dieser Frau anrufen", sagt Vicky zum gefühlt hundertsten Mal. 

Wir sitzen gerade gemütlich vor dem Fernseher auf dem Boden und ich lackiere ihr gerade die Nägel blutrot. Im Fernseher läuft gerade die letzte Staffel von The Flash. Wir schauen die Serie eigentlich nur aus einem Grund an. Sein Name ist Grant Gustin. Die Frau in der Serie geht uns beiden auf die Nerven. Im Ernst, Barry hat jemand Besseren verdient.

„Ich meine, sie hat Ahnung von Musik, wenn sie Managerin ist", spricht Vicky weiter und pustet dann die Nägel ihrer linken Hand trocken, während ich mich um ihre rechte Hand kümmere.

„Mir fehlt es an...gefühlt allem, um Sängerin zu werden", bemerke ich trocken und konzentriere mich auf ihren kleinen Finger.

„Das hat sie nicht so gesehen", wirft sie ein.

„Sie kennt mich auch nicht. So, fertig."

„Uii, die sehen echt toll aus. Was ziehst du eigentlich an?"

„Keine Ahnung. Müssen wir da eigentlich hingehen?", frage ich und habe echt keine Lust auf eine Menschenmasse.

„Ja müssen wir. Sonst bleiben wir ewig Single." Sie pustet sich eine rote Strähne aus dem Gesicht und steht auf.

„So, schieb mal deine Klamotten langsam zur Seite."
Ich seufze und öffne mein Kleiderschrank. Ich besitze eine kleine Zweizimmer Wohnung. Mehr kann ich mir in New York nun mal nicht leisten.

„Stopp! Das da."
„Spinnst du?", frage ich und hole das schwarze Cocktailkleid heraus.

„Wieso hast du es dann gekauft?", fragt sie verschmitzt.

„Du hast es mir gekauft", bemerke ich trocken. Ich mustere das Kleid. Es ist eng anliegend und hat an der Seite Cut-outs. Es ist vorne komplett geschlossen, mit langen Ärmeln, aber dafür ist der komplette Rücken offen.

„Du wirst so verdammt heiß aussehen", ruft Vicky und klatscht in die Hände.

„Ich komme in die Hölle!"
„Dann kannst du gleich Nonne werden!"

„Vicky!"

„Daisy!", äfft sie mich nach.

„Wenn mich jemand belästigt, bekommt er mein Pfefferspray ab", knurre ich.

„Jaja. Also, ab mit dir in das Kleid."

Seufzend gehe ich in mein Zimmer und zwänge mich in das Kleid. Vor einigen Jahren hätte ich dieses Kleid nur im Schaufenster bewundern können. Nicht weil ich es mir hätte nicht leisten können, ich hätte einfach nicht reingepasst. Ich ziehe den Rock noch ein wenig nach unten und mustere mich im Spiegel. Niemals hätte ich gedacht, das ich mal so aussehen werde. Ich habe keine Schönheitsoperationen hinter mir oder so, aber ich habe ganze zwanzig Kilo abgenommen. Die Zahnspange kam irgendwann raus und statt einer Brille trage ich nun Kontaktlinsen. Ich habe eine recht helle Haut. Nicht dass ich blass wäre oder so, aber ich bekomme nie eine Bräune und ich bin nun mal gegen Sonnenstudios.

Ich gehe aus meinem Zimmer und Vicky stößt einen Pfiff durch die Zähne.

„Also wenn du heute nicht angebaggert wirst, weiß ich auch nicht weiter", meint sie und umrundet mich.

„Uii und man sieht dein Tattoo", ruft sie fröhlich. Auf meiner rechten Schulterblatte habe ich mir vor zwei Jahren eine Pusteblume tätowieren lassen, die ihre Blüten, nennt man das so, verliert und daraus Vögel werden.

„Also du solltest wirklich diese Frau anrufen", sagt sie erneut.
„Hast du nicht gehört, wessen Managerin sie ist?", frage ich und werde langsam wütend.

„Up to the Moon, ich weiß schon und du kannst zwei von ihnen nicht annähernd leiden."
„Hass trifft es wohl eher", brumme ich und hole meine Schminke raus.

„Aber sie sind heiß"

„Und Arschlöcher", füge ich hinzu.

„Nimm den dunklen Lippenstift. Um dein Lidschatten kümmere ich mich", sagt Vicky und testet, ob ihr Nagellack getrocknet ist. Anscheinend ist es trocken, denn sie nimmt ihre Tasche und verschwindet in meinem Zimmer. Als sie wieder raus kommt, hat sie eine eng anliegende, schwarze Lederhose und ein bauchfreies, rotes Spitzentop an. Darüber zieht sie später ihre Nietenbesetzte Lederjacke an. Vicky könnte locker modeln. Sie hat die perfekte Figur, ist ein Meter siebzig, feuerrote Haare, die sie zu einem hohen Zopf gebunden hat und dunkle Augen. Ich kann ihre Augenfarbe nicht definieren. Manchmal wirken sie fast schon schwarz. Sie hat am rechten Nasenflügel einen Piercing und ihre komplette rechte Ohrmuschel ist mit Piercings besetzt.

„So, lass mich mal ran."

Sie fängt bei mir mit dem Lidschatten an. Als sie fertig ist und ich mich im Spiegel ansehe, ist das erste was ich denke. Sexy, aber nicht wirklich ich.

Sie hat meine Augen so geschminkt, dass meine Iris noch mehr zur Geltung kommt. Sie haben die Farbe vom flüssigen Karamell. Ich bin echt froh, dass ich kein Blondchen mit babyblauen Augen bin. Wie diese Newcomerin Cassandra Lewis. Klar, sie hat eine schöne Stimme, aber alles an ihrem Auftreten ist doch fake. Vor allem nach ihrer Baby Bombe. Was genau da vorgefallen ist weiß ich nicht, aber was ich weiß ist, dass sie dadurch ihre Managerin fallen lassen hat. Und das war die Frau, die mich auf dem Festival angesprochen hat. Ich habe zwar blonde Haare, aber die sind eher honigblond.

„So, jetzt kommen wir zu deinen Haaren", sagt Vicky und tritt hinter mich. Sie ist Hobby Friseurin und weiß daher wie man die besten Frisuren macht. Auch wenn das nicht ihr echter Beruf ist, ist sie verdammt gut darin.

„Kann ich sie nicht einfach offen lassen?", frage ich hoffnungsvoll.

„Aber dann sieht man dein Rücken nicht."

Das war meine Absicht. Seufzend setze ich mich hin und sie kämmt meine Haare durch. Dann bindet sie mir einen messy bun. Meine Gesichtszüge kommen auch noch besser zur Geltung.

„Du bist so talentiert", sage ich und betrachte ihr Werk mit großen Augen.

„Ich weiß", sagt sie grinsend.

Ich schalte den Fernseher aus und packe alles in meinekleine, schwarze Tasche. Dann steige ich in meine schwarzen Stiefeletten. Wir haben Anfang September und die Nächte werden wieder kühler, daher nehme ich nochmeinen schwarzen, dünnen Mantel mit. Dann verlassen wir zusammen meine Wohnung.

Up to the Moon ~ Beat of your SoulWo Geschichten leben. Entdecke jetzt