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... Es war ein schönes Gefühl. Irgendwie kalt und nass, aber unglaublich entspannend. Ich schloss die Augen und versuchte eins zu werden, mit den Wellen und dem Meer unter meinen Füßen und versuchte mir vorzustellen, was es wohl heißen mochte, dass das Meer unendlich groß sei. Unendlich? was war das? "Die Dunkelheit vor deinen Augen ist unendlich.", hatte meine Mutter mal gesagt, doch das stimmte nicht. Zumindest glaubte ich das nicht. Wenn etwas unendlich ist, dann hat es kein Ende. Die Dunkelheit hat ein Ende. "Hey, meine Süße. An was denkst du?", flüsterte Erik und kurz darauf spürte ich seine Lippen an meinem Nacken. "Lila", murmelte ich. Mehr zu mir selbst, doch ich konnte hören, dass Erik leise lächelte. "Was?" "Nichts.", gab er zurück und zog mich in seine Arme. "Ich liebe dich.", sagte er und es klang so leicht, als wäre es das selbstverständlichste auf der Welt. Ich musste grinsen und drückte mich noch ein bisschen enger an ihn. "Ich liebe dich auch.", flüsterte ich und dann spürte ich seine Lippen auf meinen und das Lila vor meinen Augen schien zu explodieren und sich in meinem ganzen Körper zu verteilen. Es war ein wunderschönes Gefühl. Ich liebte Lila. Ich hatte diese Farbe schon fast vergessen, doch durch Erik war sie mir wieder eingefallen. Als ich mit fünf Jahren bei einem Autounfall mein Augenlicht verloren hatte, hatte ich große Angst alles zu vergessen, was ich schon kannte. Mein Arzt hatte mir damals einen Trick verraten, mit dem ich zwar keine Formen sehen konnte, doch ich konnte mich an Farben erinnern und mit der Zeit bekamen bestimmte Gefühle, Gerüche und Töne eine Farbe. "Komm mit. Ich will dir etwas zeigen." Langsam stand Erik auf und half mir anschließend auf die Beine. Vorsichtig führte er mich durch unser Zimmer und auf der anderen Seite wieder nach draußen in die warme untergehende Sonne, zumindest vermutete ich, dass sie unterging, denn es war schon längst nicht mehr so warm, wie heute Nachmittag. Eriks Hand ruhte auf meinem Rücken, während die andere meine Hand festhielt. Ich kannte Eriks Bewegungen und es fiel mir leicht seinem Schritt zu folgen und ich wusste, egal wohin er mich führen würde, ich würde sicher dort ankommen. Ich war froh, dass es so war und ich musste an die Zeit denken, als ich nach Dortmund gekommen war und als ich so dringend jemanden suchte, der so war, wie Erik...

I see your true color - Der Mond ist GrünWo Geschichten leben. Entdecke jetzt