Männer haben auch Gefühle!

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Die Imbiss und zugleich Trinkbude ,,Irisch Beer " war hingegen recht beschaulich an diesem frühen Mittag besucht und einer von ihnen war Charly Buckwin. Lässig stand er mit seinen tadellos sauberen Cowboy Klamotten an einem der weißen und runden Standtische und trank sein Greene King. Wie gewohnt aus der Flasche, während sein Blick in hundert Metern Entfernung auf den ,, Sweet Coffee Shop " fiel. Wie es wohl nun Karlotta Belling ging ? Wenn er zuvor noch an ihren Zusammenbruch dachte, erging es ihm nicht so gut, aber meine Güte, er war ein Mann ! Was hätte er schon für diese junge Göre tun können. Was wusste denn er auch schon über diese rot blonde Dame? Eigentlich doch gar nichts außer das sie nett war, hier im selben Ort wohnte dann in diesem Restaurant arbeitete und mit einem gewissen Justin Maxwell was am Laufen hatte. Mehr wusste er nicht.
,,Hey Charles …hast du wieder Streit mit der lieben Alice gehabt ?!", fragte der Glatzköpige und Vollschlanke Besitzer hinter der Anrichte mit seiner weißen Kochkleidung und dem scharlachroten Halstuch, wobei sein schwarzer Schnurrbart leicht bebte.
Charly drehte sich nicht zu ihm um und seufzte er eher genervt. Er hasste es wenn man ihn aus seiner gewissen Nachdenklichkeit herausriss.
,,Ach Antony…Alice war nicht einmal im Restaurant !", knurrte der Cowboy, wobei Antony spielerisch auflachte und sich dem Sortieren seiner Lebensmittel in einem Regal zu wendete.
,,Aha…das ist ja noch Schlimmer !  Diese Alice erlaubt sich ja was. Und dabei hast du dich extra so in Schale geworfen", entgegnete Antony belustigend, woraufhin Charly nur noch seinen Kopf mit der linken Hand abstützte und ihm einen missbilligenden Blick zu warf.
,, Hör Mal…ich kann ja wohl nix dafür wenn diese busige Barbesitzerin der Meinung ist, dass man heute einen trinkfreien Tag einführen muss. Und nix alkoholisches saufen darf !"
Antony lachte laut auf.
,,Busige Barbesitzerin…also von allen Kosenamen ist dies wirklich die Anzüglichste. Wieso bist du überhaupt hingegangen, wenn es dir eh zuwider war ?"
,,Weil mich ausgerechnet sie…"
Mitten im Satz hielt er inne und zog sich seinen samtig schwarzen Hut mit dem silbernen Rand fast gänzlich ins Gesicht. Er bemerkte selbst wie ihm nun eine gewisse Röte ins Gesicht schlug. Sollte er es wirklich sagen ?
Doch auch dem Kioskbesitzer, der sich bei diesem stockenden Satz von ihm verwundert umgedreht und mit seiner Arbeit abprubt innegehalten hatte, schaute  ihn nun charmant an. Er kannte Charly schon viele Jahre und wusste ganz genau…Wenn ein Mann namens Charly Buckwin sich seinen Hut tiefer ins Gesicht zog, dann hatte seine sensible Seele Ausgang !
,,Aha…Nun komm spucks aus…ich sehe das da noch mehr als der kleine Routinebesuch im Restaurant war. Du kannst mich nicht täuschen Charles !"
Charles rang hörbar nach Luft, aber innerlich wusste er, dass Antony ihn sowieso weiter löchern würde, also konnte er es auch gleich sagen !
,,Alice hat mich vor ein paar Tagen angesprochen und mich gefragt ob ich denn nicht an diesem Tag vorbei schauen und nach dem Rechten sehen könnte, solange sie nicht da ist."
Die Aussage von dem Cowboy klang nach einer Niederlage auf ganzer Linie, während Antony leicht grinsend mit dem Kopf schüttelte.
,,Da ist dir also Alice Mal zu vor gekommen und hat den ersten Schritt auf dich zu getan."
Charly zog eine Schnute, die jedoch Antony mit einem kleinen Augenzwinkern kommentierte, ehe er sich wieder dem Regal zuwandte.
,, Weißt du…Damen sind ein Phänomen. Manche Frauen geben sich Taff und sind es eigentlich gar nicht und andere, die fallen gleich mit der Tür ins Haus und heulen schlussendlich wenn etwas ansteht…Frauen sind ein Kapitel für sich."
,,Hey ! Alice ist keine Frau, die einfach so heult, die hat keine sensible Seite !", konterte Charly aufbrausend, und erntete einige Blicke von seinen umliegenden Tischnachbarn, die jedoch kurz darauf wieder in ihre eigenen Gesprächsthemen verfielen bis auf Antony, der ihm erst schweigend zugehört hatte. Antony hatte schon viele Damen an seiner Seite gehabt, egal ob im  College oder einige Jahre später bei seinen vielen Durchreisen quer durch England. Alle hatte er nach demselben Schema gesucht. Taff, lustig und kein bisschen äußerlich sensibel, genau wie er  ! Und trotzdem klappte es nie…Immer wieder wurde er verlassen. Am College tat es ihm am meisten weh und er wusste auch wieso…er konnte nicht einfach so der Situation entfliehen…war gezwungen, sich mit dem Ort und der Person auseinanderzusetzen. Musste ihren Blicken und ihrer maßlosen Kühle stand halten. War es da nicht ein Wunder, das er aus diesem Grund Barbesitzer einer Imbissbude wurde ? Und Mal hier und Mal da mit seinem Gefährt wohnte ? Und ihm war es nach einer Weile auch völlig egal. Begann erst hier und Mal da als Barbesitzer eine Affäre. Blieb Mal hier eine Woche und dann Mal dort. Besah sich die Welt und floh vor der Verantwortung. Was konnte es Schöneres geben ? Bis er hier in London seinen festen Stand errichtet hatte, weil ihm der Flair dieser Großstadt ihm so gut gefiel. Und er eine Frau seines Alters traf, die lockige Haare und einem leichten Duft nach Vanille besaß. Jeden Morgen kam die Braunhaarige hier vorbei und holte sich von ihm ein belegtes Brötchen. Eines Tages fand er auch den Mut sie anzusprechen. Ihr Name war Caterine, sie war Französin, studierte hier in London aber Literatur. Auf seine Frage warum sie nicht nach Oxford oder Cambridge ging, hatte sie kopfschüttelnd verneint und verträumt in den damals blauen Himmel gestarrt. London…so sagte sie …wäre das Pflaster ihrer Träume gewesen und Paris wäre ihr zu dreckig gewesen. Zumal sie Fisch and Chips nur hier in der Hauptstadt richtig genießen konnte, woanders würde ihr  der Geschmack einfach nur zu fade sein.
In seinem Herzen hatte er sogleich diese Lebensfreude dieser Person gespürt und gemerkt, dass sie die Dame seines Herzens war und da bemerkte er erst, dass auch er in London sein Zuhause gefunden hatte. Seinen Platz im Leben! Und so kam es, dass Antony Catherine seine Handynummer gab, sie sich zum Essen in einem Restaurants einluden oder auch einfach an der Themse zum Tanzen gingen. Die Zeit verging wie im Flug, doch nach guten drei Jahren zerbrach dieses Glück ganz plötzlich. Cathrine meldete sich von sich aus nicht mehr oder traf sich auch sonst nicht mehr an seiner Imbissbude. Unzählige Nachrichten und Anrufe tat er, aber Cathrine blockte alles ab. Löschte gar ihre E-Mail Adresse und blockierte ihn auf WhatsApp. Ja er hatte sogar versucht sie auf der Uni zu treffen, aber da sagte man sie hätte mit dem Studium abgebrochen und sei weggezogen. Nichts blieb mehr übrig außer ihre letzten Worte, die nur eins aussagten…es ist alles ok. Diese geschriebenen Worte halten Tag für Tag durch seine Gedanken, bis er eines Tages eine studierende  Freundin von Catherine auf der Straße traf. Die ihm mitteilte, dass sie  kurz vor ihrem Schulabbruch Nierenversagen hatte und die Chance auf eine Spenderniere ziemlich gering war. Daraufhin hatte sie mit ihr, der Freundin telefoniert. Ihr noch gesagt, dass es keinen Sinn mehr hatte weiter zu leben und ein Zusammenleben mit Antony gar keinen Sinn mehr machte, wenn er sie sowieso verlieren würde und sie wollte seine Tränen nicht sehen ! Es war ein sehr emotionsgeladenes Telefonat, hatte die Freundin ihm gestanden. Ja sie hatte an diesem Tag versucht sie zum weiterleben zu überzeugen, doch als sie das Quietschen der Räder an einer womöglich vielbefahrenen Straße hier in London und dann ihr Keuchen gehört hatte, als sie aufgelegt hatte ..da wusste sie, dass sich Catherine das Leben nehmen wollte und sie hatte es tatsächlich getan !  Eine Stunde später rief ihre Mutter an und sagte, sie hätten versucht, Catherine auf der Straße zu reanimieren. Aber es war zu Spät. Diese Aussage von Catherines Freundin hatte ihm buchstäblich den Boden unter den Füßen weggerissen. Liebe konnte so zerbrechlich sein !!!! in diesem Moment hatte er seine Zähne auf seine Unterlippe gebissen. Wieso hatte er selbst nichts davon geahnt ! Wie oft hatte er ihre Schmerzen doch gesehen und sie trotzdem einfach machen lassen !? Wenn sie sagte, sie müsse auf Toilette oder wenn ihr schwindlig war ? Warum hatte er auf diese Zeichen nicht besser achten können ?! Warum hatte er immer wieder auf ihr ,,es ist alles ok." Nicht näher hingehört und eher ihr nur ein kommentarloses Nicken geschenkt ? Wie konnte er nur so blind gewesen sein ?! Sein Herz zerbrach und er spürte wie sich Tränen in seinen Augen gesammelt hatten, aber er bewahrte Fassung. Er war einfach ein Mann ! Verabschiedete sich mit einem kleinen Danke und verschwand um die nächste menschenleere Gasse und heulte stumm vor sich hin. Einzig ein paar Mäuse, hatten sich in den umliegenden Laubblättern versteckt, raschelten und piepsten. Doch es war ihm egal…er hatte seine große Liebe verloren und verstand nun erst …das Liebe mehr als nur Frohsinn und Lebensgefühl mitbrachten und vor allem Dingen, dass jeder Mensch auch eine sensible Seele hatte, ganz gleich ob Mann oder Frau. Sie hatte sich lange damit geplagt mit ihrer Diagnose und im Stillen geweint und er…er tat es nun um seine Liebe für sie und die Reue, nicht auf ihre Gefühle eingegangen zu sein. Jetzt wo sie tot war !
Ein heftiger Kloß steckte in Antonys Kehle fest, als er nun leicht verkrampft noch einmal mit seiner rechten Hand die letzte Büchse Erbsen berührte, die er zuvor hingestellt hatte. Erinnerte sie ihn doch daran, das ihr erstes Date mit einer Dose Erbsensuppe angefangen hatte.
Schließlich schluckte er ihn hinunter und begann Charly zu antworten.
,,Jede Frau hat eine sensible Seite und sei sie auch noch so Taff und auch wir Kerle haben eine, nur wir lassen sie nie an uns ran, weil wir gelernt haben, dass dies für uns Männer bei Frauen verpönt ist. Aber vielleicht ist Alice, auch eine Frau, die nie gelernt hat, vor anderen zu weinen. So wie wir Kerle."
,,Du meinst sie ist Zwitter ?!"
Antony prustete ihn nun belustigend zu, auch wenn ihm die Trauer über Catherine in seinem Herzen erneut ummantelte. Und schaute ihn schließlich kopfschüttelnd an.
,,Quatsch ! Ich denke einfach nur, das du sie deshalb so liebst, weil sie genauso ist wie du. Wenig sensible Gefühle zeigen und dafür den unbeschreiblichen Optimus einen Laden in Schwung zu halten. Ich glaube das findest du an ihr  Sexy. Obwohl ich immer noch finde, dass du im Gegensatz eher der ruhige Vertreter bist. Aber du kennst ja den Satz…Gegensätze ziehen sich an. Und solange die Charaktere damit gut harmonieren…Wieso nicht ?"
Charles überlegte Kurz und sah ihn dann fragend an.
,,Ich bin alles, aber kein Kioskbesitzer wie du. Ich verdiene mein Geld auf der Straße mit verkanteter Countrymusik !"
Ein schiefes Lächeln überkam Antony nun.
,,Ja eben…du hälst halt die Leute in der Öffentlichkeit draußen in Schwung und Alice eben drinnen. Ergänzt sich doch perfekt. Und für Cathrine und mich hast du mit deinen Westernstyle an der Themse überzeugt. Oder glaubst du wir kamen nur deshalb immer wieder und haben die nen 20 Pfund Schein in deine schwarze Klingelbüchse gesteckt, weil wir Mitleid mit dir hatten ?"
Erneut zog Charly seinen Hut tief ins Gesicht, wobei ihm aber ein kleines Lächeln ins Gesicht husch. Er war sichtlich peinlich berührt, aber er fühlte sich über Antonys Worten sehr geehrt, worauf er nur mit einem kleinen murmelnden ,,Nein." antworten konnte, was aber Antony deutlich gehört hatte.
,,Na siehst du …du hast eben andere Talente aber von denen du sogar gut leben kannst und darauf kannst du halt stolz sein ! Und eines Tages…fühlst du die Arena von London und Alice jubelt dir von der Tribüne aus zu."
,,Spinner.", entgegnete Charly ihm nur Lächelnd, wobei er nur leicht verschmitzt seinen Hut bis über die Augenbrauen hochzog und in Antonys nun flachsigen Gesichtsausdruck blickte. Und dennoch…die Vorstellung, in großen Arenen und Hallen zu spielen, gefiel ihm. Ob dieser Tag wohl noch passieren würde? Im Inneren träumte er davon besonders auch Alice auf einen der Plätze sitzen und ihn anfeuern zu hören…

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