Das Aufbrechen von Gefühlen

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Quietschvergnügt meldete sich nun die tiefe Männerstimme des Radios aus dem ,, Sweet Coffee Shop " indem sie hochpreisig die neue Monster Dance Company in der St. Peter Le Poer Kathedrale  hier in London vorstellte. Doch außer dem, rührte sich nichts in und am Restaurant. 
Karlotta hatte noch immer ihren Kopf in den blauen Anzug von Dave gesteckt, einzig und allein ihr Weinen und Schluchzen hatte aufgehört. Langsam und fast behutsam streichelte Dave mit seiner rechten Hand über Karlottas rotblonde Haare. Eine Zeitlang schien die Zeit zwischen ihnen still zu stehen, bis Dave doch noch den Mut fasste, um ihr eine Frage zu stellen. 
,,Kari, ich bitte dich…sag mir was los ist. Ich bin für dich da. Wirklich. Du kannst mir vertrauen." 
Leicht zittrig begann sich Karlotta von seiner Brust los zu lösen, wischte sich noch einmal mit ihrem Handrücken schwerfällig die Tränen weg und sah ihn an. Hoffnungsvolle blaue trafen nun auf vertrauensvolle Haselnussbraune. Dabei schossen ihr gleich zwei Fragen durch den Kopf : Sollte sie es ihm wirklich sagen, was sie so belastete ? Und würde ihn das nicht auch belasten ? 
Währenddessen begann die rotblonde Dame sich langsam wieder im Hier und jetzt wiederzufinden und konnte bereits aktiv den Song ,,Bad Habits" von Ed Sheeran an ihre Ohren vernehmen. 

Schließlich seufzte sie laut auf und schaute noch einmal zum Eingang des Restaurants. In dem sie wie angewurzelt Sarah stehen sah. Zugedröhnt von Radiomusik und dennoch unfähig sich auch nur einen Millimeter weit wegzurühren. Ihr war die Anspannung, aber auch die Verunsicherung merklich anzusehen.
Weswegen Karlotta noch einmal belegt zu schlucken begann. Es war furchtbar, dass manche Redaktionen wie Dominosteine zu fallen beginnen konnten.  
,,Kari …", begann Dave nun mit sanfter Stimme von Neuen und ungewollt, ja fast schon magisch von diesen Worten  angezogen, sah Karlotta erneut mit einem ja fast schon musternen und neugierigen Blick wieder auf den Mann ihrer Träume. Und hätte man nicht gewusst, dass Karlotta und Dave sich schon ein wenig kennen würden, dann hätte man auch den Eindruck gehabt, es wäre das erste Mal gewesen. Und Dave hingegen begann sogar genauso verträumt zu Lächeln wie ein Schuljunge, der gerade die Liebe für sich entdeckt hätte. Es war wie der berühmte bunte Strauß voller frischer Nelken ! 
Kurz darauf gab sich Karlotta nun endlich einen Ruck in ihrem Herzen und begann darüber zu sprechen. 
,,Ich…ich hab mir die ganze Zeit Vorwürfe gemacht… Wäre ich nicht einfach von der Situation in Lillias Haus weggelaufen, hattest du und Terencino mich nicht gesucht und dann wäre das mit dem Unfall auch nicht passiert !"
Bei den letzten acht Worten, fiel Karlottas Blick erneut auf den Fußboden. Sie fühlte sich noch immer dafür schuldig und schämte sich. Indessen traf Daves linke Hand auf Karlottas rechte Schulter und auch wenn das rotblonde Fräulein unter dieser schweren Berührung sehr zusammen zuckte, konnte sie nicht anders als  reumütig wieder auf den Mann  mit den schwarzgelockten Haaren schauen. Doch sein Blick sah noch immer sehr milde gestimmt aus und kurz darauf begann er auch das Gespräch wieder aufzunehmen.
,,Ist schon ok. Es hätte meinem Freund auch so passieren können, dass er mit seinem schwarzen Dodge Challenger ein Auto rammt oder gerammt worden wäre und sich in derselben Situation befunden hätte wie jetzt. Du brauchst dir dafür wirklich keine Schuld zu geben. Niemand kann genau sagen, wie die Zukunft aussieht. Man kann sie nur versuchen so zu leben wie man sie für richtig hält, aber ganz genau kann man das nie wissen. Außer eins weiß ich…dass ich dich sehr liebe Karlotta. Also versuche dich nicht umzubringen und laufe vor allen Dingen auch nicht mehr weg, sondern rede erstmal mit mir. Reden löst zwar nicht alle Probleme, aber sie nimmt einem erstmal eine ganze Menge Last von den Schultern! Auch wenn ich noch nicht so genau weiß wie ich dich nachher Sam vorstellen soll.", murmelte er ein wenig verlegen, weshalb auch sein Blick die Sicht nun auf die Straße lenkte. Vergnüglich begann daraufhin, Karlotta leicht aufzulachen. 
,,Was ist denn daran so komisch?", fragte Dave erneut, wobei sein spaßig verzogener Blick sogleich wieder auf Karlotta fiel, die sich mittlerweile sogar eine Hand vor dem Mund hielt, um ein Grinsen zu verstecken. Dann nahm sie erneut wieder Haltung an.
,,Tut mir leid. Ich wollte dich wirklich nicht auslachen. Es ist nur…die Vorstellung, dass du es nicht schaffst, mich  einen Kollegen vorzustellen, der auch in der selben Branche tätig ist wie du…das amüsiert mich. Wo du doch die ganze Zeit nur unbekannte Personen vorstellen musst, wenn du ihre Hochzeiten arrangierst." 
Unwillkürlich glitt Daves Blick Richtung Himmel, an dem sich mittlerweile keine einzige Wolke mehr befand. 
,,Tja…da hast du allerdings Recht. Aber privat und öffentlich sind immer zwei verschiedene paar Schuhe."
,,Mhm…dann trag ich lieber weiter Sneakers", stichelte Karlotta grinsend weiter und Dave fiel mit einem kleinen Lachen wieder ein und begann herzhaft zu nicken. 
,,Ja, die giftgrünen stehen dir deutlich besser als diese schwarzen Lackschuhe, aber zur Not…"
Karlotta schüttelte daraufhin nur weiter grinsend ihren Kopf. 
,,Ne, Öffentlich ist öffentlich und privat ist privat.", gab sie nun hochnäsig von sich und die beiden lachten amüsiert weiter, während Sarah im Inneren des Hauses sie nur noch betrübt ansehen konnte. Das romantische Lachen war für sie nicht Balsam für die Seele, sondern erinnerte sie eher an Jeff und sie. Wie oft hatten sie in ihrem Leben eigentlich gelacht ? Der Gedanke daran schmerzte…Viel zu oft und einer dieser Momente fiel ihr besonders stark ins Herz, als sie mitten im grünen Park auf einer Bank saßen. Die Sonne brannte trotz dessen fast auf ihrer Haut und erste Schweißperlen waren ihr damals schon von der Stirn getropft und auch Jeff, erging es damals in seinem blau/weiß gestreiften T-Shirt und der kurzen blauen Jeanshose nicht anders. Eigentlich fiel es den beiden trotz der guten Laune schwer, einen klaren Gedanken durch die Hitze zu fassen, als eine Frau mit einem Bobbycar  und einem knall orangefarbenen  Luftballon an ihnen vorbei ging. Das Kleinkind schleckte ungelenkig am womöglich Schoko Eis herum und da kam Jeff auf eine clevere Idee. Mitten aus ihrem Gespräch heraus lief er der fremden Dame kurz hinterher, stellte ihr eine Frage, die Sarah damals aus der Entfernung nicht verstehen konnte und als er keine Minute später wieder bei ihr stand, hatte er ihr nur kurz die Worte mitgeteilt : 
,,Warte hier…ich bin gleich wieder da." Und bevor Sarah auch nur die Andeutung einer Frage machen konnte, wo er denn eigentlich hin wollte, war er auch schon aus ihrem Sichtfeld verschwunden ! Nur um dann 10 Minuten später mit zwei Eistüten und jeweils einer Stracciatella Kugel wieder aufzutauchen. Sarah hatte damals nur lachend mit dem Kopf geschüttelt. Jeff war manchmal einfach so impulsiv !  Aber genau das liebte sie so an ihn, auch wenn dies womöglich auch der Auslöser für den tödlichen Unfall war. Der sie beide so stark und plötzlich auseinander riss. Ob sie sich jemals wieder davon erholen konnte ? 

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